Archäologen entdecken Knochen im Warburger Küstergarten

Warburg. Im Küstergarten rollen die Bagger. Zwischen dem Netto-Markt und dem Schuhhaus Mues soll am Verkehrskreisel in der Innenstadt ein Neubau errichtet werden. Doch die Bagger bedeuten für den Bauherrn, die Ordensgemeinschaft der Salvatorianerinnen, noch nicht den Baubeginn, der in dieser Woche geplant. Es sind die Archäologen des Landschaftsverbandes, die graben. Die Fachleute vermuten, in der Erde auf Spuren der Warburger Geschichte zu stoßen. Auf dem ehemaligen Gelände der katholischen Neustadt-Gemeinde, dem Küstergarten, soll einst ein Siechenhaus gestanden haben. Weitere historische Verdachtsmomente der Experten des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) sind historische Wegeführungen oder der ehemalige Hof der Herren von Canstein in der Hansestadt, der sich möglicherweise in diesen Bereich ausgeweitet hatte. Dies könnten im Boden erhaltene Reste bestätigen. Noch sind die Grabungsexperten nicht soweit Stichprobenhaft sondieren derzeit Mitarbeiter einer archäologischen Fachfirma auf dem Gelände. Sie suchen den zukünftigen Baugrund nach archäologischen Zeugnissen ab. Je nach Qualität und Dichte auftretender Befunde werde gegebenenfalls auch eine Flächenuntersuchung im gesamten Baufeld notwendig, heißt es seitens des LWL. Doch noch sind die Grabungsexperten nicht soweit. Denn Fachleute des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) vermuten an dieser Stelle den Standort eines ehemaligen Siechenhauses, das in der Stadt zu Beginn des 17. Jahrhunderts verschwunden war. In dem Haus waren unter anderem Lepra-Kranke und Infektionskrankheiten untergebracht. Das Warburger Siechenhaus ist in Dokumenten bis ins Jahr 1616 belegt. Allerdings nicht dessen genauer Standort. Bei der Belagerung der Stadt im Dreißigjährigen Krieg war es von den Truppen des Christian von Braunschweig im Dezember 1621 zerstört worden. Bestandteil der mittelalterlichen Stadtbefestigung Das Areal liegt im Vorfeld des ehemaligen Papenheimer Tores, "das elementarer Bestandteil der mittelalterlichen Stadtbefestigung der Warburger Neustadt war", beschreibt eine Stellungnahme des LWL zum Bauvorhaben. Für die Grünfläche sei mindestens ab dem beginnenden 19. Jahrhundert keine Vorgängerbebauung belegt. Das hatte die Sichtung erhaltener alter Karten ergeben. Dagegen sei ab 1468 für den Bereich ein Leprosen-Haus urkundlich belegt. "1470 überschrieb Johann Luttmann den Kranken des Hauses fünfeinhalb Schillinge aus seinem Haus und Garten in der Altstadt für acht rheinische Gulden, die Hermann von Gehrden, Weihbischof zu Mainz und Paderborn, dem Haus vermacht hatte", merken die LWL-Historiker an. Ebenfalls ins 15. Jahrhundert fällt eine weitere urkundliche Erwähnung, die den Bau einer Kapelle betraf. Vor dem &bdquo;Papenheimer Dore by dem Sekenhuse" sollten in dem Gotteshaus von fünf Messen drei zum Trost der armen Leute im Siechenhaus gelesen werden. Für das Jahr 1600 seien fünf Personen im Siechenhaus belegt, auch 1616 oder 1618 sei das Haus, "diesen Rückschluss lässt ein Schreiben des Herbold Haxthausen aus Geismar zu", offenbar noch bewohnt gewesen. Bei der Belagerung Warburgs zerstörten Truppen Christians von Braunschweig im Dreißigjährigen Krieg "wohl Ende Dezember 1621, Anfang Januar 1622" das Gebäude, in dem die Stadtvorderen Lepra-Kranke und Personen mit Infektionskrankheiten untergebracht hatten. Es wurde nicht wieder aufgebaut. Kleine Fähnchen werden gesteckt Die genaue Lage des Siechenhauses vor dem Papenheimer Tor lässt sich aus den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Quellen nicht ermitteln", sagt Carolin Steimer, Pressesprecherin der LWL-Archäologie für Westfalen. Auch das Urkataster der Stadt gebe keine Auskunft über die Parzellierung. Daher könne "nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sich im Küstergarten archäologische Strukturen erhalten haben", die auf das Siechenhaus hinweisen könnten. Zunächst werde der Boden bis auf die Oberkante einer ersten befundführenden Schicht abgezogen. Kleine Fähnchen werden gesteckt, Entdecktes wird dokumentiert, bewertet und entschieden, wie es weitergeht. Wie Sven Spiong, Leiter der Bielefelder Außenstellebestätigt, wurden Knochenteile und Mauerreste entdeckt. Nun wird geprüft, ob es sich um Tier- oder Menschenknochen handelt und nach dem Ursprung des gemauerten Gebäudewinkels geforscht. "Noch fehlen belastbare Aussagen", sagt Spiong. Dann wird der Bauherr den Spaten ansetzen Wird auf vermutet historisch bedeutsamen Standorten gebaut, nutzen die Archäologen gern die Gelegenheit. Und sie benötigen Zeit, die ihnen der Bauherr einräumen muss. "Voraussichtlich noch zwei, drei Wochen", schätzt Thomas Berens, Geschäftsführer des Seniorenzentrums St. Johannes. In unmittelbarer Nähe zur Innenstadt werden dann die Salvatorianerinnen, die Träger der Einrichtung an der Landfurt sind, im Küstergarten den Spaten ansetzen und ein Haus mit seniorengerechten Wohnungen sowie einem öffentlichen Café- und Infobereich errichten.

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