
Oerlinghausen. Lara Weber und Michael Christiani fallen auf und stehen zugleich für Individualität. Mit Cotte, Wams und Schecke, mit Fell um die Schulter und Kiepe auf dem Rücken, wie ihn die Vorfahren wohl für Holz und andere Materialien genutzt haben, wandern sie durch das Archäologische Freilichtmuseum (AFM). Noch viel mehr Besucher und Darsteller drücken ihre Faszination für lange zurückliegende Lebensweisen bei den Wikingertagen auch optisch aus.
„Eigentlich sind wir gekleidet wie die Menschen im Spätmittelalter“, erzählt Lara Weber, die einst das Niklas-Luhmann-Gymnasium besucht hat und jetzt in Minden lebt. Aber auch die Zeit der Wikinger interessiert das Paar. „Über die Fantasieschiene haben wir uns dem Authentischen genähert“, erzählt Lara Weber. Diese Authentizität, die möglichst realistische Darstellung unterscheidet das AFM von kommerziellen Märkten.
Silvia Ungerechts zeigt, wie Brettchenweben funktioniert. „Die ersten Funde in Deutschland gab es 555 vor Christus in Hochdorf bei Stuttgart“, weiß sie und deutet auf ein Körbchen mit kunstvoll gestalteten Borten. Nordmann Aksl Kurtson verkörpert den Lederhandwerker. „Wikinger waren Bauern, begnadete Handwerker und Reisende“, erzählt er. „Vor allem waren sie detailverliebt“ und hätten nach dem Motto „so schön, wie es geht“ gehandelt.
Aufklärung über Nazi-Unsinn
Mitglieder der Gruppe Dyrr Fjörsins aus Bünde, Kirchlengern und Löhne präsentieren unter anderem verschiedene Pfeilspitzen. „Wir stellen Waffen vor, die von Kriegern und Bauern genutzt worden sind“, berichtet Christoph Hagemeier alias Bjarne. Gezeigt wird die Entwicklung von der Wikingerzeit bis zum Hochmittelalter. Christoph Hagemeier hat einen selbst gebauten Wikingerbogen dabei, den er auf seine Größe angepasst hat.
Am Stand hängen Leinentücher mit Runen (antike Schriftzeichen). Hagemeier weiß, dass diese Schriftzeichen im Nationalsozialismus und auch heute in der rechtsextremen Szene missbraucht wurden und werden. „Wir versuchen, sie aus der rechten Ecke herauszuholen“, sagt er, „das ist uns ein persönliches Anliegen.“ Runen seien kein Zeichen einer Überrasse und jeder müsse wissen: „Es gab bei den Runen keine Doppelkonsonanten, also auch kein SS.“
Weil im AFM das mit 42 Metern größte bislang nachgebaute germanische Langhaus entsteht (bis zum Jahresende soll es fertig sein) und dort aktuell noch gebaut wird, gibt es etwas weniger Platz für die Darsteller als sonst. Deshalb und auch wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Welt sei diesmal auf Schaukämpfe verzichtet worden, berichtet Museumsleiter Karl Banghard. Der Fokus liegt vielmehr auf die viel nachgefragte Museumspädagogik.
Ausgeweitet worden ist das Angebot an Speisen. Schweinebräter Helmut „Der Gutmütige“ hat alle Hände voll zu tun. Am Stand von „Mutter Naturs Küche“ wird gebackener Blumenkohl im Akkord produziert, und es gibt süße Crepes. Die Besucher genießen in entspannter Atmosphäre, informieren sich, die Kinder können Filzen oder mit Eltern und Großeltern Wikingerschach spielen.
Für die Veranstaltungen im kommenden Jahr gibt es bereits Pläne. „Dann wollen wir noch deutlich internationaler werden“, kündigt Karl Banghard an. Dann sollen vor allem Living-History-Darsteller aus Skandinavien dabei sein.