Naturschutz-Offensive im Kreis Höxter: Millionen für Amphibien

Kreis Höxter. Sehr ländliche Gebiete wie der Kreis Höxter werden häufig mit einer intakten Natur gleichgesetzt, weil es hier grüner als in den grauen städtischen Betonwüsten ist. Doch Kulturlandschaft heißt häufig große Felder mit Monokulturen, begradigte Flüsse mit wenig ursprünglichem Lebensraum für Tiere und Pflanzen. &bdquo;Amphibien haben beispielsweise kaum natürlichen Lebensraum an kleineren Flussläufen“, sagt Frank Grawe, Leiter der Landschaftsstation im Kreis Höxter im Gespräch mit der &bdquo;Neuen Westfälischen“. Dabei gibt es hier viele Naturschutz- und Renaturierungsmaßnahmen. Doch die sind häufig sehr punktuell. Ein neues Projekt &bdquo;Grüne Infrastruktur“ soll nun entlang von Gewässern überall im Kreis Höxter Verbundachsen schaffen und damit mehr natürlichen Lebensraum. Und das, ohne dass Landwirten wertvolle Acker- und Weideflächen verloren gehen sollen. Fünf Millionen Euro für Naturschutz im Kreis Höxter Mehr als fünf Millionen Euro Fördergeld aus dem Efre-Programm sollen dafür eingesetzt werden. &bdquo;Noch sind wir in der Antragsphase“, sagt Grawe. Er ist sehr optimistisch, dass das Geld fließt. Denn wichtige Gespräche mit der Bezirksregierung wurden bereits geführt. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Kreis Höxter, der aus Windkraftersatzgeldern zusätzlich rund eine Million Euro beisteuern will. Und auch die zehn Städte sind mit im Boot. Nicht mit Geld, sondern mit Wissen und Flächen. Bedrohte Amphibien: Diese Projekte im Kreis Höxter helfen Fröschen &bdquo;Das Projekt sieht vor, Biotope entlang der Fließgewässer grüne Lebensräume entstehen zu lassen“, erklärt Klimamanager Martin Stamm, der das Projekt unlängst im Nieheimer Rat vorstellte. Ganz praktisch sollen beispielsweise Mulden für Stillgewässer gelegt werden, in denen sich Amphibien wohlfühlen. Auch Auenwälder und Feuchtwiesen könnten entstehen. Hierbei sollen sowohl kommunale Flächen, Flächen im Besitz von Land und Bund, als auch private Flächen einbezogen werden. Wichtig: Die Flächen müssen sich innerhalb eines Ein-Kilometer-Abstandes zum Fließgewässer befinden, so Stamm weiter. Landwirte im Kreis Höxter werden beteiligt Ebenfalls wichtig: Der Landwirtschaft sollen keine Flächen entzogen werden. Um sie mit ins Boot zu holen, habe es bereits erste Gespräche mit der Landwirtschaftskammer, aber auch mit Forstvertretern gegeben, berichtet Grawe. Das heißt wiederum nicht, dass nicht auch – in Absprache mit Pächter und Eigentümer – landwirtschaftlich genutzte Flächen einbezogen werden könnten. Praktisch könnte das Ganze so aussehen: Eine Wiesenfläche an einem Bachlauf, die für Heu genutzt wird, hat sowieso einige Mulden, um die der Landwirt bei der Maat herumfährt. Die Mulden würden Kreis und Landschaftsstation so bearbeiten, dass sie zu Lebensräumen für Amphibien werden – der Rest wird weiter &bdquo;normal“ genutzt. Wichtig für die Bauern: Die Ökopunkte bleiben erhalten. Diemel-Renaturierung: Neues Flussbett in Warburg schützt Artenvielfalt Die erste Resonanz sei groß, freut sich Frank Grawe. Seit das Projekt die Runde macht, würden der Landschaftsstation täglich neue Flächen dafür angeboten – auch von Landwirten. Von Städten ebenso. So hat Klimamanager Martin Stamm zahlreiche kommunale Areale an Beber und Emmer ausgemacht, auf denen sich mit wenig Aufwand viel erreichen ließe, wie er detailliert im Rat vorstellte. Kritische Nachfragen aus der Lokalpolitik Obwohl die Lokalpolitiker unisono die Bedeutung der Naturschutzmaßnahmen hervorhoben und die Idee begrüßten, gab es durchaus auch kritische Nachfragen. So erinnerte beispielsweise Elmar Kleine (CDU) an die umfangreichen Renaturierungsmaßnahmen im Emmerauenprogramm, die zu einer höheren Hochwassergefahr für die Ortschaften geführt hätten, weil eine Pflege direkt am Flusslauf kaum noch möglich sei. Diese Sorge versuchte Stamm zu zerstreuen. Es seien im Projekt keinerlei Maßnahmen am Gewässer geplant – weil nicht erlaubt. &bdquo;Ein zu entwickelndes Konzept muss auch die später kostenneutrale Bewirtschaftung und Erhaltung mit einbeziehen. Insbesondere Pflegemaßnahmen entlang der entsprechenden Abschnitte der Fließgewässer müssen weiterhin erlaubt und technisch auch möglich sein, damit die Entwässerungsfunktion der Fließgewässer zu keinem Zeitpunkt gefährdet wird.“ Auch für Tourismus im Kreis Höxter interessant Und er betonte neben der erheblichen ökologischen Wertsteigerung auch die Verbesserung der Lebens- und Erholungsqualität der Anwohner. Auch die touristischen Aspekte dürften nicht vergessen werden. Grundsätzlich begrüßen alle Städte das Programm, berichtet Frank Grawe, der das Vorhaben bereits im Warburger Bauausschuss vorgestellt hat. Alle Kommunen sollen gleichermaßen von dem Projekt profitieren. Dem Biologen ist wichtig, alle mit ins Boot zu holen und von den großen Chancen zu überzeugen. Auch wenn das für ihn sehr viel Arbeit bedeutet. Denn nach den Förderregeln müssen alle Maßnahmen bis 2028 abgeschlossen und abgerechnet sein. &bdquo;Sehr sportlich“, sagt Grawe. Passend dazu: Der Tourismus boomt im Kreis Höxter - und was ist mit der Natur? Deshalb soll bis Sommer der Projektantrag fertiggestellt sein. Im Herbst könnten dann die ersten Maßnahmen beginnen. &bdquo;Unser Ziel ist es, dass wir heimische Unternehmer mit den Arbeiten beauftragen, damit das Geld auch wirklich vor Ort bleibt“, erklärt Frank Grawe. Hintergrund: Das sind Windkraftersatzgelder Windkraftersatzgelder müssen Investoren zahlen, die im Kreis Höxter Windräder bauen. Es ist ein Ausgleich dafür, dass durch jede Anlage Naturraum im Kreis Höxter verloren geht. &bdquo;Dieses Geld wird im großen Umfang zur Verfügung stehen“, sagt Frank Grawe mit kritischem Blick auf die vielen Hundert neu geplanten Anlagen. Beteiligung für Bürger: Kann Geld die Windkraft-Wut im Kreis Höxter lindern? Das zu zahlende Geld geht je zur Hälfte an die Städte und den Kreis. Es muss tatsächlich für Naturschutzprojekte ausgegeben werden. Geld, das nicht vor Ort verbraucht wird, fließt nach einem gewissen Zeitraum in den Landeshaushalt und ist für die Region verloren.

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