Sparen zur Prävention: Deshalb sind lippische Schuldnerberater derzeit gefragt

Kreis Lippe. Der Weltspartag wird 100. Doch schaffen es die Menschen heutzutage bei Inflation, steigenden Energie-, Miet- und Lebensmittelkosten und den Auswirkungen des Ukrainekrieges Geld anzusparen? Eines sei jungen wie älteren Menschen wichtig, wie das Vermögensbarometer des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands zeigt: Sicherheit. Und Sparen sei wichtig, betonen die Sparkassen Lemgo sowie Detmold, Paderborn, Höxter in einer Mitteilung – für jeden Einzelnen wie auch für die Gesellschaft. Laut des Vermögensbarometers konsumierten die Menschen bewusster – insbesondere, wer weniger Geld zur Verfügung hat. 48 Prozent der Befragten hätten Veränderungen in ihrem Lebensstandard vorgenommen, unter anderem verzichteten sie auf Restaurantbesuche, kauften weniger ein, verglichen Preise oder achteten auf Angebote. Hoher Zulauf bei Schuldnerberatung &bdquo;Sparen dient der Schuldenprävention“, betont auch Daniel Westerkamp, Schuldnerberater beim Paritätischen Parisozial Lippe. Immer wieder gebe es unerwartete Ausgaben, zum Beispiel, wenn das Auto kaputtgeht. Ist dann kein Geld für eine Reparatur da, geht es zur Bank für einen Kredit. Und so häuften sich die Schulden über die Jahre an, berichtet er aus Erfahrungen des Beratungsalltags. Immer wieder ende das in der Privatinsolvenz, und &bdquo;dann müssen Betroffenen lernen, ein Leben auf Guthabenbasis zu führen und Geld zurückzulegen“. Doch das machten viele Menschen zu wenig, da fehle es auch ein Stück weit an finanzieller Bildung. Claudia Greßer, Schuldnerberaterin der AWO Lippe, ergänzt, dass die Ratsuchenden in der Regel aufgrund von Erkrankungen, Arbeitslosigkeit und Schulden gar nicht sparen könnten. Hohe Lebenshaltungskosten und Mieten stünden bei den meisten im Vordergrund, ließen &bdquo;Haushalte mit geringen Einkünften an den Rand der Existenz geraten, die nur zum Teil von den sozialen Sicherungssystemen aufgefangen werden können“, etwa Wohn- oder Bürgergeld, ergänzt Rainer Bartonitschek von der Schuldnerberatung des Caritasverbands für Lippe und Bad Pyrmont. Viele nähmen diese zustehenden Hilfen auch gar nicht in Anspruch - aus Scham oder Unwissenheit. Herausforderung bargeldloses Zahlen &bdquo;Die Menschen, die zu uns kommen, sind froh über die Hilfe, einen Ansprechpartner zu haben und Perspektiven entwickeln zu können“, weiß Claudia Greßer. &bdquo;Wir erstellen mit ihnen eine Einnahmen-Ausgaben-Übersicht, um Kosten zu reduzieren und bei Schulden Luft für eine Ratenzahlung zu bekommen.“ Eine Privatinsolvenz sei meist der letzte Ausweg, nachdem die Menschen bereits jahrelang allein versucht hätten, aus dieser Situation heraus zu kommen. Im Moment verzeichne die Schuldnerberatung einen hohen Zulauf, bei manchen sei es finanziell so knapp geworden, dass sie ihre Ratenvereinbarungen gar nicht mehr leisten könnten. Ein Problem sehe sie auch im bargeldlosen Zahlen und Diensten wie Klarna oder Paypal. Denn hierbei sei eine Ratenzahlung möglich, selbst wenn Kunden bereits einiges an Schulden aufgebaut hätten. Die vielfältigen und kreditimplementierten Zahlungsmöglichkeiten trügen dazu bei, den Überblick zu verlieren, meint auch Rainer Bartonitschek. Das führe bei manch einem zu vielen Forderungen und Zahlungsverpflichtungen, &bdquo;die schnell in die Schuldenfalle münden können“. Bargeldloses Bezahlen allerdings sei die Zukunft, &bdquo;jeder sollte sich der Herausforderung stellen, trotz der zunehmenden Abstrahierung des Geldausgebens den Überblick zu behalten“. Deshalb sei Schuldenprävention wichtig: Den Umgang mit all diesen Möglichkeiten zu erlernen und sein Geldausgabeverhalten planvoll zu beherrschen und sich nicht von einer spontanen Kaufentscheidung zur nächsten zu hangeln. Er nennt Schulden zu machen &bdquo;Zwangssparen für die Zukunft“: &bdquo;Menschen zwingen sich, in der Zukunft auf etwas zu sparen, was sie heute schon haben möchten oder müssen.“ Finanzielle Zukunftsvorsorge ist vielen wichtig Dabei kehre der Optimismus nach zwei schwierigen Jahren durchaus wieder zurück, heißt es von den Sparkassen. Ein höherer Anteil der Bevölkerung bewertet laut Vermögensbarometer die eigene finanzielle Situation besser als noch vor 12 Monaten, auch das Vertrauen in die Zukunft hat wieder zugenommen. Vor allem sei dies bei den Jüngeren zu sehen, Menschen ab 50 seien hingegen eher skeptisch, vor allem langfristig befürchte rund ein Drittel eine Veränderung zum Schlechteren. Die Verbundvolksbank OWL beobachte bei Kunden und Mitgliedern &bdquo;ein gleichbleibend hohes Bewusstsein dafür, dass eine finanzielle Zukunftsvorsorge für sich persönlich und Angehörige wichtig und notwendig ist“, erklärt Sprecher Thorsten Heggen. Das bestätigen auch Zahlen des Vermögensbarometers, nach denen rund 76 Prozent der Befragten erklären, Sparen sei wichtig. Und da der Zins wieder steigt, sei es auch attraktiver, Geld anzulegen. Bei der Verbundvolksbank seien derzeit Anlageformen wie Tages- und Festgelder sowie in zunehmendem Maße auch Wertpapierprodukte stark nachgefragt. Gerade bei den Jüngeren sei das Interesse am Sparen da. Verschuldung wirtschaftlich gewollt Wunsch und Wirklichkeit klafften beim Sparen allerdings auseinander, heißt es weiter. Obwohl viele zustimmten, dass es wichtig sei, Geld zurückzulegen, erklärten 19 Prozent der Befragten, sie würden gar nicht sparen, 30 Prozent legten unregelmäßig Geld zurück, wenn etwas übrig sei. Schuldnerberater Rainer Bartonitschek denkt, das finanzielle Sicherheitsbedürfnis habe bei vielen Menschen eher abgenommen. &bdquo;An dieses sollte wohl auch im Rahmen des Weltspartages appelliert werden: Sparen und Vorsorgen für später, für die Anschaffung, für den Notfall, Rücklagen bilden.“ Zudem hätten Schulden neben Verlierern auch immer Gewinner. Die Verschuldung sei seiner Ansicht nach daher wirtschaftlich auch gewollt. Beim ersten Weltkongress der Sparkassen im Oktober 1924 beschlossen Vertreter aus 29 Ländern, einen Weltspartag einzuführen, um &bdquo;den Gedanken des Sparens weltweit in das Bewusstsein bringen“. Und so gab es am 31. Oktober 1925 zum ersten Mal einen Weltspartag. In Deutschland findet der Weltspartag am letzten Arbeitstag vor dem 31. Oktober statt, denn in einigen Bundesländern wie Niedersachsen ist der Reformationstag am 31. Oktober ein gesetzlicher Feiertag.

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