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Leopoldshöhe. Einige Schrankfächer sind schon ausgeräumt, in anderen sind Berichte und Dokumentationen gestapelt, die Gerhard Schemmel für seinen Nachfolger liegenlassen möchte. Ende des Monats verlässt er das Bürgermeister-Büro im Rathaus und geht in den Ruhestand. Einen kleinen Kerl nimmt er auf jeden Fall mit. &bdquo;Sie müssen wissen, dass ich Riesengebirgs-Botschafter bin“, sagt der 66-jährige Noch-Bürgermeister, dessen Amtszeit offiziell am 31. Oktober endet, und lacht. Er greift hinter sich und hebt eine hölzerne Rübezahl-Figur vom Schrank, die hinter seinem Schreibtisch steht. Diesen kleinen Kerl habe ihm der damalige Bürgermeister von Myslakowice überreicht, Leopoldshöhes Partnergemeinde. Seit 21 Jahren besteht diese Partnerschaft. So lange wie Gerhard Schemmel Bürgermeister ist. Eine &bdquo;tolle Entwicklung“ habe diese Freundschaft mit der polnischen Stadt und seinen Einwohnern genommen. Regelmäßig ist er dort hingefahren mit verschiedenen Gruppen aus Leopoldshöhe. Hat in seiner Zeit &bdquo;drei Bürgermeistergenerationen“ erlebt, Land und Leute kennengelernt, Gespräche geführt. Er hat auch erklärt, wie die deutsche Gemeinde mit geflüchteten Menschen umgeht, wie sie ihnen ein neues Zuhause, eine Perspektive, Unterstützung bietet. Verwunderung, Kopfschütteln, aber auch Respekt erntete er. Auf Menschen zugehen, zuhören, miteinander sprechen, eine Lösung suchen, wenn es Probleme gibt. Das habe er immer beherzigen wollen. Auch wenn sein Start als erster von den Bürgern gewählter hauptamtlicher Bürgermeister 1999 nicht einfach war. In die Stichwahl ist es gegangen damals. In der Stichwahl am damaligen Kandidaten der CDU vorbeigezogen Die CDU hatte sich gute Chancen für ihren Kandidaten ausgerechnet, im ersten Wahlgang bekam er noch mehr Stimmen als Schemmel. Bei der Stichwahl zog Schemmel vorbei. Die Anfangszeit im Rat war geprägt von hart geführten Auseinandersetzungen, auch persönlich musste Schemmel viel einstecken. Gerhard Schemmel wischt symbolisch mit der Hand durch die Luft. Vergessen sei das längst. Zumal es in den vergangenen Jahren gut gelaufen sei. Die Leopoldshöher Politiker hätten sich – auch bei kontrovers diskutierten Themen – auf eine Sachauseinandersetzung verständigt. Um eine konsensfähige Lösung zu finden. Viele Entscheidungen der vergangenen Jahre fielen dementsprechend einstimmig oder zumindest mit einer deutlichen Mehrheit aus. Und das sei genau richtig, sagt Schemmel heute. Denn das erwarte der Bürger ja auch, zu Recht, wie er findet. Ausgesprochener Treckerfreund Einen Konsens erreichen, eine Lösung finden, mit der zumindest die Mehrheit der Bürger gut leben kann, das sei immer sein Ziel gewesen. Und dafür sei er auf die Menschen zugegangen. Auf alle. Auch wenn sie nicht sein Parteibuch hatten oder – so wie er – ausgesprochene Treckerfreunde sind. Gerhard Schemmel lächelt. Nach seiner Wahl damals habe er sich bei den Landwirten vorgestellt, die ja nicht gerade verdächtig sind, seit Urzeiten mit den Genossen verbandelt zu sein. Es lief besser als gut. Und daraus ist dann sogar eine Herrenrunde entstanden, die bis heute in Freundschaft verbunden sei. Man müsse sich immer wieder den neuen Entwicklungen stellen, sagt der noch amtierende Bürgermeister. Sich reinfuchsen in Themen, mögen sie auch noch so neu, fremd, speziell sein. Für das Bürgermeisteramt gebe es ja &bdquo;keine Blaupause“, keine Handreichung, wie man es am besten macht. Die Gemeindeordnung gibt den Rahmen vor. Das war es dann auch schon. Er war oberster Dienstherr der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung. Und habe sich, wie er selbst sagt, an seinem ersten Tag damals &bdquo;wohl etwas ungelenk“ verhalten. Als er den damaligen Amtsleitern seine neuen Ideen präsentierte. Respekt habe er schon gehabt vor dieser neuen Aufgabe. Auch wenn er sich als ausgebildeter Sozialpädagoge mit Zusatzqualifikation in Konfliktmanagement und Supervision gut gerüstet fühlte. &bdquo;Kommunikation liegt über allem drüber.“ Und so sei im Laufe der Jahre ein sehr kollegiales Miteinander entstanden. &bdquo;Und sie haben mich mit meinen Macken akzeptiert.“ Viele Weggefährten aus der Kommunalpolitik schätzen seine Art. Ob in Diskussionen, bei der Sitzungsleitung oder auch bei repräsentativen Terminen. Direkt, sachlich, wo es nötig ist, auch unnachgiebig. Ebenso zugewandt und freundlich, frei sprechend, gerne lachend und auch mit dem Sinn für besondere Aufmerksamkeiten. Hermann Graf von der Schulenburg bekam zum Richtfest auf dem Meisenhof ein im Bauhof gefertigtes Vogelhäuschen. Darauf hatte Schemmel den Schriftzug &bdquo;Meisenhof“ einbrennen lassen. Das kam beim Bauherren sehr gut an. Gerhard Schemmel hat einiges auf den Weg gebracht oder mitgestaltet für die Gemeinde. Die Leopoldshöher Bürgerstiftung, die Bürger-Solar-Genossenschaft (&bdquo;da habe ich heute noch Anteile“), die Stadtwerke Lippe-Weser zusammen mit einigen Anrainerkommunen Leopoldshöhes. Mit diesem Stadtwerke-Verbund sei es seinerzeit gelungen, die Energieversorgung der Bürger in den beteiligten lippischen Kommunen unabhängig von den Riesen der Branche zu gewährleisten. Ob er heute etwas anders machen würde? Gerhard Schemmel zögert etwas. &bdquo;Mit Abstand betrachtet, hätte ich manchmal etwas mutiger sein können.“ Aber insgesamt, nein, &bdquo;absoluter Mist“ war nicht dabei. &bdquo;Ich bin jeden Tag gerne ins Büro gekommen.“ Nun sei es Zeit, Abschied zu nehmen von diesem Büro und seinem Amt. Und seinem Nachfolger Martin Hoffmann alles möglichst gut zu übergeben. Eine Empfehlung hat er noch für ihn. Es sei hilfreich, sich das aufzuschreiben, was man sich vorgenommen und welche Ideale und Ziele man habe. Man müsse immer bereit sein, sich zu verändern, um Entwicklungen mitgestalten zu können. Aber seine Ideale sollte man immer weiter beherzigen. &bdquo;Wir wollen doch das Gleiche, nämlich Gutes für die Menschen“ Zur ev.-ref. Kirchengemeinde neben dem Rathaus gab es anfangs weniger Kontakt, seit einigen Jahren aber eine gute Zusammenarbeit. Einmal im Jahr setzten sich die Pfarrer und Gerhard Schemmel zu einem ausgedehnten Arbeitsessen zusammen, um alles zu besprechen. &bdquo;Wir wollen doch das Gleiche, nämlich Gutes für die Menschen“. Das kann auch mal bedeuten, dass Kirchengemeinde und Verwaltung gemeinsam einen Bus chartern, um Heiligabend nach Bielefeld zu fahren. 2011 war das. &bdquo;Wir sind damals dem Aufruf des ,Bündnisses gegen Rechts gefolgt und haben gegen einen Neonnazi-Aufmarsch protestiert.“ Das ist so ein Beispiel für die Sache mit den Idealen. Eine große Abschiedsfeier wird es wohl nicht geben. Wegen Corona. Dass das &bdquo;schon komisch ist“, wolle er nicht abstreiten. Nicht zu ändern. Einige Ämter behält er, bleibt weiter aktiv bei der Bürgerstiftung und der Arbeiterwohlfahrt. &bdquo;Es kommen auch neue Anfragen.“ Auf mehr Zeit mit seiner Familie, mit seinen drei Enkeln, darauf freue er sich. Und auf mehr Schrauber- und Bastelstunden für seine Trecker. Dabei schließt sich der älteste Enkel dem Opa sehr gerne an. Auch das ist ideal.

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