Sexualverbrechen Lippe

Missbrauchsskandal Lügde: Weiterer Camper unter Verdacht

Eine 15-Jährige soll im April 2018 von einem Mann aus Steinheim auf der Anlage „Eichwald“ vergewaltigt worden sein. Die Ermittlungen dazu sind damals eingestellt worden, die Mutter erhebt schwere Vorwürfe

Der Campingplatz "Eichwald" in Lügde-Elbrinxen soll der Tatort von über 30 Fällen sexuellen Missbrauchs an Kindern sein. | © Vera Gerstendorf-Welle

26.02.2019 | 26.02.2019, 14:22

Lügde. Im Fall um den jahrelangen Missbrauch auf dem Campingplatz „Eichwald" sitzen derzeit drei Männer in Untersuchungshaft. Inzwischen verdichten sich Hinweise, dass ein weiterer Dauercamper unter Missbrauchsverdacht stand. Das haben gemeinsame Recherchen der Lippischen Landes-Zeitung mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) ergeben.

Camper soll 15-Jährige vergewaltigt haben

Demnach soll der Camper aus Steinheim im April 2018 eine 15-Jährige vergewaltigt haben. Der Fall wurde zur Anzeige gebracht, doch die Ermittlungen sind eingestellt worden.

Schwere Vorwürfe erhebt indes die Mutter der inzwischen 16-Jährigen gegen die Detmolder Polizei. „Man hat uns nie Gründe genannt, weshalb nichts unternommen wurde", sagt Michaela Vandieken aus Lügde, deren Familie selbst viele Jahre einen Stellplatz auf dem Campingplatz hatte.

Tatverdächtig war ein Dauercamper aus Steinheim

Oberstaatsanwalt Ralf Vetter bestätigt den Fall: „Es hat Ermittlungen dazu gegeben." Warum diese eingestellt wurden, könne er hingegen momentan nicht sagen. „Das kann damit zu tun haben, dass es keine hinreichenden Beweise gab oder die Zeugin nicht glaubwürdig war", sagt Vetter. Der Fall werde aber inzwischen von der EK Eichwald erneut überprüft.

Bei dem mutmaßlichen Tatverdächtigen im damaligen Fall handelt es sich um einen ebenfalls aus Steinheim stammenden Dauercamper, der mit dem in Untersuchungshaft sitzenden Verdächtigen Mario S. befreundet sein soll und deren Parzellen nah beieinander liegen.

"Sie kann sich noch daran erinnern"

„Er war immer dabei und hat mit den Kindern rumgetobt", erinnert sich Michaela Vandieken. Da sich ihre Familien viele Jahre vom Campingplatz kannten, habe die Hausfrau ihre 15-jährige Tochter ohne Sorgen bei ihrem mutmaßlichen Peiniger übernachten lassen. Schließlich hätten dort immer viele Kinder Zeit verbracht – darunter auch die eigenen Enkelkinder des Steinheimers.

Bei einem Grillabend im April soll ihre Tochter dann von dem Mittvierziger „mit Alkohol abgefüllt und mit K.o.-Tropfen ruhig gestellt" worden sein. So vermutet es die Mutter. „Sie kann sich noch daran erinnern, wie der Täter sich auf sie legte und Mario zuschaute", sagt die 39-Jährige. Ihre Stimme bricht bei der Erinnerung mehrfach. Das Mädchen habe sich nicht wehren können.

"Tochter leidet an Schlafstörungen"

Erst drei Wochen später habe die heute 16-Jährige sich ihrer Mutter anvertraut. „Wir sind direkt zum Jugendamt nach Blomberg – und die haben uns zur Polizei nach Schieder-Schwalenberg geschickt." Dort hätten die Beamten die Anzeige aufgenommen und an die Kollegen in Detmold weitergegeben, berichtet die Mutter. Die Jugendliche sei daraufhin vier Mal vernommen worden, doch zu einem Verfahren kam es nie. „Ich habe nicht mal ein Aktenzeichen bekommen", sagt Vandieken.

Gerade das bräuchte die Mutter aber, um Hilfe beim Opferschutz zu bekommen. „Meine Tochter leidet noch immer unter schlimmen Schlafstörungen." Die Familie der 39-Jährigen habe bis vor drei Jahren selbst auf dem Campingplatz gelebt – ihr Vater sei sogar ein guter Freund des Hauptverdächtigen Andreas V. gewesen, der mindestens 31 Kinder auf dem Platz missbraucht haben soll.

"Viele müssen weggeschaut haben"

„Viele müssen weggeschaut haben", ist sich die vierfache Mutter sicher. Sie selbst sei als Elfjährige von Andreas V. mehrfach unsittlich angefasst worden, die Erinnerungen seien durch das schreckliche Erlebnis ihrer Tochter wieder hochgekommen. „Ich habe es damals meinem Vater und meiner Oma erzählt – doch keiner hat mir geglaubt", sagt Vandieken.

Über mehrere Jahre hinweg soll der „Freund" der Familie, Andreas V., sich an ihr vergangen haben, als 15-Jährige habe sie sogar für ein paar Monate bei ihm leben müssen. Ihre Tochter habe zu Andreas V. nie Kontakt gehabt. Und dennoch habe sie auf dem Campingplatz „Eichwald" ein ähnliches Schicksal erlitten.