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Leopoldshöhe. Das Gewusel ist noch halbwegs geordnet, in Zweierreihen gehen die Schülerinnen und Schüler der Klasse 5.2 vom Klassenzimmer zum Musikraum. Vorneweg Killian – in den Händen von Luis. Killians Mitschüler trägt einen Avatar, mit dem Killian digital verbunden ist. Er sieht und hört, was seine Klasse und die Lehrer machen, er kann sich melden, digital Arbeitsblätter ausfüllen, Fragen stellen. Killian ist derzeit im Krankenhaus. Diese Art des digitalen Unterrichts hat Klassenlehrerin Mareike Puchert ins Spiel gebracht, als klar war, dass Killian längere Zeit fehlen wird. Wegen der Diagnose Leukämie. Wenige Wochen nach Schuljahresbeginn im Sommer. Zum zweiten Mal in seinem jungen Leben.Also wieder lange Fehlzeiten, wieder Sorgen, Nöte, Ängste, Chemotherapie, Kampf. Wieder herausgerissen werden aus dem Alltag als Kind und Schüler. Dabei war er zuvor schon einmal wegen der ersten Krebserkrankung zurückgestellt worden in der Eingangsphase zur Sekundarstufe I, schon damals war es ein neuer Anfang. Die Schule wollte etwas tun, dabei helfen, dass nicht wieder ein schier unaufholbarer Lernrückstand entsteht, nicht noch einmal eine Klassenwiederholung droht.Verein Sterntaler hilft bei der Anschaffung Mareike Puchert hatte schon einmal von diesen Avataren gehört, die den Kontakt zu Schule und Unterricht ermöglichen und stellte die Idee vor. Zusammen mit ihrem Kollegen und ebenfalls Klassenlehrer Christian Andres fragte sie beim Verein &bdquo;Sterntaler – Hilfe schwerkranke Kinder in Ostwestfalen-Lippe“ in Paderborn nach, ob der Verein bereit wäre, die Kosten für den Avatar zu übernehmen. Der Verein stimmte zu.Der AV1 sieht aus wie ein Roboterkopf mit schmalen Schultern und steht nun auf einem Schultisch. Das Lehrerkollegium, die Eltern und die Schüler hätten &bdquo;unglaublich schnell zugestimmt“, dass dieses Unterrichtsmodell für Killian starten könne, erklärt Mareike Puchert. Distanzunterricht der besonderen Art. Am Anfang sei es noch etwas ungewohnt gewesen, das habe sich aber schnell gegeben. Inzwischen habe Killian einen festen Platz &bdquo;in unserer Mitte gefunden, und wir freuen uns sehr, wenn er in unseren Unterricht reinzappt“, sagt Mareike Puchert. Das ist nicht immer der Fall. Wenn es Killian nicht gut geht, bleibt der Avatar aus. Heute nicht. &bdquo;Killian ist da!“, rufen mehrere Kinder fast gleichzeitig. Und bei dem Roboter ist das Sprachbild von den leuchtenden Kinderaugen ausnahmsweise passend – der 12-Jährige hat sich zugeschaltet, das zeigen die nun beleuchteten Augen des Roboters.Mit Mütze (Mitschüler Jaden Tom: &bdquo;Die ist stylish!“) und Maske ist der Kopf des Avatars bedeckt. Das würde Killian ja auch tragen, säße er hier. Von einem Tablet oder Laptop kann er via App den Avatar im Krankenhaus steuern, seinen Kopf drehen, ihn zu einem Arbeitsblatt senken, damit hören und sehen, was im Klassenzimmer abgeht. Und sich selbst zu Wort melden. &bdquo;Gut“ geht es ihm heute, sagt er. Kurz und knapp. Erst vor Kurzem wurde ihm eine Knochenmarkspende transplantiert. Es war nicht klar, ob er an diesem Tag am Unterricht teilnehmen könne, wie seine Mutter zuvor gesagt hat. Es hat geklappt.Zur Visite schaltet Killian den Avatar stumm Im Musikraum geht es nun um die C-Dur-Tonleiter. Auf einem Arbeitsblatt sollen die Schüler die korrekte Folge der Töne auf einem Glockenspielmuster eintragen. Meist bekommt Killian die jeweiligen Arbeitsblätter als PDF, dieses Mal nicht, also schaut er via Avatar seinem Mitschüler Luis über die Schulter. Und der erklärt alles gerne noch einmal. Zwischendurch musste sich Killian einmal stummschalten – es war Visite im Krankenhaus. Als die Klasse im Dezember das Weihnachtsmärchen im Bielefelder Stadttheater angesehen hat, war Killian mit seinem Avatar auch dabei. Für die nötige Internetverbindung war gesorgt, einen persönlichen Gruß vom Theaterensemble gab es obendrauf. In den Pausen spielt er manchmal mit einigen Klassenkameraden, Memory geht gut zum Beispiel. Bei gutem Wetter nehmen die Schüler den Avatar auch mit auf den Schulhof. Von Zeit zu Zeit werde getauscht, wer neben Killians Avatar sitzt, erklärt Mareike Puchert, oder wer ihn von Raum zu Raum trägt.Und wie finden seine Mitschüler das alles? Hände schnellen nach oben, fast alle wollen etwas sagen. Eine Auswahl: Es sei gut, &bdquo;dass Killian einen Platz im Krankenhaus bekommen hat“, sagt Sitznachbar Luis. Und wenn er selbst manchmal nicht so gut arbeiten könne, &bdquo;kann Killian mir helfen“. Jaden Tom findet es auch gut, &bdquo;das ist ja auch mal was ganz Neues – und es wäre blöd, wenn er allein wäre“. Seine Mitschüler und die Lehrer drücken die Daumen, dass er so &bdquo;die Klasse nicht wiederholen muss“, wie Sydney sagt. Und Maike ergänzt: &bdquo;Bildung ist ja das Zweitwichtigste.“ Und das Wichtigste? &bdquo;Gesundheit.“

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