Der berühmte Baumeister aus Warburg: unverwechselbar in seinem Stil und Charme

Nörde/Münster. Roter Backstein, gelber Baumberger Sandstein, leuchtend weiße Sprossenfenster, elegant abgerundete Ecken: Unter dem Begriff &bdquo;Westfälische Sinfonie“ bewundern Kunsthistoriker seine Architektenkunst. An diesem Samstag vor 250 Jahren starb Johann Conrad Schlaun, der berühmte Sohn des Nörder Amtmanns Heinrich Schlaun, mit 78 Jahren in Münster. &bdquo;Ich entstamme, das muss ich zugeben, nicht den allerhöchsten Kreisen“, lässt ihn der Münsteraner Kabarettist Markus von Hagen im fiktiven Gespräch, das er vor einem Jahr geschrieben hatte, sagen. Mit der Schauspielerin Jutta Seifert, die in Warburg lebt, führt er es auf Bühnen und in Sälen auf. Und Schlaun klinge doch viel schöner, heißt es weiter. Eine Koketterie? Wie nähert man sich einem, der seit 250 Jahren tot ist? Im Kostüm begibt sich von Hagen auf eine Zeitreise ins 17. Jahrhundert. Ebenso wie sein Protagonist, der im Gegenzug zum Interview im 21. Jahrhundert auftaucht. Aus dem Paderborner Jesuitenkolleg geflogen, schlägt der damals 16-Jährige die Militärlaufbahn ein. Sie führt ihn zuerst in Hannoversche, dann in Paderborner und schließlich in Münstersche Dienste. Parallel macht er als Architekt eine herausragende Karriere. Sie lässt ihn zum bedeutendsten Baumeister des Westfälischen Barock werden. Sich in Schlaun, zwei Mal verheiratet, fünf Kinder, hineinzuversetzen, sei nur bedingt möglich, sagt Autor Markus von Hagen. Denn die Quellenlage verrate nicht viel über Charakter und Privates. &bdquo;Es gibt keine Tagebücher, Briefe oder Ähnliches.“ Und nur ein einziges Porträt sei von Schlaun erhalten. Doch blieben die vielen grandiosen Bauwerke, die nicht nur dem Kundigen erzählten. &bdquo;Schlaun hat sich um viele Dinge gekümmert und für viele Dinge Verantwortung übernommen“, sagt von Hagen. Fleißig, ehrgeizig, dabei aber nicht rücksichtslos Fleißig, ehrgeizig, dabei aber nicht rücksichtslos: Das sei schon sehr viel in der Branche gewesen, bemerkt der studierte Kunsthistoriker, Literaturwissenschaftler und Philosoph. Die Branche, die er meint: &bdquo;Für adlige Herrschaften zu arbeiten“. Schlaun habe sich keineswegs nach oben geschleimt, sondern es durch Talent und Leistung geschafft. Mit 20 Jahren ist die Kapuziner-Kirche in Brakel sein Erstlingswerk. Die Pfarrkirche und die Vorburg des Schlosses in Rheder, der ehemalige Hochaltar in der Kirche der Warburger Neustadt, der Dalheimer Hof in Paderborn: Auch sie hat Schlaun geplant. 1723 beginnt er in Brühl mit dem Schlossbau. Doch wird heftig am Stuhl des Baumeisters von Schloss Augustusburg gesägt. Einem Münchner Architekten schenkt, weil er größer denkt, der Fürstbischof das Vertrauen. Ein gradliniger Westfale? &bdquo;Dann eben nicht“, steckt Schlaun im Gespräch von Hagens zurück, geht und übernimmt die Bauleitung von Schloss Nordkirchen, das später &bdquo;Westfälisches Versailles“ genannt werden wird. Ein gradliniger Westfale? &bdquo;Nicht im Sinne von eingeengt“, sagt von Hagen. Denn Schlaun sei äußerst lernbereit gewesen. Die Eindrücke, die er bei seinen weiten Reisen festgehalten hatte, habe er zu würdigen und in sich aufzunehmen gewusst. &bdquo;Aufgeschlossen trifft es vielleicht am besten“, sagt von Hagen. Das Interview zwischen dem brillanten Architekten und der Journalistin sei eine Interpretation, eine Beschreibung der Möglichkeiten, &bdquo;die Schlaun hatte und kreativ umsetzte“. Das Psychologische bleibe da wohl einem historischen Roman vorbehalten. Auf zeitgeschichtlichem Hintergrund der Verquickung von Armee und Architektur. Der Roman würde die politischen Verhältnisse, das Kurfürstentum, den Siebenjährigen Krieg, die Eroberung Münsters einbeziehen, &bdquo;bleibt aber Dichtung im historischen Kontext“. Bei aller Prachtentfaltung Der Baustil des ebenso umtriebigen wie erfolgreichen Ostwestfalen aus dem Warburger Land hat unverwechselbaren Charme. Klare Linien: Die Ziegelmauern gliedern Bänder, eingetiefte Felder, hervorspringende Gebäudeteile. &bdquo;Alles sollte in Maßen geschehen“, sagt der Baumeister in von Hagens Interview. Denn die Würde des Gebäudes sollte trotz aller Prachtentfaltung seiner Auftraggeber nicht verloren gehen. &bdquo;Wissen Sie, ich versuche immer einheitlich zu denken. Wir bilden im Kleinen einen Spiegel des Großen, des Kosmos, wenn Sie so wollen“, erklärt Schlaun im Bühnenstück. Sein Werk ist umfangreich, rund 1.000 Seiten umfassen die beiden Bände eines Werkverzeichnisses, 1995 veröffentlicht. Natürlich habe er ihn gerne persönlich kennengelernt, sagt von Hagen. &bdquo;Schon aus kunsthistorischem Interesse.“ Kreative Menschen seien immer interessant. Das vorgestellte gut einstündige Gespräch vermittele Eindrücke, sei &bdquo;eine Essenz“ aus Schlauns beruflichem Leben, aufgelockert durch den Reiz, 250 Jahre nach vorn zu springen. Veranstaltungstipp: Bühnenspiel und Vortrag Zum 250. Todestag des Architekten Johann Conrad Schlaun lädt der Kulturring Brakel für Dienstag, 24. Oktober, zum &bdquo;Exklusivinterview“ mit von Hagen und Jutta Seifert in das Café &bdquo;Tante Erna“ nach Brakel ein. Beginn ist um 19 Uhr. Heute am Samstag, 21. Oktober, dem Todesdatum des Baumeisters, referiert Kunsthistoriker Gotthard Kießling um 15.30 Uhr im Museum im &bdquo;Stern“ in Warburg zu Leben und Wirken des berühmten Sohnes der Stadt.

Meistgelesen