Hochwasser in Lippe: Pegelstände steigen am zweiten Weihnachtsfeiertag wieder an

Kreis Lippe. Dienstag, zweiter Weihnachtsfeiertag. Noch entspannt sich die Lage nicht. In der Nacht zu Dienstag ist zwar weniger Regen gefallen, doch die Böden in der Region sind vollkommen gesättigt und können keine Feuchtigkeit mehr aufnehmen. Die Pegelstände steigen erneut langsam wieder an. Nach einem Stand von 2,28 Metern gegen 1 Uhr in der Nacht wurde Pegel der Emmer in Schieder-Nessenberg um 12 Uhr mit 2,82 Metern gemessen - die kritische Marke liegt bei drei Metern. Auch die Feuerwehr kommt nicht zur Ruhe. In vielen lippischen Kellern steht das Wasser und auch die Straßen sind noch immer nicht überall sicher befahrbar. Das Hochwasser hat viel Dreck auf die Fahrbahn gespült, die nun gefährlich-rutschige Auflage muss mühsam entfernt werden. Auch die Wälder sind nach Sturmtief Zoltan noch länger ein Risikogebiet und sollten nicht betreten werden. Die hefigen Sturmböen haben etliche Äste heruntergerissen und durch die vollkommen durchweichten Böden könnten noch in den nächsten Tagen Bäume umstürzen. Straßensperrungen Die lippischen Feuerwehren rückten bis Dienstagmittag zu 153 sturmbedingten Einsätzen aus. In erster Linie wurden Keller ausgepumpt und Straßen freigeräumt, jetzt mehren sich die Einsätze, in denen umgestürzte Bäume und abgerissene Äste ein Gefahrenrisiko darstellen und nun fachmännisch gesichert oder entfernt werden müssen. Aufgrund von Verschmutzungen und sowohl Über- als auch Unterspülungen mussten über die Weihnachtsfeiertage einige Straßen gesperrt werden. Nach Polizeiangaben trifft das aktuell noch auf die Asendorfer Straße in Kalletal, die Mittelstraße in Detmold-Spork, die Bielefelder Straße in Lemgo-Lieme und die Straße Büllinghausen in Lemgo zu. Die Feuerwehr meldet zudem eine temporäre Sperrung der Weserstraße bei Stemmen. Montag, erster Weihnachtsfeiertag Sturmtief Zoltan hat auch in der Nacht von Heiligabend auf den ersten Weihnachtsfeiertag über der Region mit kräftigen Böen und viel Regen gewütet. Der Pegelstand der Emmer bei Schieder-Nessenberg stieg daraufhin erneut stark an und erreichte seinen vorläufigen Höhepunkt am Montagmorgen um 5.45 Uhr mit 296 Zentimetern. Danach sank der Wasserstand wieder, um 10 Uhr wurden 276 Zentimeter gemessen. Die Leitstelle der Feuerwehr verzeichnete seit Freitag insgesamt 104 sturmbedingte Einsätze. In erster Linie rückten die Kameraden zu überschwemmten Straßen und vollgelaufenen Kellern aus, auch umgestürzte Bäume mussten häufig von der Fahrbahn entfernt und gesichert werden. Am Montagmorgen scheint die Lage trotz der andauernden Regenfälle in Lippe noch ruhig zu bleiben, die Polizei mahnt jedoch vor allem zur Vorsicht auf den Straßen. Diese könnten durch abgeschwemmten Schlamm verdreckt und damit rutschig sein. An flachen und kurvigen Stellen kann sich zudem auch eine größere Menge an Wasser ansammeln, es droht Aquaplaning. So wurde an der Lopshorner Allee in Detmold am Morgen in einem kurvigen Bereich die Geschwindigkeitsvorgabe reduziert, weil sich eine größere Wasserlache von etwa fünf Zentimetern Tiefe auf der Fahrbahn gebildet hat. Der Bauhof prüft nun, ob sich ein Ablauf installieren lässt, damit das Wasser leichter von der Straße abfließen kann. Sonntag, Heiligabend Am frühen Sonntagmorgen erreichte die Emmer ihren derzeitigen Höchststand, gegen 6.30 Uhr wurde in Bad Pyrmont ein Wasserpegel von 4,91 Metern gemessen. Damit erreichte das Gewässer, das auch in Schieder-Schwalenberg kräftig über die Ufer getreten ist, die Meldestufe drei (von vier). Gegen 13.30 Uhr zeigten die Messwerte dann mit 4,77 Metern eine leicht fallende Tendenz. In Schieder-Nessenberg hatte die Emmer schon am Samstagabend ihren Höchststand erreicht, gegen 23.30 Uhr wurde dort ein Pegelstand von 3,17 Metern gemessen. Auch Bega und Werre traten weit über ihre Ufer. Der Parkplatz Stift Schötmar in Bad Salzuflen war am Samstagabend noch trocken, am Sonntagmorgen standen neun dort geparkte Autos tief im Wasser. Der Abschleppdienst Bewa eilte kurz darauf zur Hilfe und hob die gefluteten Fahrzeuge vom Parkplatz auf höher gelegene, trockene Flächen. Dabei zeigten die Mitarbeiter großen Einsatz, sie mussten tief in das ausgesprochen kalte, schlammige Wasser waten, um die Autos zuerst mit Ketten sichern zu können. Auch der Schützenplatz in Schötmar wurde komplett überflutet. Aus der Luft betrachtet erweckt die Gegend den Anschein, als hätte sich eine Seenplatte gebildet. Treibholz auf den Feldern Im Schieder-Schwalenberger Ortsteil Lothe hat sich die Lage am Sonntagvormittag beruhigt. Wie schlimm es am Vortag war, lässt sich noch erahnen. Die am Samstag von der Niese überflutete Straße Speckangerweg ist mit einer Schlammschicht überzogen, entlang der Felder ist das Wasser gewichen, das Treibholz aber geblieben: &bdquo;Hier war gestern Abend alles überflutet – unglaublich, wie schnell das Wasser wieder gegangen ist“, staunt eine Anwohnerin. Bürgermeister Jörg Bierwirth hatte die Straße Speckangerweg eigenhändig gesperrt. Dafür musste der Bürgermeister nicht weit gehen, die Straße liegt gegenüber seinem Wohnhaus. Möglicherweise wird er sie alsbald wieder freigeben, denn für die Feiertage sind nicht mehr so ergiebige Regenfälle vorhergesagt. Für einen Anwohner an der Steinheimer Straße in Lothe dagegen gibt es noch keine Entwarnung. Sein Haus steht direkt in der Senke, wenige Meter entfernt fließt das kleine Bächlein Niese, das sich am Samstag zu einem reißenden Fluss entwickelt hat. Samstagabend dann drückte das Wasser aus dem Erdreich in seinen Keller – und seither ist kein Ende der Wasserflut in Sicht. Seit vier Jahren wohne er hier, aber so etwas habe er noch nicht erlebt, schildert er gegenüber der LZ. Zum Glück habe der Vorbesitzer ihm eine Pumpe dagelassen. Eine zweite hat er sich bereits Samstagabend von seinem Nachbarn geliehen. Und so rauscht das abgepumpte Wasser beständig aus zwei Schläuchen auf die Straße. Unterdessen hat Bürgermeister Bierwirth bekanntgegeben, dass der Scheitelpunkt des Emmerpegels bei Nessenberg am frühen Sonntagmorgen überschritten sei. Die Lage sei weiter kritisch, mit Blick auf die Regenprognose erwarte er aber Entspannung. &bdquo;Wir sind noch mal mit einem blauen Auge davongekommen.“ Die am Samstag wegen Überflutung gesperrte L886 wurde nach der Fahrbahnreinigung wieder für den Verkehr freigegeben. Die Leitstelle der Feuerwehr vermeldete unterdessen am Sonntagmorgen eine relativ ruhige Nacht, auch die Sturmschäden in Lippe haben sich nach ersten Erkenntnissen in Grenzen gehalten. In den benachbarten Kreisen hatten die Einsatzkräfte hingegen mehr zu tun, Werre und Weser traten weit über die Ufer, in Warburg muss das Trinkwasser nach Verunreinigungen nun gechlort werden. In Bünde gab es einen tödlichen Unglücksfall, bei dem ein 62-jähriger Mann durch umgewehte Zaunelemente schwerst verletzt wurde, er starb wenig später im Krankenhaus. Samstag, 23. Dezember Während die Nacht von Freitag auf Samstag relativ ruhig verlief, meldete die Feuerwehr am frühen Samstagnachmittag knapp 30 zumeist kleinere Einsätze. Vor allem in Lemgo, Blomberg und Schieder-Schwalenberg, aber vereinzelt auch im restlichen Kreisgebiet wurden durch die starken Regenfälle einige Straßen überspült, teilweise drückten sich die Wassermassen durch überfüllte Kanäle nach oben und Keller liefen voll. Nach Angaben der Feuerwehr musste die Straße L886 zwischen Wöbbel und Schieder bis Nessenberg gesperrt werden. Von den angrenzenden Ländereien war Wasser und Schlamm auf die Straße gespült worden, die Feuerwehr kam nicht mit dem Freiräumen hinterher. Auch Schieder-Schwalenbergs Bürgermeister Jörg Bierwirth hat ein aufmerksames Auge auf die steigenden Pegelstände der Emmer. Während der Pegelstand am Samstagmorgen gegen 9 Uhr noch bei 158 Zentimetern lag, stieg er in den folgenden Stunden rasant an, zuletzt wurden gegen 21 Uhr 304,6 Zentimeter gemessen. Mit Überschreiten der Drei-Meter-Grenze ist die Hochwassermeldestufe 2 (von 4) erreicht. Im Emmerauenpark ist auf dem Spielplatz &bdquo;Land unter“, die Emmer weitet ihr Bett kontinuierlich aus. Lügdes Bürgermeister Torben Blome erklärte am Samstagnachmittag, die Wege im Park seien zwar aktuell noch begehbar, doch die Entwicklung der Lage sei unklar und man wolle angesichts der beiden Feiertage Vorsicht walten lassen. Noch wenig Einsätze für die Feuerwehr in Bad Salzuflen In Bad Salzuflen/Werl-Aspe ist die Feuerwehr am Samstagvormittag zu einem Wasserschaden alarmiert worden. Durch den anhaltenden Regen staute sich das Grundwasser laut Mitteilung im Garten eines Hauses und lief dann in den Keller. Mit Schaufeln gruben die Rettungskräfte einen Ablaufgraben, um das Wasser vom Haus abzuleiten. Laut Daniel Hobein, Pressesprecher der Freiwilligen Feuerwehr Bad Salzuflen, waren bis Samstagnachmittag nur kleinere Einsätze der Feuerwehr in der Salzestadt nötig. Größere Schäden entstanden nicht. In der Straße Am Ostersiek saß eine Drainage zu, das Wasser staute sich und drohte, in die Häuser zu laufen. Die Einsatzkräfte konnten das aber verhindern. Es waren nur hauptamtliche Kräfte im Einsatz, so Hobein. Ehrenamtliche mussten nicht ausrücken. Auch die Bega steigt Auf dem Lemgoer Bauhof herrschte für einen Samstagabend reges Treiben. Immer wieder fuhren Feuerwehrfahrzeuge auf das riesige Gelände an der Herforder Straße. Denn die Bega ist deutlich über die Ufer gestiegen. Die Feuerwehr befüllte mithilfe von Bauhofmitarbeitern unzählige Sandsäcke mit dem sogenannten Abrollbehälter Hochwasser. Dieser wurde vor wenigen Jahren in Eigenregie zusammengebaut. Löschzugführer Frank Hoppe hat früher selbst aktiv in Kiesgruben gearbeitet und bei Entwurf und Bau einen Großteil seiner Erfahrung einfließen lassen. &bdquo;Wenn wir richtig Vollast fahren und zu beiden Seiten der Maschine arbeiten, gehen hier bis zu 1500 Sack mit je 15-20 Kilo pro Stunde vom Band,“ sagte Hoppe am Nachmittag. Die Feuerwehr wollte am Samstag so viele Sandsäcke auf Vorrat füllen, dass über die Weihnachtstage kein Kamerad oder Kameradin weitere füllen müsse. Aus verschiedensten, deutschlandweiten Einsätzen hat die Feuerwehr Lemgo Erfahrungen und Beobachtungen einfließen lassen, um ihre Sandsackfüllmaschine zu perfektionieren. Selbst das System der Säcke ist durchdacht. Diese haben ein integriertes Zugband und können dadurch sehr schnell und einfach verschlossen werden. &bdquo;Die Feuerwehr Hannover benutzt Nähmaschinen zum Verschließen der Sandsäcke, die sind deutlich Fehler anfälliger“, erklärte Hoppe weiter. Auch der Kreis Lippe, will Anfang nächsten Jahres einen solchen Abrollbehälter in Dienst stellen. &bdquo;Optimaler Weise muss so eine Anlage dann direkt an Sandgruben stehen“, erläuterte Meinolf Haase, Leiter des Bevölkerungsschutzes Lippe, &bdquo;Da würde sich im Kreis Lippe natürlich Augustdorf gut eignen“.

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