Eine Lebensgeschichte

Aus Gambia nach Steinheim - voll integriert und mit Plänen für die Zukunft

Nach Verfolgung, Odyssee und Angst vor Abschiebung hat Mahamadou Sey in Steinheim ein Zuhause gefunden und engagiert sich. Er zeigt, wie Integration gelingt.

Für sein soziales und ehrenamtliches Engagement 2017 erhält er den Integrationspreis des Kreises (hier mit Thomas Rebbe). | © Privat/Sandra Schröder

12.12.2022 | 12.12.2022, 03:00

Steinheim. Alle, die Mo in der Steinheimer Innenstadt treffen, werden mit einem strahlenden Lächeln begrüßt. Mo heißt eigentlich Mahamadou Sey und ist ein freundlicher und fröhlicher Mensch. Er wohnt seit 2015 in der Emmerstadt. Aber seine Geschichte fängt im Jahr 1982 an.

Mo wurde vor 40 Jahren in Gambia geboren. Nach vielen politischen Unruhen zählt es heute zu den ärmsten Ländern der Welt. Mahamadou wuchs zusammen mit seinen Geschwistern in Bakou auf. Die Stadt liegt direkt am Atlantik und ist etwa doppelt so groß wie Höxter. Bis 1994 verbrachte er dort mit seiner Familie und seinen Freunden eine glückliche Kindheit. Als der Diktator Yahja Jammeh 1994 bei einem militärischen Staatsstreich an die Macht kam, etablierte er in Gambia einen Polizeistaat und führte auch die Todesstrafe für Mord und Hochverrat ein.

2000 kam es bei regimekritischen Demonstrationen von Schüler und Studierenden zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Es gab Verhaftungen, Menschen wurden gefoltert oder verschwanden spurlos. Mahamadou, der daran als 18-Jähriger teilnahm, musste aus dem Land fliehen.

Über den Nachbarstaat Senegal kam er im Sommer 2000 in Frankfurt an. Sein erster Asylantrag in Deutschland wurde abgelehnt, so dass er viele Jahre bei Freunden und Bekannten ohne Aufenthaltsgenehmigung wohnte und sich versteckte. Immer in Angst, entdeckt und abgeschoben zu werden.

Deutsch brachte er sich selbst bei

Mahamadou Sey hat sich sehr für den Bau der Hochbeete bei GeiSt engagiert. - © Privat/Sandra Schröder
Mahamadou Sey hat sich sehr für den Bau der Hochbeete bei GeiSt engagiert. | © Privat/Sandra Schröder

„Deutsch brachte ich mir in Gesprächen, aus Zeitungen oder mit Hilfe des Fernsehens selbst bei,“ erzählt er. Neben Deutsch spricht er Englisch, Französisch und drei afrikanische Stammessprachen. 2015 stellte er auf Anraten eines guten Freundes einen zweiten Asylantrag und kam im Juli des Jahres nach Steinheim.

Angekommen, engagierte er sich sofort und bemühte sich aktiv um seine Integration. „Ich wollte in Steinheim gern eine eigene Wohnung haben und arbeiten“, sagt er. Erste Kontakte knüpfte er im Verein Steinheim International, im Café International und im Zentrum aller Kulturen. Dort arbeitet er bis heute ehrenamtlich mit und unterstützt andere Flüchtlinge.

Der Umgang mit Menschen liegt ihm. Sein soziales, freundliches Wesen und seine sehr guten Deutschkenntnisse helfen ihm bei seinem Engagement. „Ich habe in Steinheim viele gute Freunde gefunden.“ Für seine ehrenamtliche Arbeit insbesondere für das Zentrum aller Kulturen und GeiSt (Gemeinsam für Steinheim) wurde ihm 2017 der Integrationspreis des Kreises Höxter verliehen. „Die Unterstützung der Menschen hat mir sehr großen Spaß gemacht. In Gambia hatte ich eine schulische Ausbildung in der Altenpflege angefangen“, sagt er. Diese Ausbildung konnte er wegen seiner Flucht nicht beenden.

Ehrenamtliches Engagement bis zum Erhalt der Arbeitserlaubnis

Da er vorerst keine Arbeitserlaubnis bekam, bat er die Stadt Steinheim, eine gemeinnützige Tätigkeit ausüben zu dürfen. Er unterstützte – neben seinem ehrenamtlichen Engagement – die Grundschule Steinheim mit hausmeisterlichen Tätigkeiten. Nach zwei Jahren bekam Mahamadou die Arbeitserlaubnis des Kreises und wurde in der Zentralküche der KHWE angestellt. Dort arbeitet er bis heute.

In dem Jahr wurde sein zweiter Asylantrag vom BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) abgelehnt und er musste wieder damit rechnen, abgeschoben zu werden. Nochmals untertauchen und verstecken war für ihn keine Option, denn Steinheim war für ihn zu einem Zuhause geworden. Mit der Unterstützung seines Freundes Thomas Rebbe klagte er gegen die Ablehnung seines Antrags. „Es war eine lange Zeit, bis ich die Genehmigung hatte und hierbleiben darf“, sagt Mahamadou.

Und tatsächlich hat er erst im September – sieben Jahre nach seinem zweiten Asylantrag – eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Diese gilt erst einmal für zwei Jahre, kann aber verlängert werden. „Ohne Thomas und meine anderen Freunde hätte ich es nicht geschafft.“ Als er das erzählt, strahlt er. Thomas und seine Familie sind längst auch zu seiner Familie geworden.

Für die Zukunft hat Mahamadou schon Pläne: „Ich möchte gern den Führerschein machen und vielleicht kann ich in der Altenpflege oder -betreuung arbeiten.“ Sein größter Wunsch ist es aber, in Deutschland eingebürgert zu werden.