Die Mindener: Die Entstehung der Bad Oeynhausener Stadtautobahn

Bad Oeynhausen. Geschichte wiederholt sich. &bdquo;Der Ausbau von Mindener und Kanalstraße soll chaotische Zustände beseitigen", titelte die &bdquo;Freie Presse" Bad Oeynhausen in ihrer Ausgabe vom 21. Juli 1960. Am Abend zuvor hatte der Stadtrat mit großer Mehrheit den Ausbau der beiden Straßen beschlossen. Die Straße, damals geplant als &bdquo;Landesstraße erster Ordnung 777", sollte vor allem die Herforder Straße und damit Kurpark und Innenstadt entlasten. Kaum war der Ausbau fertig, gab es Klagen über die große Verkehrsbelastung auf Mindener- und Kanalstraße. Eine Situation, die bis zur Verkehrsfreigabe der Nordumgehung im Dezember 2018 anhalten sollte. Einmütig fiel die Entscheidung im Rat der Stadt Bad Oeynhausen schon 1960 nicht. Laut &bdquo;Freier Presse", einer Vorgängerzeitung der Neuen Westfälischen, hatte Rechtsanwalt Lehmann (CDU) deutlich gegen einen solchen vierspurigen Ausbau argumentiert. Er befürchte eine Spaltung des Stadtgebietes durch die vierspurige Straße – eine Sorge, die sich später als durchaus berechtigt erweisen sollte. Die überwiegende Mehrheit aber stimmte für die Ausbaupläne. Geplant waren viele Unterführungen Um einer Zweiteilung der Stadt entgegenzuwirken, sollten, auch das beschlossen die Politiker, möglichst viele Fußgänger-Unterführungen eingeplant werden. Umgesetzt wurde dann aber nur eine Unterführung, die am Sültebusch. Die Bad Oeynhausener Kommunalpolitiker hatten ihre Zustimmung aber auch noch an eine zweite, gewichtigere Bedingung geknüpft: Es müsse gewährleistet sein, dass &bdquo;die zweite Umgehungsstraße in den Ortsteilen Werste und Eidinghausen mit Anschluss an die Bundesstraße 61 in Dehme dann später in einem Zeitraum von fünf bis acht Jahren durchgeführt wird", heißt es im Sitzungsprotokoll vom 20. Juli 1960. Damit ist nichts anderes gemeint als die Nordumgehung, deren Verwirklichung bekanntlich noch über ein halbes Jahrhundert länger gedauert hat als damals eingefordert. Und so begannen die Planungen für die neue Landesstraße 777, die sich zum Teil im Bereich der alten Mindener Chaussee bewegte, die der Reichsfreiherr vom und zum Stein 1803 als Verbindungsstrecke zwischen Herford und Minden bauen ließ. Laut Zeitungsbericht mussten für den Ausbau 15 Gebäude abgerissen und auch der Kokturkanal in Teilen verlegt werden. Der Bau begann zunächst mit der Kanalstraße. Ein guter Teil dieses Abschnitts zwischen dem Löhner Kreuz und der Ringstraße spielte sich praktisch im Nirgendwo ab. &bdquo;Da war vorher nur Wiese", bestätigt Sven Johanning, Pressesprecher von Straßen NRW. Ab der Einmündung der Herforder Straße bewegte sich der Ausbau dann mehr oder weniger auf der Trasse der alten vom-Steinschen Chaussee. Das Schmuckhafte verloren Die allerdings in den 1960er Jahren kein Schmuckstück mehr war. Einst standen hier die großen, insgesamt 800 Meter langen Gradierwerke, die eigentlich zur Salzgewinnung dienten, vor denen aber damals auch die Menschen auf einer Art Promenade flanierten, um die salzhaltige Luft einzuatmen. Die Saline wurde aber in den Jahren von 1930 bis 1941 abgerissen. Zurück blieb eine eher triste, in Teilen kopfsteingepflasterte Straße, auf der damals nicht zuletzt die Mitarbeiter der Weserhütte auf ihrem Weg zur oder von der Arbeit unterwegs waren. 1965 starteten schließlich die Bauarbeiten. Welchen Stellenwert diese Baustelle in der Region hatte, macht auch der Landesbetrieb Straßen NRW deutlich, der in seiner Festschrift 2007 zum 125-jährigen Bestehen der Bauverwaltung das Großprojekt in Bad Oeynhausen eigens erwähnt. Der von Straßen NRW als &bdquo;Umgehung" eingestufte Ausbau der 3,5 Kilometer langen Landesstraße kostete damals 19 Millionen D-Mark. 1970 wurde die Kanalstraße fertig, 1971 war der Ausbau der Mindener Straße beendet. Entlastet werden sollte mit dem Ausbau vor allem die Herforder Straße, die den Durchgangsverkehr tatsächlich unmittelbar am Kurpark vorbei führte. Tatsächlich trat dieser Effekt ein, der Durchgangsverkehr verlagerte sich auf die neue Kanalstraße. Die Mindener war zuvor ja schon als Verlängerung der Herforder eine Hauptverkehrsachse gewesen. Der Knackpunkt: Noch Anfang der 1970er Jahre wurde parallel zur Landesstraße 777 nur wenige Kilometer weiter nördlich die Autobahn 30 geplant, die als Europastraße 8 sogar internationale Bedeutung haben sollte. Dann aber kamen den Planern offenbar Bedenken. Waren zwei vierspurige, parallel in Ost-West-Richtungen verlaufende Verkehrsachsen wirklich sinnvoll? Die Pläne für den Bau der Parallel-Autobahn wurden vermutlich bereits kurz nach dem vierspurigen Bau der L 777 beerdigt. In den Autobahnplänen des Bundes von 1974 taucht diese Parallel-Trasse jedenfalls bereits nicht mehr auf. Die Belastung für die Stadt zeigte sich nach dem Mauerfall Kurzerhand wurde stattdessen die eigentlich als Landesstraße ausgebaute Trasse der L 777 zur A 30, im Bereich der Stadt Bad Oeynhausen zur B 61 erklärt. Auch wenn die Straße – da nicht kreuzungsfrei – im Bereich der Kurstadt nur eine Bundesstraße war, hatte sie auch hier de facto die Funktion einer Autobahn. Schließlich rollte der gesamte Verkehr zwischen A 30 und A 2 durch Bad Oeynhausen. Wie belastend diese &bdquo;Stadtautobahn" war, sollte sich vor allem nach dem Fall der deutsch-deutschen Grenze 1989 zeigen. Diese Ost-West-Achse gewann zunehmend an Bedeutung, als Verbindung zwischen den niederländischen Seehäfen und Osteuropa. Über 40.000 Fahrzeuge rollten täglich mitten durch Bad Oeynhausen, fast ein Viertel davon Lastwagen. Erst die Öffnung der Nordumgehung am 9. November machte dieser Misere ein Ende. Hauptziel dieses Lückenschlusses war: die chaotischen Zustände auf Mindener- und Kanalstraße zu beenden.

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