Warum die Polizei ihre Präsenz nach der Messerattacke am ZOB nicht erhöht

Herr Klöpper, müssen sich die Bad Oeynhausener nach der Messerattacke am helllichten Tag auf der öffentlichen Toilette des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) Sorge um die Sicherheit machen? Dirk Klöpper: Nein, niemand muss Angst haben. Die Tat war schon sehr ungewöhnlich, gerade weil das an einem Samstag zur Mittagszeit geschehen ist. Diese Art von Vorfällen kennen wir am ZOB bisher nicht. Die Ermittlungen in dieser Sache werden aber nicht von der Polizei Minden-Lübbecke, sondern vom Polizeipräsidium Bielefeld geleitet. Die Polizei Bad Oeynhausen kennt die Örtlichkeiten. Was passiert normalerweise Kriminelles am ZOB? Klöpper: Wir haben dort keine besonderen Auffälligkeiten. Es gibt Ordnungsstörungen wie Urinieren oder Aufenthalt mit Alkohol. Wir oder das Ordnungsamt schreiten dann ein. Aber Straftaten in diesem Ausmaß haben wir nicht. Dennoch haben manche Menschen Angst, zum Busbahnhof zu gehen. Müssen Bad Oeynhausener damit rechnen, dort mit einem Messer angegriffen zu werden? Klöpper: Nein. Es gibt diese lokale Tat, ja. Aber man kann nicht behaupten, dass solche Angriffe dort regelmäßig stattfinden würden. Auch nicht aus einer rein subjektiven Wahrnehmung heraus. Am ZOB treffen sich verschiedene gesellschaftliche Gruppen. Wir haben ein Milieu trinkfreudiger Menschen, die teilweise schon zu Zeiten stark alkoholisiert sind, wenn andere Menschen noch ihrer Arbeit nachgehen. Wir haben auch ein bestimmtes Umfeld durch das Wettbüro, das vom Erscheinungsbild her dem einen oder anderen in einer Kurstadt sicher ungewöhnlich vorkommt. Und es gibt dort natürlich auch eine Häufung dieser Gruppen, die es an anderen Stellen in der Kurstadt nicht gibt. Außerdem kommen Drogensüchtige zur Methadontherapie an den ZOB. Das ist lebensrettende Hilfe für Suchtkranke. Die Kehrseite ist aber womöglich, dass dort auch mit Drogen gehandelt wird. Welche Erkenntnisse hat die Polizei dazu? Klöpper: Drogensüchtige sind kranke Menschen. Das ist ein Milieu, das für Außenstehende erstmal befremdlich wirken kann, gerade in einer Kurstadt. Diese Menschen haben möglicherweise eine jahrelange Suchterfahrung und sie kommen nicht immer in einem körperlichen Zustand am ZOB an wie andere Fahrgäste des öffentlichen Personennahverkehrs. Die Polizei ist für die Gefahrenabwehr da und das erfüllen wir durch unsere tägliche Präsenz zu ganz unterschiedlichen Zeiten. Wenn in Bad Oeynhausen etwas passiert, dann am ZOB? Klöpper: Die Herforder Straße und die Innenstadt sind im Kontext zu sehen. Dort gibt es an den Wochenenden Körperverletzungsdelikte. Das ist in einer innerstädtischen Lage wie in Bad Oeynhausen aber nicht ungewöhnlich. Ist der ZOB doch ein Kriminalitätsschwerpunkt? Klöpper: Eindeutig nein. Es gibt in allen Städten Verkehrsknotenpunkte, also Bahnhöfe und Omnibusbahnhöfe, die auf die schon beschriebenen gesellschaftlichen Gruppen anziehend wirken. Weil das so ist, ist die Polizei dort auch besonders präsent. Das sind aber gesellschaftliche Entwicklungen, die wir alleine nicht beeinflussen können. Wir kontrollieren die Szene offensiv, betreiben Aufklärung und sprechen die Leute gezielt an. Wie oft ist die Polizei vor Ort? Klöpper: Wir sind täglich da. Regelmäßig mit unseren Kräften des Bezirksdienstes und mit dem Wachdienst am ZOB. Wir haben das Umfeld sehr intensiv analysiert, kennen die Umstiegszahlen und -zeiten der Schüler. Das ist ein Schwerpunkt polizeilicher Präsenz. Das liegt uns am Herzen. Außerdem haben wir die sehr gut funktionierende Ordnungspartnerschaft mit der Stadt Bad Oeynhausen. Der Außendienst des Ordnungsamtes ist sowohl mit uns, als auch selbstständig dort tätig. Wir tauschen Einsatzpläne aus und stimmen sie aufeinander ab. Eine derartige Präsenz haben wir an keinem anderen Ort in der Stadt. Wenn die Ordnungskräfte da sind, funktionierts – und wenn sie weg sind? Klöpper: Das Phänomen ist uns bewusst und lässt sich nicht ganz verhindern. Wir versuchen das aber durch geschickten, taktischen Ansatz und Abstimmung der Maßnahmen zu minimieren. Es gilt: Je höher die Präsenz, desto höher ist die Hemmschwelle für Straftaten. Personen, die Straftaten begehen wollen, müssen dort ein hohes Entdeckungsrisiko fürchten. Ich sage aber auch in aller Deutlichkeit: Die Polizei kann nicht 24 Stunden, sieben Tage die Woche vor Ort sein. Weitere Aufgabenbereiche der Polizei bedürfen ebenfalls der Aufmerksamkeit. Haben Sie nach der Messerattacke die Präsenz erhöht? Klöpper: Nein, bewusst nicht. Die Tat ist Gegenstand weiterer Ermittlungen, hat aber an der Konzeption unserer Präsenz nichts verändert. Auf weitere Entwicklungen werden wir natürlich reagieren. Aber noch einmal: Diese eine, völlig ungewöhnliche Tat zu dieser Zeit an diesem Platz führt nicht dazu, die ohnehin schon hohe Präsenz an diesem Ort zu verändern. Präsenz bedeutet zugleich hohen Personalaufwand. Fehlen die Kräfte woanders? Klöpper: Unser Konzept basiert auf drei Säulen: den Fußstreifen, auch gemeinsam mit dem Ordnungsamt, den mobilen Streifen im Polizeiauto und seit Mai auch Fahrradstreifen, die vielleicht noch nicht so wahrgenommen worden sind. In der Tat haben wir aber nur begrenzte personelle Ressourcen. Einige Taxifahrer in Bad Oeynhausen fordern Videoüberwachung in der Innenstadt. Kameras gibt es bereits in der Tiefgarage und im Bahnhof. Ist das auch ein Konzept für den ZOB? Klöpper: Da muss man unterscheiden zwischen der Videoüberwachung von Eigentum und der polizeilichen Videoüberwachung öffentlicher Plätze und Straßen. Die Düsseldorfer Altstadt wird beispielsweise polizeilich videoüberwacht. Der Bad Oeynhausener ZOB ist damit aber nicht zu vergleichen. Die Kriterien für eine polizeiliche Videoüberwachung treffen in Bad Oeynhausen eindeutig nicht zu. Der bisher unbekannte Messer-Täter wäre am ZOB aber womöglich gefilmt worden. Das hätte ihre Fahndung doch deutlich erleichtert? Klöpper: Ja, allerdings leben wir glücklicherweise in einem Rechtsstaat und die Polizei hält sich an die rechtlichen Vorgaben. Die Verhältnisse am ZOB sind speziell: Es gibt Privateigentümer, die Stadt Bad Oeynhausen, dazu unterschiedliche Pächter der Gebäude und die Stadtwerke als Betreiber der Tiefgarage. Was wäre aus Sicht der Polizei dort baulich zu verändern? Klöpper: Bauliche oder konzeptionelle Veränderungen im Stadtgebiet sind nicht Aufgabe der Polizei. Das entscheidet die Stadt. Es gibt Überlegungen, den ZOB zu verlegen. Begrüßen Sie das? Klöpper: Auch dazu möchte ich nichts sagen. Ich bleibe bei unseren Kernaufgaben, trotz der guten Zusammenarbeit mit der Stadt. So, wie es jetzt ist, sollte es nicht bleiben. Gibt es Bestrebungen der verschiedenen Eigentümer am ZOB, ein gemeinsames Sicherheitskonzept zu erstellen? Klöpper: Einen runden Tisch zur Sicherheit am ZOB gibt es bisher nicht. Einem solchen Ansinnen würde die Polizei offen gegenüberstehen. Ich habe da persönlich gute Erfahrungen gemacht. Es ist aber nicht die Rolle der Polizei, so etwas zu initiieren. Ist das denn nötig? Klöpper: Die Initiative müsste von den Anwohnern und Eigentümern ausgehen. Das ist bisher nicht der Fall. Wenn es den Wunsch gäbe, würden wir uns sicher nicht verweigern. Ganz im Gegenteil. Wenn man im Gespräch ist, kann das nur gut sein.

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