Doppelte Pleite einer Automatensprengung im Kreis Höxter

Kreis Höxter. Monkey D. Ruffy, Hauptfigur eines japanischen Mangas und Animes, lächelt in – soweit das bei Zeichentrickfiguren zu sagen möglich ist – Lebensgröße vom Pulloverrücken herab. Er ist ein Pirat, ein Piratenkapitän sogar, der das sagenumwobene &bdquo;One Piece“ sucht, einen Schatz, der der Serie ihren Namen gibt. Zu hoffen ist, dass das &bdquo;One Piece“, sollte es in irgendeiner Episode entdeckt werden, profitabler ausfällt als die &bdquo;Reichtümer“, die der Träger des Pullovers, Luke U. (alle Namen geändert) und seine zwei Kumpanen in einer Nacht im April 2024 zu heben versuchten. Es ist der 28. April und am Ende des Geldes ist noch verdammt viel Monat übrig. &bdquo;Wir hatten alle ein bisschen Geldprobleme, sag ich mal“, erklärt Kilian P. dem Amtsgericht Höxter. Weil Luke U. dann noch einen von Silvester übrig gebliebenen &bdquo;Polenböller“ in seiner Jackentasche findet, zählen die beiden zwei und zwei zusammen: Sie wollen einen Zigarettenautomaten sprengen. Der Plan steht – allerdings fehlt ein Transportmittel. Piraten reisen üblicherweise per Schiff an, die beiden Brakeler denken aber eher an ein Auto. So kommt Kaspar W. ins Spiel, der hat nämlich eines. Auch interessant: Schüsse am Neujahrsmorgen in Höxter: &bdquo;Das hätte richtig gefährlich werden können“ Dem 27-jährigen W. erzählen sie erst mal gar nicht viel. Erst als sie bereits auf dem Weg zu einem Zigarettenautomaten in Godelheim sind, wird er eingeweiht. Eine Tankfüllung soll W. bekommen, wenn er mitmacht. &bdquo;Wir waren von der Idee alle nicht so begeistert“, sagt Luke U., &bdquo;aber wir haben es dann gemacht“. Allerdings nicht in Godelheim. Dort ist trotz nachtschlafender Zeit noch zu viel los. Sie drehen bei und steuern stattdessen Vörden an, wo sie laut Anklage gegen 3.45 Uhr ankommen. Zigarettenautomat raucht und glüht nach der Explosion Kaspar W. parkt das Auto zwei Straßen vom Zigarettenautomaten entfernt und hält sich bereit. Die anderen beiden, Luke U. und Kilian P., schreiten zur Tat. Der 31-jährige U. deponiert den Feuerwerkskörper im Ausgabefach des Automaten und zündet ihn. &bdquo;Am liebsten hätte ich den Böller da schon wieder rausgenommen“, erklärt er dem Gericht nun. Passiert ist das allerdings nicht. Stattdessen gibt es einen lauten Knall. Es regnet Zigarettenschachteln. Den Automaten selbst will U. nicht mehr anfassen: &bdquo;Da drinnen hat es geraucht und geglüht.“ Der untere Teil des Geräts ist vollkommen zerstört. &bdquo;Ich war unzufrieden, wie sehr der Automat kaputt gegangen ist“, sagt U. dem Gericht. Polizei Höxter erwischt einen der drei Delinquenten Kilian P. läuft zurück zum Auto, um eine Tasche zu holen. Dort weist er W. auch noch mal an, den Wagen umzuparken. Zurück am Automaten, hält die P. die Tasche auf, während Luke U. sie befüllt. Nachdem sie, wie sie schätzen, 10 bis 15 Päckchen eingetütet haben, sehen sie Scheinwerfer. Die Polizei. Kilian P. lässt alles stehen und liegen und flüchtet, wie er schildert, &bdquo;durch die Gärten“. Luke U. greift noch die Tasche und stürmt dann hinterher. Doch stolpert er über einen Gartenzaun und stürzt. Möglicherweise, meint er nun vor Gericht, habe er die Tasche danach nur noch an einem Henkel gehalten. Jedenfalls fehlt von ihr, wie von jedem anständigen Schatz, bis heute jede Spur. Den beiden gelingt es, erst mal zu türmen. Luke U. beispielsweise versteckt sich &bdquo;an einem Bach“. Allerdings greifen die Polizeibeamten Kaspar W. auf, der im Auto nach wie vor auf die beiden Automatensprenger wartet. Und der wird die Namen der beiden schließlich zu Protokoll geben. Sachschaden deutlich höher als die Beute Nachdem alle drei Angeklagten die Tat eingeräumt haben, wirft Richterin Christina Brüning, die dem Schöffengericht vorsitzt, einen Blick auf die Tatortfotos und beschreibt eine gut erkennbare &bdquo;Spur von Zigaretten“. Die Flüchtenden haben alle paar Meter eine Schachtel verloren. &bdquo;10, 15, 20, wenn ich die zusammenzähle, bin ich bei 26“, sagt Brüning. Auch interessant: Hat Höxter das schönste Amtsgericht in Nordrhein-Westfalen? Neben den verlorenen und durch die Explosion verstreuten Glimmstängelverpackungen wurden rund um den Automaten auch 6,50 Euro in Bar festgestellt. &bdquo;Es bezahlt ja kaum noch einer Zigaretten mit Bargeld“, wirft ein Verteidiger dazu richtigerweise ein. Zwei Ein-Euro-Münzen stecken noch im Automaten. Staatsanwaltschaft und Gericht gehen auch nicht davon aus, dass es vor der Explosion wesentlich mehr war. Zwar wurde die Tasche nicht gefunden, doch rechnet am Amtsgericht niemand mit einer Beute von mehr als 200 bis 300 Euro. Deutlich höher ist der Schaden am Gerät mit rund 3.500 Euro. Brakeler Bewährungshelfer: &bdquo;Kriminalprognostisch ein Desaster“ Umso &bdquo;dümmer“ erscheint die Tat den Angeklagten heute. Denn das &bdquo;Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion“ ist strafrechtlich alles andere als eine Kleinigkeit. Das zeigt sich auch beim Strafrahmen, der zwischen sechs Monaten und fünf Jahren Freiheitsstrafe liegt. Hinzu kommt, dass Luke U. und Kilian P. auch in der Vergangenheit bereits das eine oder andere Mal in Konflikt mit dem Gesetz geraten sind. Lesen Sie auch: Wie arbeitet ein Bewährungshelfer im Kreis Höxter? U. 18-mal, P. zwar &bdquo;nur“ sechsmal, allerdings war er im April des vergangenen Jahres gerade erst aus der Maßregel entlassen und stand zusätzlich unter Führungsaufsicht, eine Art besonders strenge Bewährungshilfe. &bdquo;Kriminalprognostisch ist die Tat natürlich ein Desaster“, weiß da P.s Bewährungshelfer, &bdquo;allerdings ist das bei ihm auch das einzige Desaster“. Kontakt zwischen den Angeklagten soll unterbunden werden Der Bewährungshelfer wünscht sich für den 23-Jährigen noch eine Chance, der seit rund einem Jahr eine Festanstellung als Produktionshelfer hat und außerdem bei der Familie seiner Freundin auch im Privaten Stabilität gefunden hat. Die Schwiegermutter in spé hat ihn zum Gericht gefahren und verfolgt die Verhandlung. Dem Liebsten ihrer Tochter und Luke U. sagt sie: &bdquo;Gleich, wenn das vorbei ist, blockiert und löscht ihr gegenseitig eure Nummern.“ Und während Luke U. ein bisschen herumdruckst, fügt sich Kilian P. der unmissverständlichen Anweisung: &bdquo;Du hast meine Schwiegermutter gehört.“ Mehr zum Thema Kriminalität: Die größten und spektakulärsten Kriminalfälle 2024 im Kreis Höxter Und die Schwiegermutter darf ihn dann auch wieder mitnehmen. &bdquo;Mit Bedenken“ verurteilt das Schöffengericht U. und P. noch einmal auf Bewährung. &bdquo;Wenn man sich Ihre Vita so anschaut, waren die Voraussetzungen nie so günstig wie jetzt“, sagt Richterin Brüning in ihrer Urteilsbegründung. Ein Jahr und sechs Monate bekommen beide, Kaspar W. kommt mit sechs Monaten auf Bewährung deutlich glimpflicher davon. Er ist aber auch noch nicht vorbestraft und ja nur gefahren. Er wurde lediglich wegen Beihilfe verurteilt.

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