Gebühren für geplatzte Reservierungen: Ziehen weitere Gastronomen in OWL nach?

Kreis Lippe. Leere Tische, geplatzte Reservierungen - Sternekoch Jan Diekjobst vom Detmolder Hof hat sogenannten No-Shows den Kampf angesagt. In seinem Lokal müssen bei Reservierungen ab sofort die Kreditkartenkartendaten hinterlegt werden. Bleiben die Gäste aus oder sagen nicht mindestens 24 Stunden vorher ab, wird die Karte mit 75 Euro pro Kopf belastet. Die Entscheidung hat für viel Aufsehen und durchaus auch Beifall von seinen Kollegen gesorgt. Ein Beispiel, das Schule machen könnte? Das Problem plagt zumindest viele Gastronomen. Im Café Outback in Detmold sind Heiligabend 60 reservierte Plätze zu den beiden angebotenen Frühstückszeiten leergeblieben, sagt Inhaber Michael Knuth. "Das ist das Extremste, was wir bisher erlebt haben." Neben klassischen No-Shows hätten etliche ihre Plätze auch erst am späten Abend zuvor gegen 23 Uhr storniert. Da waren die frischen Brötchen längst bestellt, Aufschnitt war gekauft und Personal eingeplant. 2023 will das Outback-Team die Tische deshalb bei besonderen Anlässen wie Heiligabend nur per Vorkasse vergeben - wie wenn man ein Konzertticket kauft. Das sei vor Corona bereits die Handhabe gewesen. Im normalen Tagesgeschäft kann sich Knuth das aber nicht vorstellen. "Da haben wir auch noch nicht den richtigen Weg gefunden", sagt er. "Ich kann vieles machen, aber wir sind halt keine Sternegastronomie, das passt für uns nicht." Noch dazu wäre dem Detmolder Gastronom der bürokratische Aufwand zu viel. Die einzige Konsequenz wäre es, künftig weniger Personal einzuplanen, um die Kosten aufzufangen. "Dann sind die Gäste aber nicht mehr glücklich, weil es nicht schnell genug geht", sagt Knuth. Der Gastronomie wäre deshalb schon sehr damit geholfen, wenn die Menschen mehr Bewusstsein für Reservierungen entwickelten. "Viele machen sich keine Gedanken, das ist das Problem." Ordentlicher Umsatzverlust gerade in einem kleinen Laden Birgit Neske vom Salzufler "Soultapas" in der Wenkenstraße findet Diekjobsts Entscheidung prinzipiell gut. Auch sie habe schon darüber nachgedacht. "Aber ich finde die Umsetzung schwierig", sagt sie. Sich schon bei der Reservierung alle Daten von den Gästen geben zu lassen - sie wisse nicht, ob man das als Gast so wolle und spreche da auch für sich selbst. "Das ist ein schwieriges Thema." Wobei "No-Shows" bei ihr durchaus ein Thema seien. "Dass Gäste kurzfristig absagen, kommt oft vor", sagt Neske. Im Schnitt einmal pro Woche komme ein kompletter Tisch auch schon mal gar nicht. "An manchen Tagen können es auch mehr sein." Bei ihrem eher kleinen Lokal mit nur 12 Tischen und gut 40 Plätzen falle das ordentlich ins Gewicht. "Teilweise ist dann der halbe Laden leer." Denn oft könnten geplatzte Reservierungen auch nicht mit Gästen kompensiert werden, die ohne Reservierung spontan vorbeischauten. Und damit einher gehe dann natürlich ein ordentlicher Umsatzverlust. Das Problem mit Gästen, die reservieren, aber nicht kommen, kennt man auch im Haus Berkenkamp in Hörste. Im Familienbetrieb läuft alles ausschließlich mit Anmeldungen, einen À-la-carte-Betrieb gibt es nicht. An Weihnachten blieben zwei Dreier-Tische unbesetzt, vor einigen Tagen hatte sich eine Gruppe mit 15 Personen angemeldet - als Chefin Henrike Berkenkamp vorab anrief, sagte man ihr, dass das ja "nur eine unverbindliche Anfrage" gewesen sei. Eine Gebühr zu nehmen, sei keine einfache Entscheidung. "Wir überlegen, ob wir einen Mittelweg finden, und bitten die Gäste herzlich, sich möglichst früh zu melden, wenn sich die Personenzahl ändert oder sie nicht kommen können", sagt Berkenkamp. Zudem rufe man gerade bei größeren Reservierungen vorher auch noch einmal an. Ebenfalls keine Gebühr von Gästen nehmen will Silvio Vecellio vom Bad Meinberger Restaurant "Da Silvio". Doch auch er hat Probleme. Gerade in jüngster Zeit habe es zugenommen, dass Gäste einen Tisch reservierten und nicht kamen. Dieser könne dann auch nicht besetzt werden. "Das ist ärgerlich." Wenn das Restaurant wegen der Reservierung zurückrufe, gehe oft niemand dran. Gäste vergessen einfach, sich zu melden So handhabt es auch Birgit Neske. Bei großen Tischen rufe sie immer einen Tag vorher noch einmal an, wie viele tatsächlich kommen. Und kommen Gäste, die einen Tisch reserviert haben, gar nicht, meldet sie sich im Normalfall nach einer Viertelstunde bei den Gästen telefonisch oder per SMS, um nachzufragen. Was sie dann oft hört? "Dass jemand anderes hätte absagen sollen oder man es einfach vergessen habe." Dass weniger Gäste kommen als angemeldet - diese Erfahrung macht auch das Restaurant "The Cobbler" in Detmold häufiger. Vor allem Krankheit sei dafür die Ursache. Aber dass jemand reserviert und dann gar nicht erscheint, das komme nur ein- bis zweimal im Jahr vor, sagt Chefin Annette Schuster. Man erfasse allerdings immer eine Telefonnummer für spätere Nachfragen. Eine Vorausbezahlung per Kreditkarte findet Schuster schwierig - für die Sterne-Gastronomie könne sie es hingegen gut verstehen. Aber wenn jemand von einem gutbürgerlichen Lokal eine Rechnung erhalte, weil er nicht erschienen sei, komme der Gast vermutlich nie wieder. Eine Ausnahme sei im "Cobbler" die Silvesterparty gewesen: Hier musste mit der Bestätigung laut Schuster ein Drittel des Preises vorab bezahlt werden. Wenn jemand dann drei Tage vorher absagte, musste er für das Menü und die anschließende Party zumindest die Abschlagssumme bezahlen. "Wir bekommen die Plätze so kurzfristig nicht wieder besetzt", erklärt Annette Schuster. Laufkundschaft fängt geplatzte Reservierungen auf Karsten Arning betreibt das "Stadtlicht" am Lemgoer Marktplatz. Probleme mit Gästen, die trotz Reservierung nicht erscheinen, habe er kaum, denn das Restaurant lebt vor allem von Laufkundschaft. Sobald Gäste 10 bis 15 Minuten über der geplanten Zeit seien, würden er oder seine Mitarbeiter telefonisch nachfragen. "Ohne Angabe der Telefonnummer darf bei uns erst gar nicht reserviert werden", sagt der Gastronom. Wenn sich dann herausstellt, dass die Personen nicht mehr kommen, kann der Tisch so zügig anderweitig vergeben werden. "Wir kriegen den Tisch also meistens trotzdem noch besetzt, falls jemand absagt." Außerdem bitte man die Gäste mit größeren Tischen, einen Tag vorher noch einmal die genaue Personenzahl telefonisch durchzugeben. Wobei Arning große Gruppen gar nicht mehr annimmt: "Maximal zwölf Leute pro Tisch, das ist besser handlebar." So ärgerlich das Ganze am Ende für die Gastronomen ist: Birgit Neske ist sich sicher, dass diese "No-Shows" manchmal gar keine böse Absicht sind. "Die Leute denken einfach nicht darüber nach", sagt sie. Neske würde sich deshalb wünschen, dass die Menschen künftig noch stärker dafür sensibilisiert werden, was es für die Gastronomen bedeutet, wenn die Gäste unverhofft ausbleiben.

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