Ende einer Pferdezucht-Ära in Nieheim

Nieheim. &bdquo;In diesem Augenblick gehen für mich 30 Jahre Westfälisches Kaltblut und 50 Jahre Pferdehaltung zu Ende“, sagt Ulrich Pieper mit Tränen in den Augen. Soeben hat er gemeinsam mit seinem langjährigen Begleiter Theodor Aust den sechs Monate alten Kaltbluthengst Niko verkauft und damit das Kapitel Westfälisches Kaltblutpferd für die Nikolaus und Weberstadt für immer abgeschlossen. Nur wenige Stunden zuvor mussten sich die beiden Pferdefreunde an diesem denkwürdigen 22. Dezember auch von der Staatsprämienstute Antonia verabschieden und sie mit einem neuen Besitzer vom Hof fahren lassen. &bdquo;Dieser Abschied fällt uns allen wahnsinnig schwer“, sagt Ulrich Pieper, als er dem jungen Hengst noch einmal den Kopf krault und dabei in die Augen schaut, &bdquo;aber unter den gegebenen Umständen können wir die Pferde nicht mehr halten.“ Diese &bdquo;gegebenen Umstände“ sind zum einen die Versorgung der Pferde, denn nachdem Werner Gosse verstarb, blieben nur noch Uli Pieper, Theodor Aust und Heinrich Krawinkel als Dauerbetreuer übrig. Zum andern ließen unüberbrückbare Differenzen mit dem neu aufgestellten Heimatverein keine Hoffnung auf eine weitere Zusammenarbeit mehr aufkommen. Und auch das eigene Alter macht den Freunden des Westfälischen Kaltblutpferdes kräftig zu schaffen. Beim Schützenfest entstand die Vereinsidee Doch wenn nach den Erinnerungen gefragt wird, beginnen die Augen wieder zu leuchten und Schmunzeln müssen die Pferdefreunde immer wieder, wenn sie an die Vereinsgründung im Jahr 1993 zurückdenken, denn diese wurde beim Schützenfest und in Bierlaune beschlossen. In den Vereinsnachrichten ist dazu vermerkt, dass 1993 ein Offizier der Alten Schützengesellschaft die Schnapsidee hatte, dem Pferdemangel bei den historischen Schützenfesten mit einer eigenen Zucht Westfälischer Kaltblutpferde entgegenzuwirken. Dieser Gedanke war auch dann noch akut vorhanden, als die Wirkung der alkoholischen Getränke längst verrauscht war. Den Anlass zu diesen Überlegungen aber hatte eine Pferdedame namens Sina gegeben. Von ihr, die man eigens für das Schützenfest ausgeliehen hatte, waren einige Offiziere der Alten Schützengesellschaft so fasziniert, dass sie noch am Ende des Festes Geld sammelten und Sina bereits vier Wochen später per Handschlag kauften. Nun wurde ein Stall eingerichtet und ein kräftiger Hengst durfte die hübsche Stute beglücken. 1994 kam Tochter Antje zur Welt. Nieheimer Kaltblutpferde erreichen erste Plätze Alsdann stellten sich Mutter und Tochter in Hamm bei der 1. Westfälischen Kaltblutschau dem Preisgericht vor und belegten gemeinsam mit zwei weiteren Sina-Töchtern als Pferdefamilie einen 1. Platz. Weitere Preise folgten. Nach einem Tete-à-Tete mit dem Hengst Apollo kam 1995 das Hengstfohlen Armin zur Welt. Kaltbluthengst Horst beglückte später gleich Mutter und Tochter, so dass Sina den Hannes, und Tochter Antje den kleinen Hektor bekamen. Die Nieheimer wurden somit auch erfolgreiche Züchter. In ihren besten Zeiten hielten die dem Heimatverein angeschlossene Pferdefreunde sechs Kaltblutpferde. &bdquo;Unser Star war natürlich Antonia“, sagt Ulrich Pieper rückblickend, denn die 2014 geborene Staatsprämienstute belegte bei der Westfalenschau den fünften Platz. Zwei der in Nieheim gezüchteten Hengste kamen nach Belgien und im Rheinland zum Deckeinsatz. Ein dritter gab seine guten Gene in Hessen an die Nachkommen weiter. Nun aber ist die Zeit der warmherzigen Kaltblüter für Nieheim zu Ende. Antonia wird in Sassenberg bei Warendorf als Zug- und Zuchtpferd weiterleben, während Niko in Nürnberg als Zuchthengst eingesetzt werden und werbewirksam einen Brauwagen ziehen soll.

Meistgelesen