Die Geschichte des Ex-Karstadt-Hauses in Lemgo: Wohnhaus, Kino Shop

Lemgo. Das Haus Sonnenuhr (Mittelstraße 26) hat eine lange Geschichte hinter sich. Zuletzt hatte eine schwedische Modekette in dem Gebäude eine Filiale, doch die schloss Anfang Dezember. Nun steht das Haus leer und soll für Rossmann im Innern umgebaut werden. Der Drogist will das Erdgeschoss als Verkaufsfläche und das Obergeschoss als Lager nutzen. Der Umzug von der Mittelstraße 90 zur Nummer 24-28 soll in der zweiten Jahreshälfte erfolgen. 24-28, weil eine ganze Zeit lang ein großer Mieter in den Häusern war: Karstadt. An das Kaufhaus erinnern sich viele Lemgoer noch gut. Doch was kaum einer weiß, im Haus Nummer 28 waren sogar mal ein großes Kino und ein Restaurant beheimatet. Ein Blick in die Geschichte. Das Haus Sonnenuhr Beim Haus Sonnenuhr handelt es sich um ein spätgotisches Steingiebelhaus mit Kammerbau. Es wurde 1546 erbaut, von wem ist laut Informationen des Stadtarchivs Lemgo jedoch nicht bekannt. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war es in Besitz von Johann Clausing und Katharina von Briel, die als Witwe 1591 Jobst Wippermann, der von allen &bdquo;der Reiche“ genannt wurde, heiratete. Dieser ließ 1593 über den Feuerweg das Nebenhaus Nummer 24 errichten. Solche Feuerwege dienten den Bewohnern der engen Straßen der Altstadt damals bei Brandgefahr als ein Rettungsweg zur Echternstraße. Anfang 1700 gab es noch einmal Veränderungen: Die Deele wurde aufgegeben, stattdessen eine Zwischendecke eingezogen. Die neuen Räume waren über eine Holztreppe und eine verwinkelte Galerie erreichbar. 1790 wurde ein Kellerzugang von der nördlichen Traufgasse gebaut. Um 1900 kamen die damals üblichen Ladeneinbauten im Erdgeschoss. 1950 schenkte der Friseur Heinrich Stölting das Haus der Stadt Lemgo. Diese ließ die Fassade im selben Jahr für 15.000 Mark renovieren, legte die Zierschnitzereien am Nebenhaus frei und restaurierte diese. Die LZ schrieb damals: &bdquo;Nicht nur die Stadtväter und die Mitglieder des Vereins Alt Lemgo interessieren sich für den großen Umbau, der sich in der letzten Zeit an der Mittelstraße vollzieht, auch die vorübergehenden Lemgoer Bürger verweilen einen Augenblick vor dem Haus Sonnenuhr und werfen einen Blick hinauf, wo nun schon wochenlang Arbeiter ihre Steinmeißel in das Gemäuer des alten Hauses schlagen, gilt es doch wieder einmal, der alten Hansestadt ein würdiges Denkmal seiner Geschichte zu erhalten.“ Aus einer Anzeige in der LZ vom 5. August 1950 geht hervor, dass Fritz Lorenz im Haus Sonnenuhr ein Spezialgeschäft für Wild, Geflügel, Käse, Butter und Eier eröffnete. 1964 wurde das Haus laut einem damaligen Bericht erneut renoviert. Mittelstraße Nr. 28 Nebenan im Haus Nummer 28 gab es verschiedene Besitzer. Im Stadtarchiv und im gelben Heft Nummer 46 des Vereins Alt Lemgo mit dem Titel &bdquo;Cafés in Lemgo“ ist nachzulesen, dass das Gebäude im 16. oder 17. Jahrhundert gebaut wurde. 1714 soll Hermann Wege der Eigentümer gewesen sein, sieben Jahre später Hans Kurmeyer und 1750 einer der Wippermanns. 1874 ging das Haus an Friedrich Meier, 1882 übernahm es Gastwirt Wilhelm Trietloff, der 1904 ein Backhaus und einen Saal anbauen ließ. Etwa 1915 zog &bdquo;Schröders Zigarrenhaus“ ein. 1921 gab es laut LZ die erste Vorstellung im &bdquo;Stern-Lichtspielhaus“, einem Kino, betrieben von Joseph Peters. Später wurde es in &bdquo;Palast-Theater“ umbenannt und nach nur zwei Jahren erweitert. Kurze Zeit gab es ein Café im Erdgeschoss, dessen Raum ab 1950 als Restaurant genutzt wurde, der &bdquo;Gasthof zum Stern“. 1963 wollte Josef Peters das Haus abreißen und als Kaufhaus wieder aufbauen. Aus zwei Häusern wird eins Die amerikanische Kaufhaus-Kette Woolworth bekundete 1969 Interesse am Haus Sonnenuhr, wollte es aber nur in Kombination mit Haus Nummer 28 erwerben. Schließlich trat sie vom Kauf zurück, weil sie nicht den alten Giebel abreißen durfte. Dafür hatten sich Rat und Verwaltung damals starkgemacht, wie die LZ berichtete. Jahre später, 2021, zog Woolworth schließlich doch in die Mittelstraße. Auf die Bedingungen der Stadt ging dann die Kaufhausgesellschaft Kepa 1971 ein. Sie ließen alles bis auf die Fassade abreißen. Dabei gab es Ärger, weil der historische Herrensaal eigentlich bestehen bleiben sollte. Kepa kaufte ebenfalls das Nachbarhaus und baute es neu auf. Somit waren das Kino und der Gasthof Geschichte. Die deutsche Warenhauskette wurde laut Wikipedia unter dem Namen Epa 1926 durch die damalige Rudolph Karstadt AG gegründet und sollte das Niedrigpreis-Segment abbilden. Nach dem Verbot des Einheitspreis-Systems erfolgte 1937 die Umbenennung in Kepa. Ein Warenhaus In Lemgo eröffnete das Warenhaus am 28. Februar 1974 mit 130 Angestellten unter der Leitung von Helmut Diedrich auf drei Etagen, wie aus einem LZ-Bericht hervorgeht. 8,7 Millionen D-Mark hatte Kepa in den Bau investiert. Nur wenige Wochen nach der Eröffnung wurde Schmuck im Wert von 75.000 Mark gestohlen, die Täter hatten sich unbemerkt über Nacht einschließen lassen. Doch 1977 wurde die Auflösung beschlossen und die Märkte wurden überwiegend zu Karstadt - so auch am 13. September in Lemgo. Damals waren sogar 160 Beschäftigte auf den 2900 Quadratmetern Verkaufsfläche tätig. Übrigens: Erst am 1. März 1979 öffnete Karstadt seine Filiale in Detmold. Schon 1980 schloss das Restaurant in Lemgo im ersten Obergeschoss, dort entstand stattdessen eine Sport- und Freizeitabteilung. 1988 schloss die Lebensmittelabteilung. Filialleiter Diedrich führte das auf die wachsende Konkurrenz durch Großmärkte &bdquo;auf der grünen Wiese“ - wie Marktkauf - zurück. Es folgte ein Umbau für noch einmal 900.000 Mark, wie die LZ berichtet. 75 Mitarbeiter arbeiteten damals noch bei Karstadt. Die nächste Renovierung für 700.000 Mark stand Anfang 1999 an, unter anderem wurde ein neuer Boden verlegt. Schon zwei Jahre später arbeiteten nur noch 38 Angestellte in Lemgo. Sabine Schmidt übernahm 2002 die Filialleitung. Doch sie blieb nur kurz, 2004 war schon Bettina Fröhlich da. Finanzielle Sorgen In diesem Jahr berichtete die LZ häufig über die finanziellen Probleme der Warenhauskette, 30.000 Jobs sollten gestrichen werden. Auch Lemgo war betroffen. Am 4. August 2005 schrieb die LZ: &bdquo;Ein Jahr Sicherheit für Karstadt-Mitarbeiter“. 75 Filialen, darunter Lemgo und Detmold, wurden an den britischen Investoren &bdquo;Dawnay Day“ verkauft. 2006 wurde Markus Henkel neuer Geschäftsführer in Lemgo bei &bdquo;Karstadt-Kompakt“. Zum 1. März 2007 gab es die Umbenennung in Hertie. Dafür veränderte sich der Verkaufsraum auch optisch. Draußen durfte der rote Schriftzug zunächst nicht leuchten, so sah es das Regelwerk der Stadt vor. Doch schon Mitte 2008 meldete der Eigentümer Insolvenz an. &bdquo;Am 26. Juni 2009 startete der Räumungsverkauf in Lemgo. Ende Juli mussten wir raus“, erinnert sich Henkel im LZ-Gespräch. 30 Angestellte waren davon betroffen. &bdquo;Das war nicht einfach, vor den Mitarbeitern zu stehen und das Aus zu verkünden. Viele von ihnen hatten dort 20 oder 30 Jahre lang gearbeitet.“ Trotzdem verbinde er auch schöne Erinnerungen mit der Hertie-Zeit. Es sei damals eine enge Gemeinschaft gewesen. Auch an die Buchabteilung &bdquo;mit dem tollen Gewölbe“ (der ehemalige Herrensaal) erinnere er sich gerne zurück. Dass ein Warenhaus in Lemgo noch einmal funktionieren würde, schließe er aber aus. Henkel ist der Mittelstraße treu geblieben und betreibt seit vielen Jahren die Intersport-Filiale. Aus einem Haus werden zwei Nach der Schließung von Hertie kaufte die &bdquo;Amandla International GmbH“ aus Unna das Haus und baute es für fünf Millionen Euro um: Aus einem wurden zwei Geschäftshäuser. Beide bekamen größere Glasfronten. Im April 2010 öffnete C&A auf rund 1500 Quadratmetern Verkaufsfläche seine Türen, im November folgte der schwedische Modekonzern H&M im Haus Sonnenuhr. Da gehörten die Häuser schon der Hamborner Reit AG aus Duisburg, die die Objekte laut LZ-Informationen für 6,8 Millionen Euro kaufte. Die Modekette C&A hielt sich zehn Jahre in der Lemgoer Innenstadt. Nach nur wenigen Monaten Leerstand und Umbau öffnete bekanntlich Woolworth im April 2021. 2022 wurde das Gebäude-Ensemble an die Lindenhof Verwaltungsgesellschaft nach Stade verkauft. Die vorerst letzte Veränderung gab es im Dezember vergangenen Jahres als H&M seine Filiale schloss. 14 Mitarbeiter waren von dem Aus betroffen. In der zweiten Jahreshälfte will Rossmann von der Mittelstraße 90 ins Haus Sonnenuhr ziehen. Dafür werde der Drogerie-Markt umbauen müssen. Er will nur das Erdgeschoss als Verkaufsraum nutzen. Lemgo-Marketing-Chef Wolfgang Jäger meint dazu: &bdquo;Große Flächen sind schwierig zu besetzen.“ Er hätte sich auch eine Shop-in-Shop-Lösung für das Haus oder eine Dachterrasse mit gastronomischem Angebot vorstellen können.

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