Mit neuen Ideen will diese Stadt im Kreis Höxter sieben Windräder verhindern

Marienmünster. Wenn Marienmünsters Bauamtsleiter Stefan Niemann über Windkraft spricht, dann wird den Zuhörenden fast schwindelig. Und das nicht, weil einem dabei gleich die vorbeisausenden Rotorblätter vorm geistigen Auge erscheinen, sondern weil es inzwischen eine wahre Paragrafen-Jonglage ist. Nachdem die kleinste Kommune des Kreises Höxter zuletzt die Genehmigungen einiger Windräder frustriert hinnehmen musste, beispielsweise für drei Anlagen bei Bredenborn, bereitet eine Gesetzesänderung nun wieder Hoffnung, beantragten Anlagen im Stadtgebiet das gemeindliche Einvernehmen erfolgreich zu verwehren. Nur: Wie lange wird dieses Gesetz von Dauer sein? Laufen die Rotorblätter eines Windrades auch konsequent rundherum im Kreis, so ist es mit Blick auf die Vorgaben und Gesetze zu diesem Thema doch vielmehr ein Hin und Her. Vorbescheide nach Paragraf 9 Absatz 1 des Bundes-Immissionsschutz-Gesetzes treffen dabei aktuell auf das RED-III-Umsetzungsgesetz, genauer auf Paragraf 249 Absatz 2 Baugesetzbuch. Um diese umstrittenen Windräder geht es Okay, ist man jetzt nicht ausgerechnet ein Profi im Baurecht, dann sagt einem das erst einmal nicht sonderlich viel. Aber vereinfacht gesagt: Es gibt seit August einige Änderungen im Baurecht, die nun auch ein neues Licht auf die insgesamt sieben beantragten Windenergieanlagen in den Gemarkungen Kollerbeck, Papenhöfen sowie Vörden/Bredenborn werfen. Gerichtsurteil mit Folgen: Windrad vertreibt Modellflieger in Marienmünster Vorbescheide für alle sieben Anlagen wurden bereits im Februar auf Grundlage der jeweiligen Planungsverfahren erlassen. Und dennoch war Marienmünsters Stadtrat nun noch einmal dazu aufgerufen, Entscheidungen zum gemeindlichen Einvernehmen zu treffen. Nämlich fürs Hauptverfahren. &bdquo;Wir haben für dieses Verfahren jetzt sehr lange geprüft“, so Niemann. Dabei sei der Kreis auf eine Neuerung gestoßen: &bdquo;Mit dem Beschluss zu den Vorbescheiden führt das nun zu anderen Entscheidungsmöglichkeiten, als wir ursprünglich gedacht haben“, so Marienmünsters Bauamtsleiter, &bdquo;wir können das gemeindliche Einvernehmen versagen – so dass alle sieben Anlagen nicht gebaut werden können, so lange es nicht gewollt ist“. Verstecke Änderung im Baurecht Und genau für dieses Verwehren der zwei Anlagen in Papenhöfen, der drei Anlagen zwischen Bredenborn und Vörden rund um den Modellflugplatz sowie der beiden Anlagen in Kollerbeck entschied sich der Rat am Mittwochabend auch einhellig. Doch wieso ist das plötzlich möglich? Der Regionalplan ist längst beschlossen und in ihm ist auch der Flächenbeitragswert für die Windenergie festgelegt. &bdquo;Die sieben beantragten Anlagen in Kollerbeck, Papenhöfen und Vörden/Bredenborn liegen allesamt außerhalb von Windenergiebereichen und könnten theoretisch zugelassen werden – wenn da nicht jetzt das neue Gesetz ins Spiel käme“, so Niemann. Letzteres enthalte viele, recht versteckte Änderungen im Baurecht, die aber nun entdeckt worden sind. Geschacher in Marienmünster: Ort im Kreis Höxter bekommt fast eine Million aus Windkraft Eine dieser Änderungen besagt, dass das überragende öffentliche Interesse, das der Windkraft immer zugesprochen wurde, für Anlagen, die außerhalb der Windenergiebereiche liegen, jetzt nicht mehr gegeben ist. Und das ist bei den sieben Anlagen, die man am Mittwoch in Marienmünster in den Fokus nahm, eben tatsächlich der Fall. Niemann warf bei seinen Erläuterungen auch einen Blick zurück zur Aussage des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster: &bdquo;Im OVG-Beschluss zu den jeweiligen Windenergieanlagen hat man festgestellt, dass die öffentlichen Belange, auf die unter anderem in Paragraf 35 verwiesen wird, noch nicht im Vorverfahren geprüft worden sind“. Öffentliche Belange müssen im Gerichtsverfahren geprüft werden Heißt: Die Belange Artenschutz, Denkmalschutz sowie Landschafts- und Ortsbild sind jetzt definitiv im Hauptverfahren noch zu prüfen. Dabei ist inzwischen sowohl eine Beeinträchtigung als auch eine bloße Berührung dieser Aspekte schon zu viel – das öffentliche Interesse nicht mehr überragend. Dass die Belange bei den sieben beantragten Anlagen in Marienmünster dabei maßgeblich beeinträchtigt sind, ist wohl sicher: &bdquo;Es gibt ein Gutachten der ecoda GmbH, das der Vorhabenträger einst selber hat erstellen lassen“, so Niemann, &bdquo;zu einer Zeit, als noch das überragende öffentliche Interesse galt und eine Beeinträchtigung für das Vorhaben gar nicht schlimm war“. In diesem Gutachten wird unter anderem festgestellt: &bdquo;Erhebliche Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sind bei Errichtung und Betrieb von den Windenergieanlagen wegen des beschriebenen Wirkpotenzials unvermeidbar“. Ein deutlicher Satz, der nun den Marienmünsteranern in die Karten spielt. Denn: &bdquo;Da inzwischen schon eine Berührung des Landschaftsbildes zu viel scheint, ist diese Hürde auf jeden Fall genommen“, so Niemann unter anderem mit Blick auf ein unbelastetes Niesetal genau dort, wo in Kollerbeck und Papenhöfen Anlagen beantragt sind. Welches Risiko die Stadt Marienmünster hat Der Bauamtsleiter betonte aber auch: &bdquo;Zu den Risiken will ich nichts verheimlichen“. Das Ganze sei rechtlich natürlich geprüft und scheine korrekt zu sein, &bdquo;doch es ist nicht klar, ob das Gesetz, das nun diese Änderung hervorgerufen hat, auf Dauer halten wird“. Dass solche Gesetzesänderungen bei Gericht wieder gekippt werden können, habe man schließlich auch schon erlebt. Planung für Windräder: Weitere Windkraft-Niederlage vor Gericht für Marienmünster Bei der völligen Umkehr vom bisherigen überragenden öffentlichen Interesse hin zum jetzigen &bdquo;nicht mehr berühren“ könne man nur hoffen, dass die Gesetzesbegründung gut war – und, dass sie hält, so Niemann. Sonst könnte es in einem Klageverfahren doch wieder zum Kippen der Entscheidung des Marienmünsteraner Stadtrates kommen. &bdquo;Wir müssen aber davon ausgehen können, dass ein Gesetz, das jetzt so erlassen ist, auch erstmal gilt“, sagte dazu Bürgermeister Josef Suermann. Sicher ist: Der Kreis wird Marienmünsters Entscheidung mittragen, ließ die Verwaltung verlauten. Und Niemann ist hoffnungsvoll: &bdquo;Nach dem, was sich nun durch die Änderung des Gesetzes in Verbindung mit dem Beschluss des OVG ergibt, müsste das klappen“.

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