Türsteher belastet Großfamilie im Mondo-Prozess schwer

Bad Oeynhausen/Bielefeld. Die Einschusslöcher in der Eingangstür hat der Türsteher nicht gezählt, aber er hat hautnah mitbekommen, wie es knallte und Glas splitterte. Und mit Schüssen kennt sich der Soldat aus. Viele Löcher befanden sich auf Höhe seines Kopfes und auf Brusthöhe. Er selbst wurde nur durch einen Streifschuss am kleinen Finger der linken Hand verletzt, sein Türsteher-Kollege erlitt später noch einen Durchschuss am Bein. "Wir hatten Glück", sagte der 28-jährige Bundeswehrsoldat, der nebenbei Disco-Türen bewacht. Vorm Landgericht Bielefeld ist am Mittwoch der Mondo-Prozess mit der ersten Zeugenaussage nach drei Verhandlungstagen voller juristischer Fingerhakeleien fortgesetzt worden. Augenzeuge berichtet erstmals über den Vorfall Angeklagt sind acht Männer einer arabisch-kurdischen Großfamilie aus Bad Oeynhausen wegen Landfriedensbruch, für einen steht versuchter Totschlag, womöglich sogar Mordversuch im Raum. Die Männer sollen laut Anklage ihrem jungen Verwandten zur Hilfe geeilt seien, als der vor die Tür gesetzt worden war. Erstmals berichtete nun ein Augenzeuge und erklärte den Anlass für den Rauswurf: Der Tänzer, ein 27-jähriger Mann aus Bad Oeynhausen, soll "Frauen begrapscht" und obszöne Gesten gemacht haben. Der Türsteher hatte das bei mehreren Kontrollgängen beobachtet und war eingeschritten. Weil der Tänzer sich jedoch uneinsichtig zeigte, bat er ihn in einen weniger lauten Bereich, um die Sache zu besprechen, drei Begleiter des Tänzers kamen mit. Die Lage eskalierte jedoch, die Männer beleidigten sich, der Türsteher drückte den Tänzer mit dem Ellenbogen gegen den Hals rückwärts an die Wand. Der Tänzer forderte ein Duell vor der Tür, der Türsteher ging offenbar darauf ein und schlug dem Tänzer die Nase blutig. Der Türsteher ist selbst Jeside Damit war der Streit entschieden, aber nicht vorbei. Ob er Jeside oder Muslim sei, habe der Tänzer vom Türsteher wissen wollen, worauf der nur gesagt haben will: "Ich bin Mensch." Der Tänzer habe gedroht, er sei Teil einer Großfamilie, ob er überhaupt wisse, mit wem er sich da anlege. "So etwas höre ich 100 Mal am Tag", sagte der Türsteher: "Doch das war der erste, der diese Drohung auch wahr gemacht hat." Die Großfamilie habe er bis dahin nur aus dem Fernsehen gekannt. Er sei selbst Jeside und sei dem Kampf der Bad Oeynhausener Großfamilie gegen den IS im Nordirak positiv gegenüber eingestellt. Kurze Zeit nach dem Rauswurf sei dann der 38-jährige "Onkel" des Tänzers mit einer Schusswaffe erschienen. Der blutende Tänzer habe auf ihn gezeigt und auf Kurdisch zugerufen: "Da ist er, holt ihn euch!" Seinem Kollegen habe er noch zurufen können: "Ich glaube, das gilt mir!" Dann hätten beide Türsteher hinter der Eingangstür Deckung gesucht. Erste Gegenstände flogen und es hagelte Schüsse. Zwischen zehn und 20 Männer seien auf den Eingang zugestürmt. Sein Kollege habe mit Pfefferspray den schießwütenden Onkel besprüht, der habe aber mit seiner Waffe weiter blind um sich geschossen. Trotz Pfefferspray im Auge Angreifer erkannt Bei der folgenden Keilerei im Eingangsbereich der Disco bekam der Türsteher selbst Pfefferspray ins linke Auge. Er habe nur noch mit dem rechten Auge gucken können, will aber gesehen haben, wie sich sein Kollege auf einen zweiten Angreifer warf. Der Zeuge wollte seinem Kollegen helfen, wurde aber Richtung Mülltonnen in den Hinterhof der Disco abgedrängt. Ein zweiter Angreifer habe dort auf ihn geschossen, berichtete der Türsteher. Es soll sich dabei um einen bis heute flüchtigen Bruder des Schützen und Cousin des Tänzers handeln. Die vorsitzende Richterin Beate Schlingmann horchte auf, als der Zeuge erzählte, dass er vor Prozessbeginn Kontakt zur Familie der Angeklagten hatte. Wenige Tage nach der Schießerei gab es offenbar ein Telefonat in einer Shisha-Bar am Werre-Park mit dem ersten Versuch einer außergerichtlichen Einigung. Und vor dem dritten Prozesstag wurde der Türsteher ganz direkt von seinem eigenen Onkel gebeten, nur den angeklagten Disco-Tänzer in seiner Aussage zu belasten und die anderen zu vergessen, das sei "etwas Ehrenvolles, der Familie diesen Gefallen zu tun". Der Türsteher blieb jedoch konsequent und wiederholte vor Gericht: "Das kann ich nicht." Der Prozess wird am Montag, 13. Mai, mit der Befragung desselben Zeugen fortgesetzt.

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