Frauenhaus im Kreis Höxter unter neuer Leitung

Warburg. Eingesperrt, geschlagen, gedemütigt: Mitunter leiden Frauen über viele Jahre unter den Gewaltausbrüchen ihres Partners. Doch bleiben sie, seelisch und immer wieder auch körperlich schwer getroffen, bei ihm. Auch der Kinder wegen. Doch die leiden mehr und mehr unter den Feindseligkeiten im Haus, sitzen immer öfter lethargisch im Kinderzimmer. Mut fassen, den Schritt wagen und den Mann verlassen: &bdquo;Im Frauenhaus fühlen sie sich vielleicht zum ersten Mal verstanden und anerkannt“, sagt Tamara Ernst. Seit 2019 arbeitet sie im Frauen- und Kinderschutzhaus im Kreis Höxter. Und weiß um solche Geschichten, weiß um die Not. &bdquo;Um schnell und unkompliziert Hilfe zu bekommen, sind Unterstützungseinrichtungen, an die sich von Gewalt betroffene Frauen im Ernstfall wenden können, notwendig“, sagt die neue Leiterin des Frauenhauses in Trägerschaft des Warburger Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF). Im Herbst war Dagmar Hensler als Leiterin ausgeschieden. Die 28-Jährige übernahm ihre Nachfolge. Tamara Ernst kennt die Abläufe. &bdquo;Frauenhaus, das bedeutet für jede Frau Abschied und Aufbruch zugleich“, sagt sie. In dieser Phase lernen die Mitarbeiterinnen die Betroffenen kennen. &bdquo;Sie ermöglichen es, Entscheidungen zu treffen, um selbstbestimmt in die Zukunft zu gehen“, nennt die Sozialarbeiterin das Ziel. Mehr Verantwortung übernommen Sie habe jetzt mehr Verantwortung übernommen, sagt sie und blickt auf das Team. Zum März wird eine neue Sozialarbeiterin kommen, eine Erzieherin und zwei Mitarbeiterinnen in Teilzeit für Verwaltung und Hauswirtschaft vervollständigen das Team. In ihrer neuen Rolle wird Ernst die Arbeit koordinieren, den Kontakt zum Förderverein halten, die Öffentlichkeitsarbeit pflegen. &bdquo;Abwechslungsreich“, sagt Ernst. Kein Tag sei wie der andere. &bdquo;Man weiß nie, wie er beginnt und wie er endet“. Sicher nur &bdquo;anders als erwartet“. Ernst möchte Frauen, die den Weg ins Haus finden, einen Neuanfang ermöglichen. Sie begleiten von der Aufnahme bis zum Umzug in die eigene Wohnung, &bdquo;Begleiten, beraten, helfen, unterstützen. Eine erfüllende Aufgabe“, bemerkt Ernst. &bdquo;Mit Höhen und Tiefen im Joballtag“, fügt sie an. Die Dauer des Aufenthalts liegt zwischen einem Tag und über einem Jahr 47 Frauen waren es im vergangenen Jahr, die im Schutzhaus des SkF Zuflucht fanden. 57 Kinder wurden aufgenommen. Die Dauer des Aufenthalts: &bdquo;Zwischen einem Tag bis über ein Jahr“, beschreibt Ernst auch die schwierige Suche nach einer geeigneten Wohnung oder langwierige, komplexe Gerichtsverfahren als mögliche Gründe für den langen Aufenthalt. Dabei bietet das Haus Schutzmöglichkeiten für neun Frauen und zehn Kinder. Bei Bedarf werden weitere Kinderbetten aufgebaut. Bei 182 Anfragen, die im vergangenen Jahr nicht bedient werden konnten, mussten 92 Frauen abgelehnt werden, weil zu dem Zeitpunkt der Anfrage das Haus voll belegt war, 51 sagten selbst ab. &bdquo;In 39 Fällen schied der Einzug aus anderen Gründen aus“, sagt Ernst. Doch bedeute dies nicht, dass die Frauen keine Unterstützung erhielten. Über das Hilfetelefon immer erreichbar Das Team versucht, andere Plätze für sie zu finden. Doch gebe es in Deutschland insgesamt zu wenig Frauenhausplätze, hält Ernst fest. Dabei seien die Gründe, warum Frauen dort Schutz suchten, ebenso vielfältig wie die individuellen Gefährdungslagen. Bundesweit gebe es nur rund 400 Frauenhäuser. Dies entspreche knapp 7.700 Frauenhausplätzen. Laut Schätzungen von Experten sind mindestens 14.000 weitere Plätze nötig, um eine flächendeckende und bedarfsorientierte Versorgung mit Schutzeinrichtungen sicherzustellen. Seit 30 Jahren: Warburger Frauenhaus bietet Schutz – und fürchtet um die Zukunft &bdquo;Wir sind über das Hilfetelefon immer erreichbar“, betont Ernst. &bdquo;Sind spontan und flexibel, um auch von jetzt auf gleich reagieren zu können“, spricht sie die Rufbereitschaft an. Einige Frauen benötigten sehr kurzfristig unmittelbaren Schutz, andere überlegten ihren Auszug aus ihrem gewalttätigen Umfeld und planten langfristig. Die finanzielle Situation ist seit Jahren angespannt Seit Jahren ist die finanzielle Situation in den Frauenhäusern und Beratungsstellen angespannt. Zuständig für Gewaltschutz und Gewaltprävention sind in erster Linie die Länder. Ende Januar hatte der Bundestag das sogenannte Gewalthilfegesetz beschlossen, das den Rechtsanspruch für Schutz suchende Frauen auf einen Platz im Frauenhaus ab dem Jahr 2032 festschreibt. Bis dahin soll sichergestellt werden, dass es ein &bdquo;bedarfsgerechtes Hilfesystem“ gibt, mit genügend Beratungsstellen und Plätzen in Frauenhäusern. Das Gewalthilfegesetz sieht vor, dass der Bund den Trägern von 2027 bis 2036 insgesamt 2,6 Milliarden Euro zur Verfügung stellt, um den Ausbau bewältigen zu können. Dabei bleibt der Tagessatz in Höhe von 25 Euro, den die Frauen für 24 Stunden Sicherheit pro Person zahlen, weiter ein Skandal. Lesen Sie auch: &bdquo;Ich werde dich töten, wenn du gehst“ Ihren Aufenthalt sollten die Frauen nicht aus eigener Tasche bezahlen müssen, sagen Sozialverbände und Träger annähernd seit Jahrzehnten, und fordern pauschal, einkommensunabhängig und beitragsfrei abzurechnen. &bdquo;In vielen Fällen springt der Förderverein ein“, hält Ernst fest. Am Geld werde es nicht scheitern, bedankt sich der SkF für Beiträge und Spenden. Extrem großer Handlungsbedarf und hohe Dunkelziffern Dennoch ein Meilenstein: Den Anspruch auf Unterstützung bekommen Frauen, die von häuslicher oder geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen oder bedroht sind. Einbezogen werden auch die Kinder, die solche Gewalttaten miterleben. &bdquo;Der Handlungsbedarf ist extrem groß“, sagt Tamara Ernst und lenkt den Blick auf die allerorten geschätzt hohen Dunkelziffern. Ganz wichtig ist ihr: &bdquo;Frauen haben einen Grund, wenn sie ins Haus gehen“, sagt Tamara Ernst. &bdquo;Hinschauen, hinhören und ihnen Glauben schenken“, fordert sie das Umfeld auf. &bdquo;Wenn irgendetwas nicht gut läuft, ihnen Mut machen, sich helfen zu lassen.“ Zuhören, nicht ignorieren und nicht schlicht als Unsinn abtun. Abschalten? Sie sei an der Aufgabe gewachsen, sagt Tamara Ernst. Gehe sie heute selbstbewusster an. Vieles aus dem Beruf gehe aber auch an ihr nicht vorbei. Obwohl sie nach Feierabend gut abschalten könne. Zur Fürsorge gehöre immer auch die Selbstfürsorge. Die Sorge um die eigene körperliche, psychische, soziale Gesundheit. Dem eigenen Wohlbefinden helfe da auch die abendliche Runde mit dem Hund über die Felder.

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