Flotte Flitzer im Carbonkostüm: Mit Velomobilen im Kreis Höxter unterwegs

Willebadessen-Helmern. &bdquo;Are you aliens?“, die vorsichtig vorgebrachte Frage einer älteren Dame klingt ihm im Kopf von der Schottland-Tour nach. Fritz Horsthemke schmunzelt. Von einem anderen Stern sicherlich nicht, aber für die meisten Menschen wohl schon ein bisschen fremd. &bdquo;Velonauten“, nennt Horsthemke dann die nicht allzu weit entfernte selbstgewählte Bezeichnung in der Szene und schiebt das Velomobil wieder zurück ins Dunkel der Garage. Weltweit gebe es rund 5.000 Liebhaber dieses stromlinienförmigen Liegerads, schätzt er. &bdquo;Darunter aber nur ein Fünftel Frauen“, fügt kritisch Brigitte Stammschröer an. Eine Gemeinde, die den Austausch und das Miteinander pflegt und natürlich vom schnittigen Dreirad schwärmt. Vormals leidenschaftliche Tandemfahrer, stieg das Ehepaar aus Helmern vor fünf Jahren aufs Velomobil um. Eine kurze Probefahrt hatte genügt und gleich überzeugt. Bequem, schnell und sicher sei es, sagen die beiden. Gegenüber einem schmalen Normalrad, oftmals schwarz, seien Velomobile &bdquo;breit, quietschbunt und mit einer fetten Beleuchtung ausgestattet“. Zu breit für die meisten Radwege. Die Hülle aus Carbon macht das Rad, das ein bisschen an ein U-Boot erinnert, aerodynamisch und schnell. Auf der Straße achten Autofahrer das exotische Gefährt, überholen, wenn sie die Rücklichter erblicken, im weiten Bogen und rauschen nicht wie so oft achtlos nah am Radler vorbei. Und am Straßenrand zückt so mancher das Smartphone für ein Foto. Kalender für den guten Zweck entstehen Fotos mag Horsthemke. Er bringt einen Kalender mit eigenen und aus dem Freundeskreis zugesandten Bildern heraus, verkauft ihn für den guten Zweck. Vom 2023er Exemplar erhielten die Westfälischen Kinderdörfer 5.000 Euro aus dem Erlös. Ob Einkauf oder große Urlaubstour: Das Velomobil sei sowohl alltagstauglich, als auch für die kilometerlange Reise geeignet, sagt Horsthemke. Dann werden Zelt, Schlafsack, Kocher, Kleidung, Lebensmittel, Ersatzteile und Werkzeug im Fahrzeug sorgsam verteilt. Auch ein kleiner Campingstuhl finde beim &bdquo;Gepäck-Tetris“ noch ein Plätzchen, sagt Stammschröer. Dann bringt das Gefährt auch mal gut 45 Kilo auf die Waage. Inklusive Pedelec-Motor und Akku bei ihr, ergänzt Stammschröer. &bdquo;Fahrbereit wiegt es ohne die elektrische Unterstützung 22 Kilo“, sagt Horsthemke zum Vergleich. Sie stecken in den Vorbereitungen Sie stecken in den Vorbereitungen: Ende des Monats geht’s hinauf zum Nordkap und über Finnland wieder zurück nach Helmern. Mehrwöchige Touren sind die beiden gewohnt, Schottland, Schweden, Frankreich, Italien und die Schweiz gehörten zu ihren Zielen. &bdquo;Quer durch die Alpen“, sagt Horsthemke. Der 60-Jährige liebt und sammelt Höhenmeter. Den Berg hinauf, den Berg herunter: Ab Donnerstag, 15. Juni, im Harz der Brocken und der Wurmberg, im Weserbergland der Köterberg, in Hessen die Wasserkuppe und der Hohe Meißner, im Sauerland der Kahle Asten sein, um nur die höchsten Berge der &bdquo;Super-Hexe“ zu nennen, die Horsthemke ins Leben rief und seit einigen Jahren organisiert. Eine Art Prüfung, daher auch unter &bdquo;Brevet“, Schweizerisch für Zeugnis, Urkunde, geführt. &bdquo;1.200 Kilometer, 11.500 Höhenmeter, in diesem Jahr mit vier Teilnehmern“, sagt der freiberuflich als Coach in der Personalentwicklung von Unternehmen tätige Psychologe. Die eigenen Grenzen ausloten Start und Ziel, das Basecamp der drei zu fahrenden Touren zu 200, 400 und 600 Kilometer wird der idyllisch gelegene Ort Helmern sein. Der Ehrgeiz ist geweckt. &bdquo;Sportlich und immer mit Kletterei verbunden.“ Doch werde ein jeder dabei &bdquo;nur gegen sich selbst fahren, seine eigenen Grenzen ausloten“. Am Samstagabend oder Sonntag wird nach dem Eintreffen aller zum Abschluss des Mega-Marathons gegrillt. Im Velomobil liege der Fahrer entspannt, erklärt Stammschröer. Die Beinmuskulatur werde anders beansprucht als beim Normalrad, ergänzt Horsthemke. Nach 1.000 Kilometern habe sich beim Einsteiger die Muskulatur umgestellt. Eine angenehme Art zu radeln, &bdquo;ohne Rückenschmerzen, taub werdenden Händen und Druckstellen vom Sattel“, betont die gelernte Diplom-Kauffrau. Sie leben ihre Passion Stammschröer und Horsthemke schlicht als begeisterte Radler zu bezeichnen, wäre zu wenig. Sie leben ihre Passion, die Velomobil heißt. Die ersten haben sie für rund 2.000 Euro erstanden und wieder flott gemacht, sagt Horsthemke. Ein gutes Gebrauchtes gebe es ab 3.000 Euro, nach oben führe der Weg aber schnell in den fünfstelligen Bereich. &bdquo;Laminiertes Carbon und handgemacht“, nennt er als Stichworte. In langer Reihe seien sie zwischen Weihnachten und Neujahr in den Niederlanden anzuschauen, gibt Horsthemke einen Tipp. Bis zu 150 Teilnehmer: Der bunte Lindwurm der &bdquo;Olliebollentocht“ sei schon eine echte Show. Im Schnitt bringen die Fahrer der Velomobile ein Tempo von 25 bis 40 Stundenkilometer auf den Asphalt der Straßen. &bdquo;30 bis 50 Prozent schneller als ein Rennrad bei gleich getretener Leistung“, bilanziert Horsthemke die Windschnittigkeit. Die Geschwindigkeit, das Dahingleiten fasziniere. Deswegen seien auch lange Distanzen gut möglich. Viele pendelten mit dem alternativen Fahrzeug zur Arbeitsstelle hin und zurück. &bdquo;Im Velomobil werden auch längere Pendlerstrecken zum Vergnügen“. In den Wintermonaten reiche dünnere Kleidung, sagt Stammschröer. Auf dem Kopf unterm Helm eine Mütze. Regen? Kein Thema. Neoprendeckel auf die Luke gespannt, das Dach geschlossen. Einen Nachteil nennt sie dann doch: &bdquo;Die Suche in der City nach einem Stellplatz.“ Sie fährt bis zu 10.000 Kilometer im Jahr, er das Doppelte Bis zu 10.000 Kilometer stehen im Schnitt bei Brigitte pro Jahr auf dem Tacho, der Gatte bewältigt das Doppelte. &bdquo;Je nachdem, wie Zeit ist“, sagt er. Wenn Zeit ist, schraubt er auch gern am Fahrzeug, optimiert das ein oder andere. 3,50 Meter misst die Kette insgesamt zwischen Tretlager und dem Antriebsrad im Heck. &bdquo;Hält ewig“, sagt er. Erst nach 35.000 Kilometer musste sie runter. Reparatur- und Tuningtipps werden im einschlägigen Velomobilforum im Internet ausgetauscht. &bdquo;Stellst Du eine Frage, erhältst Du zig Antworten.“ Gleichgesinnte, die untereinander gern aushelfen. Horsthemke selbst hat zwei Fachbücher geschrieben, bietet sie als PDF-Datei über den Computer der Community weltweit an. Mobilität auf dem ganz eigenen Technik-Planet der Velomobil-Fans: &bdquo;Seifenkisten für Erwachsene“, verabschiedet sich Horsthemke humorvoll und unprätentiös.

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