So wohnt Bad Oeynhausen: Das verwinkelte Heim aus dem 18. Jahrhundert

Bad Oeynhausen. Verwinkelt ist es. Hier eine Tür, dort eine Kammer und hinten, zwei Stufen höher, das nächste Zimmer. "Ich hatte den Grundriss in meinem Kopf", sagt Jörg Scholz. In Eigenregie hat er aus dem Obergeschoss des alten Fachwerkhauses innerhalb eines Jahres eine 170 Quadratmeter große Wohnung geschaffen. Und in der dominieren die Hölzer. Während im Spitzboden zum Teil noch die Originalbalken des aus dem 18. Jahrhundert stammenden Hauses vorhanden sind, wechseln sich im Rest der Wohnung Nadelhölzer in Verbindung mit Buche ab. Doch nicht nur innen, auch draußen steht Holz im Mittelpunkt. Mehr als 100 Jahre hat das Anwesen an der Bergkirchener Straße auf dem Buckel. "Es stammt aus dem 18. Jahrhundert, wurde kurz vor 1900 gebaut", erzählt Jörg Scholz. "Das Haus gehörte ursprünglich meinen Schwiegereltern", sagt der 59-Jährige. Bis er es zusammen mit seiner Ex-Frau kaufte. "Unsere Suche nach einem Haus fiel genau in die Zeit ihrer Verkaufspläne." Doch weil nahezu 400 Quadratmeter Wohnfläche für eine Familie zu groß waren, teilten die Ex-Partner das Haus in Eigentumswohnungen auf. "Unten wohnt mein Schwager", erklärt Scholz. Vor genau 20 Jahren begann der Umbau. Den Startpunkt machte die Garage: "Ich brauchte ein Materiallager - auf gleicher Höhe wie das Obergeschoss." Dort, wo Jörg Scholz und Lebensgefährtin Sabine Reinhardt, mittlerweile leben, war früher Dachboden. "Hier war nichts", sagt Scholz. Nur das Dachgestell und die nackten Ziegel. Von oben nach unten gab es freie Sicht. "Das war quasi früher die Scheune. Hier war das Stroh gelagert." Ein Jahr lang hat Jörg Scholz gebaut. Und weil alles möglichst kostengünstig ausgebaut werden sollte, legte der 59-Jährige selbst Hand an. "Ich hatte zwei Handwerker - Zimmermann und Fliesenleger. Den Rest habe ich mit Arbeitskollegen und Schwager selbst gemacht." Entstanden ist eine Wohnung auf zwei Ebenen, mit vielen Zimmern und Besonderheiten. Wie das Fernsehzimmer auf der Empore. Das einen wunderschönen Blick auf die Bergkirchener Wassermühle bietet. Oder das Ankleidezimmer. Oder bald das Bad. Das nämlich das nächste im Renovierungsplan ist. Die Pläne dafür kommen dieses Mal von Sabine Reinhardt: "Ich habe schon eine Eichenplatte mit integriertem Waschbecken vor Augen und ein altes Fenster als Spiegel." Sabine Reinhardt liebt ihr neues Zuhause. Vor drei Jahren zog sie zu ihrem Jörg, der nach seiner Trennung vor zehn Jahren sieben Jahre alleine in der Wohnung lebte. Die 51-Jährige fühlt sich wohl: "Ich bin Fachwerk-Fan", sagt die Tischlerin. Wenn sie damals Mitspracherecht gehabt hätte - dann gäbe es heute viel mehr Fachwerk. So aber sind von außen lediglich noch Fragmente am Giebel zu sehen und im Inneren ein nachträglich davor gesetztes Kiefernholz-Fachwerk. Während der Innenausbau einst Sache von Jörg Scholz war, trägt die Deko die Handschrift der 51-Jährigen. Ein alter Elektroherd, ein antikes Spinnrad, Radio, Klavier oder ihr altes Akkordeon haben ihren Weg in die einzelnen Zimmer gefunden. "Ich mag alte Sachen", erklärt sie. Der Garten ist Gemeinschaftsprojekt Alt und neu - das hat das Paar auch im Garten kombiniert. Der ist Gemeinschaftsprojekt und jüngst erst fertig geworden. Auf dem Balkon sitzend haben Jörg Scholz und Sabine Reinhardt, Ideen gesponnen. Entstanden ist eine kleine Oase. "Vorher gab es hier 14 Tannen und eine Wiese", sagt Sabine Reinhardt. Jetzt gibt es dort einen Sitzplatz mit Grillofen, ein Landhaus und eine bunte Blumenpracht. An einer Seite grenzt eine südländische Ruine an den Ruheplatz. "Selbst gebaut", sagt die Tischlerin. Und meint damit selbst gemauert. Auch das Landhaus hat das Paar selbst zusammengebaut, genauso wie die mittelalterlichen Steckstühle an der Feuerstelle. Der Wegweiser am Eingang zum Gartenparadies zeigt Orte, die die beiden gemeinsam bereist haben. Für jedes Ziel ein neues Schild. Von der letzten Reise allerdings haben die leidenschaftlichen Motorradfahrer einen Stein mitgebracht. Mosel-Schiefer. "War passender als Holz", sagt die 51-Jährige schmunzelnd. Für manch einen mag das Anwesen einsam liegen. Weit weg von den nächsten Häusern. Dafür aber mitten im Grünen. Und Jörg Scholz liebt die Ruhe. "Ich bin kein Stadtmensch", winkt der 59-Jährige ab. Und so verwundert es nicht, dass er die Lage zwischen Wulferdingsen und Bergkirchen gar nicht einsam, sondern "wunderschön" findet. "Ich brauche Platz um mich herum." Eines aber stört die Idylle. Die Hauptstraße. Die führt nah am Haus vorbei und lädt viele zum Rasen ein. Abends und an den Wochenenden allerdings, so sagt Scholz, werde es merklich ruhiger. Trotzdem haben die Beiden die abgesägten Tannen pfiffig genutzt: Als Sicht-, Lärm- und vor allem als Prallschutz hinter ihrer neuen Gartenoase. Und als Insektenhotel. Sollte also tatsächlich mal einer mit dem Auto von der Straße abkommen - dann steht er nicht auf Jörg Scholz und Sabine Reinhardts Terrasse, sondern bleibt an abgesägten Tannen und aufgeschichtetem Holz hängen.

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