Kaum Gewinn: Borgentreicherin will Traditionsgeschäft trotzdem nicht aufgeben

Borgentreich. Läden wie dieser sind längst Geschichte. Doch in Borgentreich gibt es ihn noch. Das kleine, liebevoll geführte Handarbeitsgeschäft. Seit 1936 ist der Lotze-Laden ein Teil der Ortsgeschichte. Seit zehn Jahren hält ihn Monika Göke am Leben. Überall geben kleine Einzelhändler auf, Göke bleibt standhaft. Finanziell kaum lukrativ, aber die 66-Jährige glaubt fest an den Wert ihres Geschäfts fürs Börde-Städtchen. Die Kundin, der Kunde findet im Kurzwarenladen an der Marktstraße 19 neben dem passenden Garn und dem rechten Knopf die persönliche Beratung. Diese herzliche Begegnung wird geschätzt. Für die meisten hegt der Laden mehr als nur die Möglichkeit des Einkaufs. Er sei ein Symbol für das, was einen lebendigen Ortskern ausmache, ist im Ort oft zu hören. Tatsächlich begann alles in geselliger Runde. Bei einem Glas Rotwein mit der Freundin. In Borgentreich geboren und aufgewachsen studierte Göke nach dem Abi Design in Essen. Nach den Jahren der Selbstständigkeit kehrte sie mit ihrem Mann und zwei Eseln in ihre Heimatstadt zurück. Der Partner pendelt sich der Börde und dem Ruhrgebiet, Monika kümmert sich ihren Laden. Als Ratsfrau der Grünen engagiert sie sich in der Politik. Ein mutiger Schritt in die neue Selbstständigkeit Das drohende Aus des Lotze-Ladens ist vor zehn Jahren Thema beim Klöntreff mit der Freundin zusammen. &bdquo;Uns war klar, dass mit dem Geschäft etwas verloren gehen würde, das niemals wiederkommt“, sagt Göke. &bdquo;Da musste jemand einspringen und den Laden übernehmen.“ Ein Gedanke, der in gemütlicher Runde schnell geäußert, am nächsten Morgen schon wieder vergessen ist. &bdquo;Doch auch am nächsten Tag ließ mich die Idee nicht los“, erzählt Göke. &bdquo;Das war keine Schnapsidee, sondern eine Entscheidung.“ Zwei Tage vor dem geplanten Schluss erklärte sie sich bereit, den Laden zu übernehmen. Doch es gab es eine Bedingung: Um das Geschäft zu retten, musste sie das gesamte Gebäude erwerben. Das war vor zehn Jahren. Die Mutter reagiert überraschend verständnisvoll: &bdquo;Monika, du hast so viel zu tun, aber für den Ort ist es gut“. Das Abenteuer Ladenbesitzerin begann. Ohne Erfahrung im Geschäft, aber mit Herzblut. &bdquo;Ich bin bescheiden“, nennt Göke eines der Geheimnisse, warum es den Laden, der beim Mobiliar den Charme vergangener Jahrzehnte widerspiegelt, immer noch gibt. Das Erfolgsgeheimnis für den Handarbeits-Laden Ein anderes ist die Unterstützung ihrer Kundinnen und Kunden. Viele kommen nicht nur wegen des ungewöhnlichen Sortiments, sondern weil sie einfach möchten, dass der Laden am Leben bleibt. &bdquo;Meine Kundschaft ist nett und treu“, sagt Göke. Sie bietet etwas, das es im Supermarkt und Online-Shops nicht gibt: Einzelstücke und Kleinmengen. Wer eine einzelne Perle, einen einzelnen Knopf oder ein kurzes Stück Stoff braucht, findet bei ihr das Richtige. Knopfe in allen Variationen, Sticktwist, seltene Stoffe, Strickgarne, Satin- und Spitzenbänder, Kordeln: Besonders gefragt ist sie bei Schneiderinnen und Strickerinnen. &bdquo;Ab und an tauchen auch Männer auf, die sich im Handarbeiten betätigen möchten, sei es, einen Schal zu häkeln oder an der Nähmaschine zu experimentieren“, erzählt sie mit einem Schmunzeln. &bdquo;Selbst mit seinen 80 Jahren schaut noch ein Kunde regelmäßig herein.“ Lesen Sie auch: Eine Fundgrube für Nostalgiker Göke gewährt Vereinen, Kitas, Schulen und Kirchen gern einen Rabatt. Der Laden inmitten der Stadt sei ihr eine Herzensangelegenheit. Die Diplom-Designerin kann auch Buchbinden. Auch ohne Buchbinderlehre. Sie hat sich das Handwerk im Studium angeeignet. &bdquo;Ich habe schon echte Schätze repariert“, sagt sie. Doch bleibe im Alltag wenig Zeit für diese Leidenschaft. Neben Büchern rettet sie auch alte Spielzeuge und Stofftiere. Manch lieb gewonnenes Kuscheltier hat sie wieder zum Leben erweckt. Herausforderungen bei Preisen und Social Media Und &bdquo;Günstig“ ist nicht nur im Internet zu finden. &bdquo;Online ein Schnäppchen gemacht, dazu eine Kleinigkeit bei mir“, berichtet Göke vom jüngsten Erlebnis. &bdquo;Als wir die Preise vergleichen, war ich mit meinem Angebot günstiger als der Online-Shop.“ Die Kundin überrascht, die Geschäftsfrau lächelt. Trotz allem ist es nicht leicht, den Laden zu halten. Göke macht sich Gedanken über Nachhaltigkeit und die negativen Auswirkungen des Versandhandels. Keine Nachfolge in Sicht. &bdquo;Meine Nichte sagt, wir müssen auf Instagram, dann läuft es besser“, sagt die 66-Jährige. Doch das ist ihr mit viel zu viel Zeit verbunden. Wie lange sie den Laden noch weiterführen wird, weiß sie nicht. &bdquo;Wenn er sich nicht mehr selbst trägt, muss ich ihn aufgeben.“

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