Weitere Panne?

Missbrauchsskandal Lügde: Polizei soll Schuppen übersehen haben

Bei Abrissarbeiten waren weitere Datenträger auf dem Campingplatz in Lügde gefunden worden

Die zum Teil abgerissenen Parzelle des mutmaßlichen Täters auf dem Campingplatz in Lügde. | © picture alliance/dpa

16.04.2019 | 16.04.2019, 13:28

Lügde (dpa). Nach dem erneuten Fund von Datenträgern bei Abrissarbeiten am mutmaßlichen Tatort des Missbrauchsfalls von Lügde ermittelt die Polizei zu den Hintergründen. Insgesamt handele es sich um 11 Videokassetten, eine CD und eine Mini-CD, über deren Fund der Abrissunternehmer die Polizei am Montag informiert habe, teilte die Polizei mit. Zuvor hatten die Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR berichtet.

"Keine strafrechtlich relevanten Inhalte"

Nach einer ersten Durchsicht enthielten die Datenträger „keine strafrechtlich relevanten Inhalte, sondern Unterhaltungssendungen", teilte die Polizei mit. Die Herkunft war zunächst unklar. Ob Unbekannte die Datenträger in dem Container abgelegt hätten, sei Gegenstand von Ermittlungen. Dass die Datenträger aus der Behausung des Hauptverdächtigen Dauercampers stammten, schlossen die Ermittler aus.

Auf dem Campingplatz in Lügde soll der 56-jährige Dauercamper mit einem Komplizen (33) über Jahre hinweg Kinder missbraucht und dabei gefilmt haben. Die beiden Verdächtigen sowie ein 48-Jähriger aus dem niedersächsischen Stade sitzen in Untersuchungshaft.

Späte Durchsuchung eines Schuppens

Die Datenträger seien „obenauf in einem Container aufgefunden worden, in dem Abrissschutt von der Parzelle des Hauptbeschuldigten zur Entsorgung abgeladen worden war", hieß es. Zudem informierte die Polizei über einen Geräteschuppen „wenige Meter von der bekannten Parzelle des Hauptbeschuldigten entfernt", der bislang „nicht Gegenstand polizeilicher Ermittlungen" gewesen sei. Es hätten keine Erkenntnisse vorgelegen, „dass dieser Schuppen dem Hauptbeschuldigten zuzuordnen ist."

Ein eingerissener Teil der Parzelle des Hauptverdächtigen. - © Silke Burmester
Ein eingerissener Teil der Parzelle des Hauptverdächtigen. | © Silke Burmester

Dem Bericht von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung zufolge sagte der Campingplatzbertreiber jedoch, er habe der Polizei schon frühzeitig gesagt, dass der Schuppen Teil der Parzelle des Hauptverdächtigen sei. Die Reporter hätten am Montag bei der Polizei Bielefeld angefragt, ob der Schuppen durchsucht worden sei. Polizei und Staatsanwaltschaft hätten die Frage zunächst nicht beantwortet, am Montagabend jedoch mitgeteilt, den Schuppen durchsucht zu haben.

Erst vor wenigen Tagen hatten Arbeiter in einem Hohlraum im Holzboden des Wohnwagens des Hauptbeschuldigten 56-jährigen Dauercampers eine CD und zwei Disketten gefunden, die von der Ermittlern zuvor nicht entdeckt worden waren. Hinweise auf weitere Opfer hatten die Ermittler nach Angaben der Polizei Bielefeld vom Montag auf den Datenträgern nicht entdeckt. „Aufgrund von Beschädigungen lässt sich aktuell lediglich eine CD teilweise auslesen", hieß es in einer Mitteilung über diesen Fund.

Innenminister unter Druck

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) steht wegen der pannenreichen Ermittlungen zunehmend unter Druck. Am Wochenende hatte der innenpolitische Sprecher der SPD im nordrhein-westfälischen Landtag, Hartmut Ganzke, den Rücktritt Reuls gefordert. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Verena Schäffer, hatte erklärt: „Er hat die Aufklärung zu seinem Projekt gemacht - daran muss er sich messen lassen."