Kritik an Google-Rezensionen im Kreis Höxter: „Weiß nicht, in welchem Freibad sie war“

Nieheim. Planung eines Familienausfluges: Die Hand bewegt sich in Richtung der Hosentasche, die Finger klammern sich um ein Kunststoffobjekt und ziehen das Handy ans Tageslicht. Tack, tack, tack, die Finger fliegen über die eingeblendete Tastatur. Zack: Die Bewertung zum gegoogelten Freibad ploppt auf. Allerdings beruhen diese Bewertungen auf individuellen Eindrücken von Nutzern oder Besuchern – zum Teil offensichtlich auch schon sehr alten. Und die stimmen nicht immer mit der aktuellen Einschätzung der Betreiber überein, möglicherweise auch nicht mit den Einschätzungen der aktuellen Nutzer. Dem Freibad am Holsterberg in Nieheim stößt die Willkür der Bewertungen derzeit auf. Die &bdquo;Neue Westfälische“ hatte sich in einem vorherigen Artikel die Google-Bewertungen der Freibäder im Kreis Höxter angeschaut, das Nieheimer Bad hatte dabei in einigen Bewertungen schlecht abgeschnitten. Doch: Wer heute einen Ausflug plant, kommt daran praktisch nicht vorbei. Damit fällt den Bewertungen der Suchmaschine eine ziemlich große Macht zu. Wer im Internet nachschaut, sieht etwa beim Freibad in Nieheim, dass es von den Google-Nutzern 3,9 Punkte bekommt. Neben vielen lobenden Kommentaren gibt es dabei auch etliche Kritik: &bdquo;Ich habe das kleine Bad grad für mich entdeckt, dann wurde die Wassertemperatur gesenkt“, heißt es in einer Bewertung. &bdquo;Ich weiß nicht, in welchem Bad sie gewesen ist“, sagt dazu Roland Baak, Betriebsleiter des Kombibades Nieheim. Wie warm ist es im Nieheimer Freibad? Zwar habe es tatsächlich eine Absenkung der Temperatur von 28,8 auf 27,8 Grad gegeben – aber nicht im Jahr 2023, als die Bewertung geschrieben wurde. Eine weitere Nutzerin moniert, das Bad sei &bdquo;viel zu kalt. Im Wasser und in den Umkleidekabinen“. Baak hat für die Kritik wenig Verständnis. &bdquo;Ich weiß nicht, wo die Leute leben und mit welchen Erwartungen sie ein herkömmliches Schwimmbad besuchen“. Im Kinderbecken etwa sei es 31,5 Grad warm. In der Umkleidekabine könnten Nutzer das Gefühl haben, dass es kalt sei, dabei sei dort Fußbodenheizung verlegt. &bdquo;Aber wenn ich aus der warmen Dusche komme, fühlt es sich möglicherweise kalt an“, sagt der Betriebsleiter. Wieder eine andere Nutzerin beschwert sich darüber, dass der Kiosk geschlossen habe – diese Kritik ist schon vier Jahre alt. &bdquo;Wir haben schon seit Jahren keinen Kiosk mehr. Der Kiosk war also nicht nur im Moment des Besuchs der Dame geschlossen, sondern schon länger – und die Bewertung verzerrt die Wahrheit. Ich als verantwortlicher Betriebsleiter kann daran auch nichts ändern, muss mir diese Kritik heute aber in Google immer noch vorhalten lassen“, stellt Baak klar. Wie aktuell sind die Bewertungen bei Google? Für ihn ist vor allem ärgerlich, dass Google auch Rezensionen in die Gesamtnote einfließen lässt, die eben alles andere als aktuell sind. Über &bdquo;unfreundliches Personal“ klagt eine andere Nutzerin. Diese Bewertung ist bereits sechs Jahre alt. &bdquo;Wie sich das Personal vor sechs Jahren verhalten hat, darauf hat die Stadt Nieheim und darauf habe ich heute keinen Einfluss mehr. Die Frage ist, welche Relevanz hat eine sechs Jahre alte Kritik dieser Art heute überhaupt noch?“, fragt Baak. Er stellt fest, dass der Ton der Besucher in den letzten Jahren fordernder geworden sei. Es fehle hier und da zum Beispiel das Verständnis dafür, dass das Becken für alle da ist und die gemeinsame Nutzung nur harmonisch funktioniere, wenn Rücksicht auf die jeweiligen Belange genommen wird. Das Instrument der Google-Bewertung ist nach Ansicht von Baak sehr einseitig ausgerichtet und lasse sich nur schwer objektivieren. Lesen Sie auch: Das sind die Top-Freibäder im Kreis Höxter &bdquo;Auch wenn wir freundlich auf bestimmte Dinge hinweisen, müssen wir jederzeit damit rechnen, anschließend über Google kritisiert zu werden.“ Die &bdquo;Neue Westfälische“ hat bei dem Konzern mit dem Hauptsitz im kalifornischen Mountain-View nachgefragt, wie Inhaber sich vor falschen oder willkürlichen Bewertungen schützen können. Eine Sprecherin verweist dabei auf die Nutzerrrichtlinien, die besagen, &bdquo;dass Bewertungen auf echten Erfahrungen und Informationen basieren müssen“. Was sagt Google zu den Vorwürfen? Zudem habe das Unternehmen &bdquo;klare Regeln für verbotene und eingeschränkt zugelassene Inhalte, die beleidigende Einträge und gefälschte Beiträge verbieten“. Größtenteils würden diese Beiträge bereits entfernt, bevor Nutzer sie überhaupt zu sehen bekommen. &bdquo;Unsere Systeme überprüfen jeden einzelnen Beitrag, bevor er in Google Maps veröffentlicht wird, und suchen nach Anzeichen auf gefälschte Inhalte.“ Baak sagt dazu: &bdquo;Bei mir im Bad war noch niemand und hat nachgeschaut. Die Bewertungen müssen auch gar nicht gefälscht sein, das ist nicht mein Vorwurf – sie sollten aber die aktuellen Fakten widerspiegeln und entsprechend die Wahrheit nicht verzerren.“ Die Sprecherin des kalifornischen Tech-Giganten räumt ein: &bdquo;Wir verbessern zwar kontinuierlich unsere automatisierten Systeme, wissen aber auch, dass diese noch nicht perfekt sind und gefälschte Bewertungen ab und zu durchrutschen können.“ Deshalb setze &bdquo;Google“ zusätzlich Teams von geschulten Mitarbeitern und Analysten ein, die Bewertungen, Fotos, Geschäftsprofile und weitere Inhalte prüfen. Die Sprecherin von Google schlägt vor, dass sich Einrichtungen oder Unternehmer als Inhaber eintragen lassen. So könnten sie die Bewertungen, in diesem Fall für das Bad am Holsterberg – aber Gleiches gilt für Restaurants oder Hotels – als Inhaber kommentieren. Welche Chancen haben Firmeninhaber? Nur wenige Unternehmen und Einrichtungen im Kreis Höxter haben diesen Schritt gemacht. So könnten zumindest grob falsche Aussagen vom Inhaber richtiggestellt werden – die falsche Aussage in der Bewertung stünde jedoch dennoch vorn. Und auch an der Note, die die Nutzer vergeben, ändert ein solcher Kommentar am Ende nichts. Für Nutzerinnen und Nutzer, die sich ernsthaft für ein Unternehmen interessieren, könnte dieser Inhaber-Kommentar dennoch hilfreich sein, um etwaige Kritik der Online–Suchmaschinen-Nutzer besser einordnen zu können. Die Funktion, Bewertungen als Inhaber zu kommentieren beziehungsweise darauf zu antworten, bietet das Unternehmen Google kostenfrei an. Das Freibad in Nieheim hegt, ganz unabhängig von den Google-Bewertungen, etliche Pläne zur Bad-Sanierung, die das Schwimmen noch angenehmer machen dürften.

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