Warburg In Warburger Klassenzimmern wächst die Solidarität

Warburg. Die Halbjahreszeugnisse sind verteilt. &bdquo;Schön“, bemerkt Alexandra Lohe, eine der drei Schulsozialarbeiterin an der Sekundarschule Warburg. Doch das Zwischenzeugnis zieht nicht wirklich einen Strich unter die besonderen Herausforderungen für Schülerinnen, Schüler, Eltern und Lehrkräfte in Zeiten des Homeschoolings, der Kontaktbeschränkungen, des Präsenzunterrichts in geteilten Klassen. Aufgrund der täglichen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie bewegen sich die Kinder und Jugendlichen zunehmend weniger. Dagegen sei die Nutzung digitaler Medien deutlich gestiegen, sagt Schulleiterin Claudia Güthoff und berichtet von einer höheren Nachfrage in der Schulsozialarbeit. Das Angebot werde &bdquo;so gut wie noch nie“ genutzt. Doch lobt die Pädagogin zunächst die Einsicht und Disziplin, mit der sich die Schüler an die Regeln halten. Abstand, lüften, Maske tragen. &bdquo;Trotzdem sehen wir Nachholbedarf“, sagt Güthoff und spricht von vereinzelten Problemen. Denn manch Schülerin oder Schüler flüchte sich zu sehr ins Computerspiel und schlafe zu wenig. Sie schildert aber auch, dass die Schülerschaft allgemein feinfühliger und sensibler geworden sei. &bdquo;Wir merken schon deutlich den Gesprächsbedarf und freuen uns über jeden, der sich öffnet.“ &bdquo;Wir versuchen, hinter die Maske zu blicken" Die fehlenden sozialen Kontakte haben im Lockdown vielen jungen Menschen zugesetzt. Dass der Großteil der Schüler die Einhaltung der Corona-Regeln in der Sekundarschule nicht als Belastung wahrnehme, bestätigt Alexandra Lohe. Doch könnten die Einschränkungen durchaus dazu werden, sagt die Sozialarbeiterin. &bdquo;Wir versuchen, hinter die Maske zu blicken, auch wenn sie das Gesicht verdeckt.“ Denn dahinter versteckten sich die Anzeichen der Gemütsregungen. &bdquo;Auf den ersten Blick sind Emotionen so nicht auszumachen.“ Man versuche gegenzusteuern: Kinder und Jugendliche litten an Dingen, &bdquo;die abseits des Unterrichts, in dem sie sich erstaunlich diszipliniert zeigen, liegen“. Denn außerhalb der Klassenräume sei das soziale Leben arg begrenzt. Vieles, das in der Freizeit einst gewohnt war, habe lange Zeit nicht stattgefunden. Da bleibe die Frage, wohin mit den Kräften, wohin mit Ideen und der Kreativität. &bdquo;Die Motivation sinkt, weil der Freizeitbereich komplett runtergefahren ist.“ Das größte Problem dabei: Die Treffen außerhalb der Schule in größeren Gruppen, die in der Jugendzeit so wichtig sind. Sie sind nicht möglich. &bdquo;Der Fokus legt sich fast allein auf die Schule“, sagt Lohe. Wo sonst würden derzeit Jugendliche in Gruppenstärke aufeinandertreffen.Fehlende Kommunikation In dieser Situation sei es wichtig, die jungen Menschen &bdquo;in ihrer je eigenen Lebenswelt abzuholen und ihnen Orientierung zu geben.“ Abseits jeglicher Gleichmacherei. &bdquo;Wir versuchen, ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, um sich gut entwickeln zu können“, benennt die Schulsozialarbeiterin die Aufgabe. &bdquo;Und sie sollen einfach Spaß daran haben, in die Schule zu kommen.“Für die fehlende Kommunikation nach Schulschluss sei ein Ersatz gefunden worden. &bdquo;Sie spielt sich digital ab.“ In den sozialen Medien oder dem Gaming auf Smartphone und Computer. Auch Lohe spricht von einer Flucht, in die sich Jugendliche gedrängt fühlen. Der Mangel an Möglichkeiten der Begegnung: &bdquo;Wir schauen, wie wir diese Lücke füllen können“, sagt Lohe. &bdquo;Das soziale Miteinander ist stärker geworden“ Zum Beispiel in den Klassenratsstunden, die einmal die Woche stattfinden. Da liege der Schwerpunkt ihrer Arbeit darauf, &bdquo;dass man sich auch wirklich sieht und gegenseitig wahrnimmt“. Das Sprechen miteinander, ein wichtiger Punkt. &bdquo;Mündlich, von Angesicht zu Angesicht“ werden, unterstützt von Kooperationsspielen, die Themen angesprochen. &bdquo;Wie geht es mir, was kann ich verändern, was kann ich dazu beitragen, dass sich etwas ändert.“ Alle seien beteiligt und arbeiteten miteinander an der Situation. Das Sozialverhalten in den Klassenzimmern und auf dem Pausenhof habe sich in den Corona-Schuljahren gesteigert. So sei innerhalb der Klassengemeinschaften ein deutlicher Anstieg der Solidarität zu spüren. &bdquo;Das soziale Miteinander ist stärker geworden.“ Auch jahrgangsübergreifend. Dazu gehöre eine Menge Beziehungsarbeit, nennt sie einen Fachbegriff. &bdquo;Wir sind viel auf den Fluren unterwegs“, sagt Lohe und schaut auf den Schrittzähler ihrer Armbanduhr. Gegen Mittag weist dieser an diesem Tag vier Kilometer aus. &bdquo;Bis Dienstende werden es zwischen zehn und zwölf sein“, weiß Lohe. &bdquo;Das geht uns Erwachsen nicht anders“ Die Anzahl der individuellen Gespräche sei stark angestiegen, nachgefragt sowohl von Schülern, als auch von der Seite der Eltern und Lehrer. Die Nöte der Eltern: Sie machen sich Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder. Ängste seien schon da, berichtet Lohe. &bdquo;Schaffen sie ihren Abschluss, und was kommt, wenn das normale Leben wieder anläuft? Werden die Ziele erreicht, die sich Eltern für ihre Kinder wünschen?“. Im Schulalltag werde es an der Tür ihres Büros nie still, betont Lohe. &bdquo;Ein offenes Büro, keine festen Sprechzeiten.“ Da freue sie auch die Tatsache, dass die Schüler auch gern anklopften, nur um kurz etwas zu sagen, einen Keks oder ein Gummibärchen vorbeizubringen. &bdquo;Es ist wichtig, dass sie fühlen, wir sind da und lassen euch nicht allein.“ Damit die Schüler die Hoffnung nicht verlören. &bdquo;Das geht uns Erwachsen auch nicht anders“.

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