Missbrauchsfall Lügde

So äußert sich die Polizeigewerkschaft zu Innenminister Reul

Im Missbrauchsskandal urteilen Experten über das Engagement des Ressortchefs für die Belange der Beamten. Weitere Behausung auf dem Campingplatz wurde abgerissen.

Herbert Reul (CDU) geht bei der Eröffnung einer neuen Trainigsstätte der Polizei durch die Anlage. | © picture alliance/dpa

Matthias Bungeroth
18.04.2019 | 18.04.2019, 20:13

Detmold/Bielefeld. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnt trotz zahlreicher Ermittlungspannen im Missbrauchsfall Lügde einen Rücktritt des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU) ab. Ähnlich äußert sich auch der Bielefelder Rechtsanwalt Peter Wüller, der in diesem Fall vier Opfer in der Nebenklage vertritt.

„Herbert Reul hat in seiner bisher knapp zweijährigen Amtszeit mehr für die Polizei NRW umgesetzt und erreicht, als einige seiner Vorgänger in längeren Zeiträumen", erklärt dazu Michael Kling, stellvertretender Vorsitzender des GdP Bezirksverbandes Detmold. Von daher kämen Rücktrittsforderungen aus den Reihen von SPD und Grünen „zur Unzeit", so Kling.

Unterfinanziert und kaputtgespart

„Man will anscheinend aus dieser schwierigen Phase politisches Kapital schlagen, wohl wissend, dass man an der derzeitigen Situation durch eigenes Regierungshandeln in zurückliegenden Legislaturperioden ebenfalls Verantwortung trägt", fügt Kling hinzu. Die Polizei im Land sei seit mehr als 20 Jahren stark unterfinanziert und kaputtgespart worden, so der stellvertretende GdP-Bezirkschef. Deshalb stießen die Behörden „bei außergewöhnlichen Situationen schnell an ihre Grenzen". Zwar würden seit einigen Jahren neue Kolleginnen und Kollegen eingestellt worden, doch ihre Ausbildung an der Fachhochschule dauere drei Jahre.

„An dieser Stelle muss es jetzt um die politische Sacharbeit gehen", fordert Kling. „Die seit 2017 eingeführte Prozessbegleitung für Missbrauchsopfer weist noch Schwächen auf, die Opfer drohen erneut aus dem Blickpunkt des allgemeinen Interesses zu geraten."

"Er ist nicht distanzlos"

Auch Rechtsanwalt Peter Wüller, der vier Nebenkläger in dem Fall vertritt, sagt: „Ich persönlich finde das, was Herr Reul macht, gut und richtig." Der Minister gehe nach dem Grundsatz vor, Fehler zu benennen, die passiert seien. „Er ist nicht distanzlos", so Wüller, sondern setze sich dafür ein, dass nicht noch mehr unter den Teppich gekehrt werde.

Unterdessen wurde auf dem Campingplatz in Lügde die Behausung eines weiteren Verdächtigen abgerissen. Die Polizei war diesmal vor Ort dabei, wie es in einer Erklärung der Bielefelder Polizei heißt. Die Arbeiten seien mit dem Einverständnis der Angehörigen von Mario S. erfolgt.

Die Staatsanwaltschaft Detmold relativierte den Wortlaut einer Erklärung, wonach gegenüber der Presse keine Fragen zum Verfahren mehr beantwortet würden, die Rückschlüsse auf eine Anklage zuließen. Andere Fragen würden auch weiterhin beantwortet, sagte Oberstaatsanwaltschaft Ralf Vetter auf Anfrage.