Weniger Parkplätze, mehr Bänke – Nieheim wagt ein Verkehrsexperiment

Nieheim. Nieheims Klimamanager Martin Stamm weiß, dass es ein heißes Thema ist, und versucht, es lächelnd positiv zu verkaufen: Um die Aufenthaltsqualität zu steigern, sollen auf der Marktstraße ein paar Parkplätze wegfallen und dafür beispielsweise Sitzmöbel aufgestellt werden. Es gehe darum, etwas mehr Leben in die Stadt zu bringen. &bdquo;Wenn man die Marktstraße aktuell betrachtet, ist das Konzept, so wie es heute ist, etwa 50 Jahre alt“, stellt er fest. In der Mitte die Straße, rechts und links viele Parkmöglichkeiten und die Fußwege. &bdquo;Aber sehr wenige Möglichkeiten, wo Begegnung stattfinden kann“, erläutert Stamm in der jüngsten Ortsausschusssitzung. Um das zu ändern, wolle die Stadt gemeinsam mit dem Zukunftsnetzwerk Mobilität ein Experiment durchführen, das unter dem schönen Namen &bdquo;Stadtterrassen“ firmiert. Vor allem mehr Sitzgelegenheiten sollen probeweise geschaffen werden. Parkplätze in Nieheim sollen zeitweise wegfallen Dabei versucht er die Quadratur des Kreises, denn der Platz auf der Marktstraße ist schon jetzt eng begrenzt. Denn keiner der Nutzer – vom Fußgänger über Fahrrad- und Autofahrer bis hin zum ÖPNV-Nutzer solle eingeschränkt werden. &bdquo;Das ist nicht ganz einfach“, räumt Stamm ein, weshalb die Standorte mit allen Beteiligten, wie beispielsweise Gewerbetreibende und Ordnungsamt, genauestens abgestimmt werden sollen. Schlechte Schulnoten: Woran es Nieheim als Einkaufsstadt mangelt Klar ist aber schon jetzt: &bdquo;Einige Parkplätze werden wegfallen.“ Er ist überzeugt, dass der Weg richtig ist: &bdquo;Die Kaufkraft steigt automatisch, wenn Leben in der Stadt ist, aber nicht durch Parkplätze.“ Ausprobieren statt lange planen Der entscheidende Vorteil, den Stamm heraushebt: Nieheim kann sich ausprobieren, ob die neuen Ideen zur Marktstraße passen. Denn das vom NRW-Umweltministerium initiierte Zukunftsnetzwerk, in dem Nieheim seit längerem Mitglied ist, stellt die Stadtmöbel kostenlos zur Verfügung. Auch zusätzliche Fahrradstellplätze und Blumenkübel sollen aufgestellt werden. Nieheim kann sich aus einem größeren Angebot aussuchen, was zur Marktstraße passt. Der örtliche Bauhof muss nur bei Auf- und Abbau helfen. Sechs Wochen lang sollen die Möbel dann in Nieheim stehen, den Zeitraum will die Verwaltung noch abstimmen, schlägt selbst aber vom 27. Juli über den Käsemarkt bis 12. September kommenden Jahres vor. Nieheims Standorte brauchen Rechtssicherheit Danach soll ausgewertet werden, ob das Konzept bei den Nieheimern ankommt und tatsächlich zu einer besseren Atmosphäre in der Stadt führt – dann könne man überlegen, ob und welche Möbel man dauerhaft anschafft und wie man das finanziert, so Stamm. Das Positive: Die zeitliche Begrenzung nehme die Angst vor Veränderung, das Neue kann sprichwörtlich ausprobiert werden. Nieheims Angst vor dem Knöllchen: Rat ist gegen zusätzliche Kontrollkraft Stamm hat auch schon einige Beispiele im Gepäck, wo die Stadtmöbel aufgestellt werden könnten: vor dem Rathaus, an einigen Geschäften, am Kump und am Kreisel. Ideen sind das, nichts sei festgelegt. Denn eines müsse auf jeden Fall geprüft werden: die Rechtssicherheit der Standorte. Viel Lob und eine Sorge in Nieheim Eine neue Sitzbank dürfe beispielsweise Kinder nicht dazu verleiten, dass sie direkt auf die Straße in den fließenden Verkehr springen können. Der solle übrigens trotz der Stadtterrassen möglichst ungehindert fließen können. Vielleicht etwas langsamer und mit Einschränkungen für die ganz schweren Trecker. Vom Ortsausschuss gibt es viel Lob für die Idee, dieses Experiment zu starten, natürlich verbunden mit der Sorge um die Parkplätze. &bdquo;Die sind absolut wichtig für die Einzelhändler“, hebt SPD-Fraktionschef Wolfgang Kuckuk hervor. Gleichwohl betont seine Parteikollegin Jana Katharina Reineke, dass es in der Kernstadt eigentlich ausreichend Parkplätze gibt, wenn man bereit sei, ein paar Meter zu laufen. Aktuell wird gern direkt vor den Geschäftseingängen geparkt. Einmütig beschließt der Ortsausschuss schließlich, sich beim Zukunftsnetzwerk um die Stadtterrassen zu bewerben. Nieheim ist dabei in guter Gesellschaft. Detmold und Lage haben die Stadtterrassen schon ausprobiert, aber auch Bonn und Bochum.

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