Windkraft auf dem Teuto: Störfaktor oder notwendige Infrastruktur?

Horn-Bad Meinberg/Schlangen. Pläne für insgesamt 33 Windenergieanlagen auf dem Kamm des Teutoburger Waldes zwischen Holzhausen-Externsteine, Feldrom und Schlangen haben für ordentlich Aufregung im Lager von Natur- und Heimatschützern gesorgt. 24 davon möchte der Landesverband Lippe mit einem Projektpartner auf seinem Grund und Boden (Silberbachtal und beiderseits des Eggeübergangs der B1) bauen, neun davon Dr. Stephan Prinz zur Lippe in seinem Wald in der Nähe der Gauseköte. Die geplanten Standorte im Wald sind das Neue, was die Gegner auf den Plan ruft. Denn bisher waren Windenergieanlagen meist auf Freiflächen beschränkt, die auch den im Regionalplan für Windenergie vorgesehenen Flächen entsprachen. Nur sind diese Flächen schon ziemlich voll und ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster kippte die bislang gängige Praxis, die Genehmigung von Anlagen zurückzustellen, bis die neuen Vorrangflächen für Windenergie des aktuellen Regionalplans feststehen. Dadurch war der Bau von Windenergieanlagen plötzlich quasi überall möglich, was zu einer Flut von Anträgen führte. Diese Lücke im Genehmigungsrecht ist inzwischen geschlossen, aber die Gegner der Anlagen im Wald trauen dem Braten noch nicht so richtig. Die unterschiedliche Beurteilung von Windenergie zieht sich nicht nur durch die Gesellschaft, sondern auch durch diese Redaktion. Während Redakteurin Cordula Gröne die Argumente der Windkraftgegner nachvollziehen kann, votiert Redakteur Jost Wolf pro Windkraft. Pro Windkraft: Wir brauchen noch viel mehr Windenergieanlagen Wir haben noch längst nicht genug Windenergieanlagen! Irgendwo muss der Strom für die Energiewende schließlich herkommen. Meiner Ansicht nach &bdquo;verschandeln“ Windräder auch keine Höhenzüge. Ich persönlich hätte auch kein Problem damit, wenn sich hinter dem Hermannsdenkmal oder den Externsteinen künftig Windradrotoren drehen würden. Das ist eben der Wandel der Zeit und für mich sehr viel beruhigender als neue Atom-, Kohle- oder Gaskraftwerke. Im Gegenteil: In Baden-Württemberg und Bayern oder im Urlaub in Frankreich finde ich die großflächige Abwesenheit von Windenergieanlagen immer sehr irritierend. Ich kann die Kritik, dass Prinz und Landesverband hier eine durch das OVG geschaffene Lücke ausnutzen, um vor Gültigkeit der neuen Vorrangflächen Fakten zu schaffen, nachvollziehen. Und vielleicht sollten Windräder zumindest dann nicht mitten im Ökosystem Wald stehen, wenn es Alternativen auf Freiflächen gibt. Das bedarf eben jeweils einer guten Einzelfallprüfung, wie bei anderen Bauvorhaben auch. Nicht nachvollziehen kann ich, dass durch Windräder ein prägender Höhenzug beeinträchtigt und der Tourismus nachhaltig geschädigt werden würde. Auch der von den Gegnern gerne bemühte Größenvergleich mit dem Hermannsdenkmal lässt mich kalt. Schon jetzt ist das 53 Meter hohe Hermannsdenkmal auf der Grotenburg aus der Entfernung am Horizont gerade so als kleiner Buckel auszumachen, während der 298 Meter hohe Mast des Senders &bdquo;Teutoburger Wald“ auf dem benachbarten Bielstein als schneller &bdquo;Hermannsdenkmal-Finder“ dient. Hat er dem Tourismus geschadet? Hat er nicht. Hat er den Höhenzug verschandelt? Hat er nicht. Sichtbare Infrastruktur-Bauten sind in einer modernen, technisierten Gesellschaft unvermeidlich. Auch an den Anblick von 263 Meter hohen Windrädern neben dem Hermannsdenkmal und den Externsteinen werden wir uns gewöhnen. Und sie werden uns daran erinnern, dass der Strom eben nicht nur einfach so aus der Steckdose kommt. Contra Windkraft: Ein Stück Natur erhalten In der norddeutschen Tiefebene stören sie mich nicht. Im Gegenteil, hier setzen Windräder markante Ziele für den Blick in die Ferne. Hier ist nur Weite – anders als im Teutoburger Wald und Eggegebirge. Diese sind einzigartige Naturlandschaften, die uns hoffentlich erhalten bleiben. Sicher, der Wald hat schon sehr gelitten unter Trockenheit und Schädlingen und muss sich erholen. Es gibt Schadflächen, wo keine Bäume mehr stehen, doch irgendwann hoffentlich einmal wieder stehen werden. Müssen Windräder unbedingt in solchen Bereichen stehen, die als grüne Lungen im Land erhalten werden sollten? Ich finde, nein. Die Kommunen können – wie im Regionalplan vorgesehen – Vorrangflächen für die Windenergie ausweisen, wie auch bereits geschehen, auf landwirtschaftlichen Flächen oder Wiesen. Dass potenzielle Betreiber eine Gesetzeslücke nutzen und plötzlich viele Windräder bauen wollen, ist aus wirtschaftlichen Gründen nachzuvollziehen. Aber tut dies der Region gut? Diesem Ansinnen, gesetzlich Einhalt zu gebieten, war sinnvoll. Von einer solchen Menge inzwischen wahnsinnig hoher Windräder, teils auch in der Nähe von Wohnsiedlungen, profitieren nur die Betreiber, die dort meist Eggegebirge und Teutoburger Wald sind für viele Lipper ein wichtiger Erholungsraum. Diesen mit Windrädern vollzuspargeln, finde ich auch aus optischen Gründen nicht schön. Es sind Monumente der Technik, die in unberührter Natur nichts zu suchen haben. Unter einer derart massiven Ansiedlung von Windrädern könnte auch der Tourismus leiden, der für Horn-Bad Meinberg und die gesamte Region von Bedeutung ist. Natürlich sollte jede Kommune einen Beitrag zur Energiewende leisten. Doch kann das auch auf vielfältige andere Art und Weise erfolgen, indem man beispielsweise Solaranlagen auf Wohnhäusern fördert. Es gibt genug Flächen, wo Windräder keinen stören – der Teutoburger Wald gehört für mich nicht dazu.

Meistgelesen