30 Euro pro Kilo Kaffee? Darum fürchtet eine Detmolder Rösterei horrende Preise

Kreis Lippe. Klimawandel gibt es nicht? Da sind Christian und Lisa Cramer aber ganz anderer Meinung. Denn zunehmende Extremwetterlagen sind es, die gerade in ihrer Branche derzeit ein Desaster anrichten. Die Cramers betreiben die Kaffeerösterei &bdquo;Joliente“ und blicken in eine düstere Zukunft. Grund: Die Kaffeepreise steigen ins Unermessliche. Es ist unsicher, ob und in welchen Mengen Kaffee in höherer Qualität künftig noch verfügbar sein wird. Wird Kaffee zum Luxusgut, eine Tasse des beliebten Heißgetränks für die Kunden künftig unbezahlbar? Christian Cramer hat &bdquo;Joliente“ 2007 gegründet. Er beliefert mit seinem Kaffee, der in der eigenen Rösterei in Rieste geröstet wird, überwiegend Großkunden und die Gastronomie. Aber auch Endverbraucher können im Shop einkaufen. In 18 Jahren, so sagt er, habe er erst viermal die Preise erhöhen müssen – allerdings zweimal allein im vergangenen halben Jahr. Und er ist sicher, dass das noch lange nicht das Ende sein wird. Denn an der Börse hat sich der Preis innerhalb eines Jahres um 131 Prozent für die Sorte Arabica (Stand: 13. Februar) und um 74 Prozent für Robusta erhöht. Eine nie da gewesene Entwicklung, die die ganze Branche gefährde. Extremwetter setzt den Kaffeepflanzen zu Wie kann es zu solch horrenden Preissteigerungen kommen? Tochter Lisa Cramer, Barista im Familienbetrieb und für den Vertrieb zuständig, nennt – neben den Spekulanten an den Börsen in New York und London – vor allem Extremwetter mit viel Regen und ungewöhnlichen Trockenperioden sowie kälteren Tagen als Grund: Die recht temperaturempfindliche Pflanze wächst nur in etwa 80 Ländern rund um den sogenannten Kaffeegürtel am Äquator. Und ausgerechnet hier zeigten sich die Folgen des Klimawandels am stärksten. So sei es zuletzt in den beiden Hauptanbauländern Brasilien und Vietnam zu sehr schlechten Ernten gekommen. Doch damit nicht genug: Personalmangel sei auch auf den Plantagen in Südamerika und Asien ein Problem. Gerade höhere Qualitäten, auf die &bdquo;Joliente“ wie andere kleine Röstereien setzten, würden nach wie vor von Hand gepflückt - aber wenn die Pflanzen erntereif seien und keine Pflücker bereitstünden, verfaulten die Früchte. Nachfrage steigt: Chinesen haben Kaffee entdeckt Den Ernteausfällen auf der einen Seite stehe eine erhöhte Nachfrage gegenüber. Denn die Chinesen haben neben Kakao inzwischen auch Kaffee für sich entdeckt: &bdquo;Und das hat bei 18 Millionen Chinesen selbst bei nur einer Tasse am Tag immense Auswirkungen auf den Weltmarkt“, sagt Christian Cramer. Das Lieferkettengesetz, mit dem der Schutz der Menschenrechte und Umwelt in Anbauländern gesichert werden soll, habe zu großer Verunsicherung geführt. Die großen Röstereien hätten den Markt regelrecht leer geräumt. Folglich sei es für kleine Röstereien inzwischen schwierig, an&bdquo;Specialty Coffee“, den qualitativ hochwertigsten, zu kommen. Lisa Cramer spricht von einer &bdquo;Kaffeekrise“, die Preisspirale wird sich ihrer Einschätzung nach mindestens bis zum Sommer weiter hochschrauben. Mit 30 Euro pro Kilo Kaffee müsse der Verbraucher auf jeden Fall rechnen. &bdquo;Joliente“ wird die Preise zum 1. März anpassen. Warum im Supermarkt vielerorts noch nichts von einer Preiserhöhung zu spüren ist? &bdquo;Das kommt zeitversetzt, weil der Einzelhandel noch viele Restbestände hat“, ist Christian Cramer sicher. Insolvenzwelle droht Schlechte Nachrichten also für Verbraucher – und was bedeutet das künftig für Gäste, die im Restaurant oder der Eisdiele ihren Kaffee genießen wollen? Die Kaffeepreiserhöhung werde sich pro Tasse nur im unteren Centbereich niederschlagen, verdeutlicht Christian Cramer. Problematischer sieht er die Situation der mittelständischen Kaffeeröstereien, die ja auch noch Kosten für Energie, Transport und Personal sowie Gewerbe-, Mehrwert und Röststeuer (Letztere liegt allein bei 2,19 Euro pro Kilo Kaffee) zu tragen hätten. Hier zeichne sich schon jetzt eine Insolvenzwelle ab.

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