Kreis Lippe ordnet wegen schwerer Vorwürfe Aufnahmestopp für Seniorenwohnanlage an

Bad Salzuflen. In der Seniorenwohnanlage Buchenhof mit Sitz an der Riestestraße soll einiges im Argen liegen. Dabei soll es sowohl um die Qualität der Pflege und die Versorgung der Bewohner als auch auch um die Genauigkeit der Dokumentation gehen. Der Kreis Lippe hat daher einen vorläufigen Aufnahmestopp veranlasst. Bis zum 31. Juli hat die Einrichtung nun Zeit, die Mängel zu beheben. Ansonsten drohen Bußgelder oder theoretisch sogar die Schließung der Einrichtung. Der Buchenhof weist die Vorwürfe zurück und hat Klage gegen den Aufnahmestopp vor dem Verwaltungsgericht Minden eingereicht, auch wenn diese keine aufschiebende Wirkung hat. Auf seiner Internetseite wirbt das seit 1992 bestehende Heim: &bdquo;In unserer Seniorenwohnanlage Buchenhof finden ältere und hilfsbedürftige Menschen ein schönes Zuhause – sowohl auf Dauer als auch zur Kurzzeitpflege. In direkter Stadtnähe von Bad Salzuflen gibt es in der Seniorenwohnanlage verschiedenste Unterbringungsmöglichkeiten vom gemütlichen Alten- und Pflegeheim bis zu betreutem Wohnen in modernen Einzel- oder Doppel-Appartements.“ Mit einem &bdquo;schönen Zuhause“ soll es allerdings nicht ganz so weit her sein, folgt man der Begründung des Aufnahmestopps. Der Text ist Resultat einer Regelprüfung der Behörde nach dem Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) am 28. März dieses Jahres. Die WTG-Behörde ist zuständig für die Heimaufsicht, also die Qualitätsprüfungen von Wohn- und Betreuungsangeboten. Die sollen demnach in relevanten Bereichen im Buchenhof unzureichend sein. "Relevante" Gewichtsverluste Aus dem vertraulichen Bericht, der unserer Redaktion in Auszügen vorliegt, geht hervor, dass bei der Prüfung bei verschiedenen Bewohnern &bdquo;relevante“ Gewichtsverluste festgestellt wurden, die dem Bericht zufolge von den Mitarbeitern der Einrichtung nicht ausreichend dokumentiert worden sein sollen. Im Fall eines Bewohners heißt es: &bdquo;Im Verlauf kann im Nachhinein durch den Prüfer festgestellt werden, dass Übelkeit und Erbrechen über mehrere Tage gegebenenfalls zu dem Gewichtsverlust geführt haben. Eine einrichtungsinterne und zeitnahe Eruierung der Ursachen für die Mangelernährung und den Gewichtsverlust ist nicht nachweisbar im Verlaufsbericht. Der Arzt wurde über den Gewichtsverlust nicht informiert.“ Auch bei einem weiteren Bewohner ist von einem &bdquo;kontinuierlichen Gewichtsverlust“ die Rede. &bdquo;Eine Mangelernährung ist nicht auszuschließen“, heißt es.Und im Fall eines anderen Bewohners: &bdquo;Nach Krankenhausentlassung wurden die Risikofaktoren und Hilfsbedarfe nicht erneut eingeschätzt, das Dekubitusrisiko hatte sich nachweislich verändert, neue gefährdete Körperstellen sind hinzugekommen.“ Dies sei weder im Verlauf noch in weiteren Dokumenten berücksichtigt worden. Aber auch dort, wo Berichte geführt worden sind, weisen sie offenbar Mängel auf. Die Experten der WTG-Behörde schließen aufgrund von Formulierungen in den Berichten auf fachliche Unsicherheiten des Personals, es fehlten bisweilen &bdquo;erforderliche Angaben“. Bei einem Bewohner, der im Dezember 2022 eingezogen sei, sei erst nach zwei Wochen ein Erstgespräch dokumentiert. Nach drei Wochen sei erstmals mit einer Maßnahmenplanung begonnen worden. Mängel in der Strukturqualität Als Fazit stellt die Behörde fest, dass es Mängel in der Strukturqualität gebe. &bdquo;Es fehlen feste Verfahrensanweisungen und gegebenenfalls Hilfsmittel, um den Pflegeprozess bei Einzug gezielt zu beginnen beziehungsweise zu einem zeitnahen Abschluss zu bringen.“ Und weiter: &bdquo;Hierdurch bleibt die Durchführung der pflegerischen Maßnahmen bei Grundpflege und Risikomanagement beliebig.“ Bei einer festgestellten Fachkraftquote von 42 Prozent führe das zu einem &bdquo;erheblichen Risiko, einen Schaden zu erleiden“. Das Wohn- und Teilhabegesetz NRW schreibt eine Fachkraftquote von 50 Prozent vor, wobei eine geringfügige Unterschreitung für einen Zeitraum von drei Monaten geduldet werden kann, heißt es auf Anfrage vom Kreis. Im Buchenhof wurden darüber hinaus Mängel in der Prozessqualität festgestellt. Fallgespräche mit Ärzten, vertretungsberechtigten Personen oder den Bewohnern seien mehrfach nicht erkennbar. Erforderliche Maßnahmen würden nicht nachweislich eingeleitet und dokumentiert. Die Ergebnisqualität bleibe dem Zufall überlassen, wodurch sich &bdquo;ein erhebliches gesundheitliches Risiko für den Bewohner ergibt“, wie es heißt. Mängel hatte auch schon der Medizinische Dienst, ehemals Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK), im September 2022 festgestellt. Unter anderem sollen demnach bei zwei Personen verordnete Medikamente nicht verabreicht worden sein. Die WTG-Behörde kommt daher zu dem Schluss: Eine Verbesserung sei in der Zeitspanne zwischen den Prüfungen des Medizinischen Dienstes und der WTG-Behörde nicht erkennbar. Ein sofortiger Aufnahmestopp sei daher ein &bdquo;probates Mittel“, um Kapazitäten bei den Pflegefachkräften freizusetzen, um die Mängel zu beheben. Mitarbeiter kümmern sich "Tag und Nacht" Sind die Mängel bis zum 31. Juli behoben, wird der Aufnahmestopp aufgehoben. Sollten die Mängel nicht beseitigt werden, könnte das theoretisch die Schließung der Einrichtung zur Folge haben, so der Kreis Lippe. Gegen den Buchenhof sei es der erste Aufnahmestopp, der verhängt worden sei. Eine Ausnahme ist die Maßnahme indes nicht. In den vergangenen drei Jahren hat die WTG-Behörde des Kreises Lippe acht Aufnahmestopps verfügt. Zu einer zwangsweisen Schließung einer Einrichtung sei es in den vergangenen Jahren aber nicht gekommen, Ausnahme ist eine ambulante Wohngemeinschaft in Detmold. Der Buchenhof sieht sich indes zu Unrecht in der Kritik. Er erkenne seine Einrichtung in dem &bdquo;äußerst oberflächlichen“ Bericht nicht wieder, schreibt Axel Edler auf Anfrage unserer Redaktion. Er führt die &bdquo;Seniorenwohnanlage Buchenhof Heimbetriebsgesellschaft Edler mbH“ mit seinen zwei Brüdern. Rund 90 Mitarbeiter kümmerten sich &bdquo;Tag und Nacht“ um gut 120 Bewohner. "Einseitig und fehlerhaft" Die Feststellungen des Kreises seien &bdquo;einseitig“ und &bdquo;in Teilen fehlerhaft“. Gegen diesen Bericht beziehungsweise die Ordnungsverfügung sei Klage vor dem Verwaltungsgericht Minden erhoben worden. Lediglich, dass die Fachkraftquote zwischenzeitlich nicht bei 50 Prozent lag, räumt er ein. Mittlerweile liege sie aber darüber. Zu den festgestellten Gewichtsverlusten bei Bewohnern schreibt er: &bdquo;Wären diese Gewichtsverluste nicht dokumentiert worden, hätte die WTG-Behörde sie nicht feststellen können. (...) Gewichtsverluste bei den Bewohnern gibt es immer wieder mal. Diese werden auch protokolliert.“ Die Gewichtsverluste könnten zudem die unterschiedlichsten Ursachen haben, seien nicht gleichzusetzen mit Mangelernährung und bedeuteten schon lange nicht fehlende Speisen- und Getränkeversorgung. Er lade dazu ein, sich die Einrichtung selbst anzuschauen.

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