Heute wie damals: Hilfen von Frauen für Frauen

Warburg/Kreis Höxter. Schwangere, unverheiratete Mädchen, uneheliche Kinder: Sie gehörten früher zu den Randgruppen der Gesellschaft, betreut von der Polizei und der Jugend-Wohlfahrt. Von gänzlich untadeligem Ruf waren dagegen die acht Damen, die an diesem Dienstag vor 90 Jahren in der Altstadt die Warburger Ortsgruppe des &bdquo;Katholischen Fürsorgevereins für Mädchen, Frauen und Kinder" gründeten. Sie den Mut und den festen Willen, ihren in Not geratenen Geschlechtsgenossinnen zu helfen. Der Name änderte sich, das Ziel nicht: Heute ist der Sozialverband katholischer Frauen (SkF) Warburg in der Wohlfahrtspflege ein anerkannter,geschätzter Partner. &bdquo;Diese Frauen verdienen Respekt", sagt Walburga Hennemann (85) bestimmt. &bdquo;Es war eine schwere Zeit, sie haben ihre Arbeit ehrenamtlich geleistet." Die langjährige Vorsitzende des Vereins hat im Archiv nachgeblättert. &bdquo;Sie halfen Mädchen, Frauen und Kinder, die in der Gesellschaft keine Lobby hatten." Für deren Schicksale setzten sie sich ein. Der einzige Frauenfachverband in Deutschland 1987 war Hennemann als zweite Vorsitzende in den Vorstand des SkF gewählt worden, 1994 rückte sie für Maria Huesmann an die erste Stelle. Im gleichen Jahr hatte der Verein die Trägerschaft für das Frauen- und Kinderschutzhaus im Kreis Höxter übernommen, in dem im vergangenen Jahr 36 Frauen und 44 Kinder Zuflucht und Hilfe fanden. Seit 2011 steht Barbara Hucht an der Spitze des SkF-Vorstandsteams. Damals wie heute bedurfte es der Durchsetzungskraft. &bdquo;Frauen übernehmen sehr viel Verantwortung für Familie und Kinder, aber auch für gesellschaftliche Belange", sagt Gertrud Flore (64), seit 1993 zunächst im Pflegekinderbereich des Vereins tätig, seit 2005 Geschäftsführerin des SkF mit seinen derzeit 16 hauptamtlichen Mitarbeiterinnen. Die Besonderheit: Der SkF sei der einzige Frauenfachverband in Deutschland. &bdquo;Frauen für Frauen", sagt Flore. Zwar seien die Frauen heute Männern rechtlich gleichgestellt, doch &bdquo;faktisch ist eine Gleichstellung noch nicht erreicht", sagt Flore. Weder auf politischer Ebene (&bdquo;der Anteil der Frauen in politischen Gremien sinkt"), noch bei der Bezahlung im Job, nennt sie bekannte Beispiele. Die Belange und Rechte der Frauen seien daher als Themen &bdquo;so aktuell wie vor 90 Jahren". "Ihre Arbeit sollte Öffentlichkeit schaffen" In der Gründerzeit wurden Pflegefamilien und Vormünder gesucht und betreut. Um Hilfe zu mobilisieren, wurden Netzwerke gepflegt. Lehrer, Pfarrer, Polizei, Jugendamt, katholische Verbände waren Ansprechpartner. Auch gab es die Unterstützung aus der Dortmunder Zentrale. In Dortmund hatte Agnes Neuhaus 1899 die katholische Frauen-Bewegung gegründet. &bdquo;Ihr Engagement ging über Liebestätigkeiten für Hilfesuchende hinaus. Ihre Arbeit war sehr politisch und sollte Öffentlichkeit schaffen", sagt Walburga Hennemann. In Warburg wurde die Hilfe geschätzt: 1931 betreute die Gruppe zwölf schwangere Frauen und deren Kinder, drei Jahre später waren es bereits 185, darunter 136 Kinder. Das damalige Jugendamt im Kreis Warburg hatte dem Verein den Pflegekinderdienst übertragen. Mehr Klienten, mehr Arbeit, mehr Helferinnen: Die Anzahl der Ehrenamtlichen war 1934 auf 31 gestiegen, stundenweise wurde eine hauptamtliche Fürsorgerin eingestellt. Auch heute werden noch Pflegefamilien unterstützt und gesetzliche Betreuungen von Menschen, die aufgrund von Behinderung oder Erkrankung ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können, übernommen. 2020 wurden von den Fachkräften des SkF 125 Pflegekinder in 110 Pflegefamilien betreut, 83 rechtliche Betreuungen übernommen. 144 ehrenamtliche Betreuer, die kreisweit 189 Menschen betreuen, nahmen im vergangenen Jahr die Beratung des SkF Warburg wahr. Strittig war die Frage nach dem &bdquo;Beratungsschein" Das Engagement ist in den Jahrzehnten deutlich professioneller geworden, die Tätigkeitsfelder weiteten sich aus. &bdquo;Das Hauptaugenmerk liegt auf den Hilfen für Frauen und ihren Familien", fasst Flore knapp zusammen. 1968 erfolgte die Umbenennung in &bdquo;Sozialdienst katholischer Frauen", zehn Jahre später wurde für den gesamten Kreis Höxter die Schwangerschaftskonflikt-Beratung angeboten. Da die Katholische Kirche aus der gesetzlichen Beratung werdender Mütter in Konfliktsituationen ausstieg, stand der Warburger SkF, der sich für einen Verbleib eingesetzt hatte, nach 22 Jahren 2000 vor dem schwierigen Schritt, die Beratung aufzugeben. Strittig war die Frage nach dem &bdquo;Beratungsschein", einer der Voraussetzungen für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch. Die SkF-Mitarbeiterinnen legten ihre Arbeit nieder und nahmen tags darauf die Beratung beim Verein Donum Vitae wieder auf. "Die Fälle beziehen sich nicht nur auf Einzelschicksale" Die Sorgen des Vereins um das Frauen- und Kinderschutzhaus sind nicht ausgestanden. Auch wenn das Thema häusliche Gewalt in der Gesellschaft und der Politik präsenter geworden sei, sagt Flore. &bdquo;Sowohl in der Landes-, als auch in der Kommunalpolitik entdecken wir positive Zeichen." Dennoch bleibe es ein Skandal, dass Frauen ihren Aufenthalt immer noch selbst finanzieren müssten. Seit den 1970er-Jahren befänden sich die Frauenhäuser nun im &bdquo;Projektstatus", ohne gesetzliche Grundlage für die Finanzierung, die abhängig von den jeweiligen Haushaltsmitteln sei, bedauert Flore. Wie alle Frauenhaus-Träger fordert auch der SkF einen Rechtsanspruch auf einen Zufluchtsplatz. Flore fordert ebenso im Bereich häusliche Gewalt, in der Gesellschaft tabuisiert, aus der Grauzone herauszukommen. &bdquo;Die Fälle beziehen sich nicht nur auf Einzelschicksale, häusliche Gewalt sollte strukturell bekämpft werden." Zum 100. Jubiläum der Gründung hofft die Geschäftsführerin, &bdquo;dass einige von den Feldern, die jetzt Sorgen bereiten, auch mal abgearbeitet sind".

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