In diesem neuen Steinheimer Café kommen Tabus auf den Tisch

Steinheim. Es sind Zahlen, die zeigen, dass sich dringend etwas ändern muss: Rund ein Drittel der Deutschen leidet inzwischen unter psychischen Erkrankungen, darunter Angststörungen und Phobien. Doch darüber sprechen? Oft noch ein Tabu. Für die Betroffenen selbst, aber auch für ihre Mitmenschen. Hierzulande zählen psychische Erkrankungen neben Herz-Kreislauf-Problemen, bösartigen Neubildungen und muskuloskelettalen Erkrankungen zu den vier häufigsten Ursachen für den Verlust gesunder Lebensjahre. &bdquo;Erschreckend, oder?“, sagt Lebensberaterin Anne Bielemeier, die gerne mehr Menschen zurück zu einem emotionalen Wohlbefinden verhelfen möchte. Auch in ihrer Wahl-Heimat Steinheim. Als lockeres Angebot lädt sie ganz neu ins Mental-Health-Café ein. Doch was genau passiert dort? Steinheimerin kennt Problematik aus der eigenen Familie Nicht jeder ist suizidgefährdet, nicht jeder depressiv – aber vielen Leuten geht es mental nicht gut. Sie leiden still, isolieren sich, sind von Selbstzweifeln geplagt. &bdquo;Wir sollten in Deutschland möglichst schnell etwas daran ändern, wie wir mit mentaler Gesundheit umgehen“, sagt Bielemeier. Das Thema müsse dringend normalisiert werden. &bdquo;Leider ist es das aktuell noch nicht“, fügt die Vinsebeckerin hinzu. Wohl auch, weil es vielen Menschen überaus schwerfällt, über die eigenen Gefühle zu sprechen. Aus eigener Erfahrung weiß das auch Bielemeier. Im März 2011 nahm sich ihr Bruder mit nur 32 Jahren das Leben. &bdquo;Er hatte sich völlig verloren und wahnsinnige Ängste“, erzählt sie. &bdquo;Sein Suizid hat mein Leben damals komplett über den Haufen geworfen“, so Bielemeier. Doch lange Zeit sprach sie nicht über ihre Gefühle, war ihren Eltern, Freunden und vor allem sich selbst gegenüber nicht ehrlich. &bdquo;Ich hatte meine emotionale Integrität verloren“, sagt sie. Doch sie überwand sich – und erlangte sie zurück. Passend dazu: Nach eigenen Schicksalsschlägen: Steinheimerin Anne Bielemeier hilft Trauernden Bielemeier weiß also, wie schwer es ist, sich zu ehrlichen Worten über die eigenen Gefühle durchzuringen. Sie weiß aber auch, wie sehr das Reden hilft, wenn der &bdquo;Bann“ denn erst einmal gebrochen ist. Für wen ist das neue Café in Steinheim gedacht? Zuhören, reden, aufladen, wachsen, runterkommen, lachen: Die 42-jährige Coachin möchte den Gästen ihres neuen Mental-Health-Cafés eine ganz lockere Atmosphäre bieten, um sich über psychische Gesundheit austauschen zu können – sei es mit Blick auf sich selbst oder auf Angehörige und Freunde. Eine extra Anmeldung braucht es dafür nicht. Und informativ wird es in jedem Fall, denn die Café-Termine enthalten je einen kleinen Vortrag mit verschiedenen Anregungen und anschließend viel Zeit für Fragen und Gespräche. Zum Thema: &bdquo;Ich mache Selbsthilfe, damit ich nicht vergesse, dass ich depressiv bin“ Wer dabei nur zuhören mag, hört nur zu. &bdquo;Niemand sollte zögern, sich zu uns zu gesellen“, lädt Bielemeier alle Interessierten ein. Und auch schämen sollte sich niemand: &bdquo;Psychische Erkrankungen sind kein Randphänomen, sondern treffen jeden dritten Deutschen“, betont die Vinsebeckerin, deren Wurzeln in Bruchhausen liegen. Lesen Sie auch: &bdquo;Achtsam ist mein neues Lieblingswort“: Wie ein Brakeler die Depression besiegte Sie sagt: &bdquo;Wo ein Mensch, da ja eine Psyche. Und wo eine Psyche, da darf ich mich auch um diese Psyche, also um ihre Gesundheit und emotionales Wohlbefinden, kümmern“. Und Bielemeier fügt hinzu: &bdquo;Das ist etwas, was in unserer Gesellschaft leider noch keinen guten Standard erreicht hat“. Mit ihrem neuen Angebot möchte sie diesen Standard zumindest in der Emmerstadt schon mal erhöhen: Es startet am Donnerstag, 30. Januar, um 16 Uhr in der oberen Etage des Steinheimer Cafés heiter bis lecker auf dem Chemical-Check-Platz. &bdquo;Ich bin Café-Betreiberin Sarah Wesdijk sehr dankbar, dass sie mir die Räumlichkeiten ein Mal pro Monat für das Mental-Health-Café zur Verfügung stellt“, so Bielemeier. Café-Besuch ersetzt keine Therapie Das Café ersetze keine Therapie, aber es werden Wissen, Werkzeuge und Ideen vermittelt, die bei den eigenen Herausforderungen helfen können, so Bielemeier. &bdquo;Das Café ist sicherlich nicht die Lösung zu dem großen Problem da draußen, aber ich möchte hier vor Ort einfach noch aktiver werden und das Thema Mental Health für die Menschen zugänglicher machen und die Angst um dieses Thema verringern“, sagt sie Emotionscoachin, &bdquo;wir müssen weg von den Stigmatisierungen und dem Schweigen“. Fortbildung, um weitere Dienstleistungen anbieten zu können Für ihr berufliches Tun mit dem Feel-&-Heal-Studio hat Bielemeier übrigens zuletzt die Räumlichkeiten gewechselt: Arbeitete die Emotions- und Naturcoachin zunächst in der Kernstadt, betreibt sie ihre neue Praxis nun in Vinsebeck. Lesen Sie auch: Aktion &bdquo;Wir haben Depressionen“: Was hinter diesem Projekt steckt Spezialisiert hat sie sich dabei auf die emotionale Integrität von Müttern und Frauen. Und: Zusätzlich absolviert sie gerade ihren Heilpraktiker für Psychotherapie, um ihre Handlungsmöglichkeiten bald noch erweitern zu können. Anmerkung der Redaktion: Generell berichten wir nicht über Selbsttötungen, es sei denn, es gibt besondere Gründe für eine erhöhte Aufmerksamkeit. Wir halten uns möglichst zurück, da es bei Suiziden eine hohe Nachahmerquote gibt. Sollten Sie sich von besonderen Lebensumständen betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte die Telefonseelsorge. Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie 24 Stunden am Tag Hilfe und Beratung.

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