
Detmold. Der Asservaten-Zettel war noch da, doch von 155 CDs und DVDs und einem Metallkoffer fehlt jede Spur: Erst als die Beweismittel im Missbrauchsfall von Lügde bei der Kripo Detmold von einem Raum in einen anderen transportiert werden sollten, fiel auf, dass etwas fehlte. Das war Ende Januar. Seither suchten zunächst Lipper und Bielefelder Polizisten fieberhaft nach den Beweisstücken. Inzwischen hat NRW-Innenminister Herbert Reul Beamten des Landeskriminalamtes diese Aufgabe übertragen – denn es könnte sich um durchaus brisantes Material handeln.
Es gibt keine Kopien, keine Vermerke
Oberstaatsanwalt Ralf Vetter erfuhr ebenso wie Landrat Axel Lehmann als polizeilicher Behördenleiter erst zwei Wochen später von dem Verlust – ein Debakel. Denn: Lediglich drei von 155 Datenträgern waren bei der letzten Sichtung am 20. Dezember ausgewertet worden, darauf Fotos eines schlafenden Mädchens, Filme, Tauchbilder und Software. Niemand weiß, was auf den übrigen CDs und DVDs zu sehen ist. Es gibt keine Kopien, keine Vermerke.
„Wir können nicht ausschließen, dass sich auf den CDs das ein oder andere Beweismittel befunden haben könnte, welches bislang unbekannte Taten zeigt", sagte Vetter.
Verschwundene Beweise im Dezember zuletzt bearbeitet
Sollten die Asservate nicht wieder auftauchen, blieben diese Taten möglicherweise bis ans Ende unentdeckt – und möglicherweise auch weitere Täter. Dass die Beweisstücke gefunden werden, hält der Oberstaatsanwalt inzwischen für recht unwahrscheinlich. Die Dinge waren am 6. Dezember in der Unterkunft des Hauptverdächtigen Andreas V. auf dem Campingplatz in Elbrinxen beschlagnahmt worden.
Kurz vor Weihnachten waren sie zuletzt bearbeitet worden. Sie lagerten im Regal eines Auswerteraums der Polizei Detmold – offenbar ungesichert. Auswirkungen auf den möglichen Strafprozess gegen die bislang drei Verdächtigen, die in Untersuchungshaft sitzen, fürchtet Vetter trotz des Datenverlustes nicht: Schon jetzt hätten die Ermittler genügend Beweise gegen Andreas V., unterstrich er.
Dass Asservate in laufenden Ermittlungen verschwinden, ist laut Ralf Vetter nicht unüblich: Immer wieder würden Sachen falsch oder gar nicht dokumentiert werden, vieles tauche aber später wieder auf. Weil vermutet wurde, dass die vermissten Datenträger versehentlich mit Asservaten aus anderen Verfahren vermischt und an die dafür zuständigen Stellen abgegeben wurden, suchten die Ermittler auch bei der Kripo Detmold und der Detmolder Staatsanwaltschaft. Ohne Erfolg.
Genügend Beweise gegen Andreas V.
Für Vetter gibt es dennoch keinen Anlass, von einer vorsätzlichen Tat auszugehen, um Taten zu vertuschen oder weitere Täter zu verheimlichen.Die Sonderermittler des LKA drehen derzeit die Büros der Polizei Detmold auf links, um die Beweismittel zu finden. Wegen der „eklatanten Fehlleistungen" hat Landrat Axel Lehmann Kripo-Chef Wolfgang Pader suspendiert. Er schloss auch weitere Konsequenzen nicht aus.
Interne Ermittlungen gebe es derzeit nicht, sagte Vetter. Bei dem „leisesten Verdacht einer Straftat" würden diese jedoch aufgenommen.