SPD-Kandidatin im Kreis Höxter: „Thema Migration verschwindet nicht durch AfD-Wahl“

Höxter. Das Porträt von Willy Brandt, in Blautönen gehalten, wohl ein Mixed-Media-Werk auf quadratischer Leinwand, hat seinen Platz im Café Heimisch in Höxter noch nicht gefunden. Es steht noch, in leichtem Winkel angelehnt, an der Wand. Der Blick des Altkanzlers ist nach rechts gerichtet. &bdquo;Ich habe vor dem Wahlergebnis keine Angst“, sagt Katrin Freiberger. Die 49-Jährige tritt im Wahlkreis 135 Höxter-Gütersloh II-Lippe III für die SPD an. Laut Politbarometer des &bdquo;ZDF“ würde die SPD aktuell wohl 15 Prozent erreichen. &bdquo;In der letzten Umfrage waren es 16“, korrigiert Freiberger, &bdquo;da ist Bewegung drin“. Der eine Prozentpunkt, geschenkt. &bdquo;Natürlich beobachte ich das sehr genau, schaue mir die Umfragen an. Es wird sich noch was tun, und ich denke nicht, dass es für uns runter geht, sondern eher nach oben.“ Die Augustdorferin stellt sich online mit typisch-sozialdemokratischen Themen vor. Mindestlohn. Mietpreisbremse. Rente. Gesprochen und geschrieben wird aber fast nur über das eine Thema. &bdquo;Es ist schwierig, Themen zu setzen, wenn das Thema Asyl alles überlagert“, gibt sie zu, &bdquo;aber ich versuche, dann über das Thema Asyl einen Bogen zu schlagen, dass man auch zu den anderen Themen kommt“. Denn alles hänge ja auch irgendwie miteinander zusammen. Klarer Standpunkt zum Thema Migration und Asyl Als Ratsfrau der Stadt Augustdorf und zweite stellvertretende Bürgermeisterin weiß sie, dass viele Städte und Gemeinden durch die Zuweisungen von Geflüchteten auch finanziell stark belastet sind. Da sei es wichtig, &bdquo;dass die Kommunen entlasten werden, dass die Refinanzierungen an die Gemeinden laufen und dass sie nicht im Stich gelassen werden“. Das Thema &bdquo;Migration/Asyl“, das &bdquo;wird auch nicht einfach verschwinden, nur weil die CDU jetzt sagt, sie macht einen Fünf-Punkte-Plan oder weil die AfD sagt, wir schicken alle wieder nach Hause“, ist die gelernte Hotelfachfrau überzeugt. Lesen Sie auch: AfD sorgt für Mehrheit für CDU-Antrag: Wäre das auch im Kreis Höxter möglich? Im Gegenteil. &bdquo;Das Thema Migration und Asyl wird, so wie sich das abzeichnet, eher noch schlimmer werden.“ Gemeint ist noch dringlicher. Durch den Klimawandel werden viele Landstriche &bdquo;gar nicht mehr bewohnbar sein“, weshalb noch mehr Menschen in die Flucht getrieben würden. &bdquo;Und wir müssen einfach einen sehr guten Weg finden, diese Menschen zu versorgen, ohne dass wir die Kommunen zu sehr belasten, gerade finanziell, und es muss alles getan werden, dass diese Menschen auch hier integriert werden.“ Kritik an Christian Lindner und der FDP Für Katrin Freiberger ist klar, woher diese finanzielle Entlastung kommen muss. Vom Bund. Wo die SPD ja regiert. Warum fließt nicht schon mehr Geld an die Kommunen? &bdquo;Sagen wir mal so“, beginnt die Sozialdemokratin und erinnert an die Ampel, &bdquo;ich habe die Koalition von Anfang an als sehr schwierig betrachtet, vor allem wegen Christian Lindner und der FDP. Man wusste ja, dass Christian Lindner eher einer ist, der den Sparkurs durchziehen möchte und die Schuldenbremse auf keinen Fall infrage stellen will.“ Veränderung verlange aber auch, dass Geld in die Hand genommen werde. &bdquo;Die Ideen sind da“, sagt die Kandidatin, &bdquo;es scheitert meistens am Finanziellen“. Es müsse Geld an die Kommunen fließen, Geld, das die Städte und Gemeinden frei verwenden können müssen. &bdquo;Also Geld, was nicht an starke Restriktionen gebunden ist, sondern wo auch die Kommune selber gestalten kann“, präzisiert sie. Denn &bdquo;wir haben tatsächlich das Problem, dass die Kommunen nicht mehr gestalten können“. Stattdessen müssten die Stadträte Listen mit den freiwilligen Leistungen führen – &bdquo;und das sind meistens soziale Leistungen“ –, und diese Listen müssten durchgearbeitet werden, um sparen zu können. &bdquo;Das ist halt nicht der richtige Weg.“ Nicht genügend medizinische Fachkräfte im ländlichen Raum Doch es mangelt nicht nur an Geld. &bdquo;Ich habe letztens Zahlen gelesen, dass wohl 40 Prozent der Menschen, die Gewalt auf der Flucht erlebt haben, auch gefoltert worden sind, das muss man sich wirklich auch mal vorstellen“, sagt Freiberger. Männer, Frauen und Kinder. &bdquo;Deshalb finde ich es unglaublich menschlich, dass wir diese Menschen hier aufnehmen, sie versorgen, aber dann auch gucken, dass wir sie nicht im Stich lassen“, sagt sie. Zum Thema ZUE: Stellen an Bad Driburger Flüchtlingsunterkunft noch immer unbesetzt &bdquo;Wir müssen schauen, dass wir zukünftig mehr psychologische Betreuung haben für diese Menschen“, sagt sie. In der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Bad Driburg beispielsweise fehlen seit Jahren psychologische und soziale Beraterinnen und Berater. &bdquo;Ich weiß, dass das ein schwieriges Thema ist, weil wir natürlich auch den Fachkräftemangel bei den Ärzten haben“, räumt sie ein. Ideen, um mehr Ärzte in den Kreis Höxter zu lotsen Sie ist aber auch überzeugt, dass es gelingen kann, Ärztinnen und Ärzte für ländliche Regionen wie ihren Wahlkreis zu begeistern. Generell. Denn es fehlt nicht nur an psychologischer Betreuung für Geflüchtete, sondern auch an Allgemein- und Fachmedizinern für alle. Grundsätzlich gehe der Trend zu Gemeinschaftspraxen oder Medizinischen Versorgungszentren. Dass die Mediziner &bdquo;auch mal Urlaub“ machen können. Darüber hinaus müssten ihnen attraktive Angebote gemacht werden. &bdquo;Dass man sagt, sie können zum Beispiel vergünstigt ein Haus bauen“, sagt Freiberger. Es sieht finster aus: Hausarztmangel: Medizinische Versorgung im Kreis Höxter vor dem Kollaps Am meisten liegt der zweifachen Mutter das Thema Bildung am Herzen. Kurz vor Ende der für das Gespräch vorgesehenen 15 Minuten gelingt ihr der Schwenk dorthin: &bdquo;Wenn wir gerade darüber sprechen, wie wir in die Zukunft investieren können, dann bin ich der Meinung, ist die beste Investition in die Zukunft eine Investition in die Bildung.“ Ihr ist wichtig, dass Schulen gut ausgestattet sind, damit alle Kinder möglichst gut gefördert werden können. Wie sieht eine gut ausgestattete Schule für Katrin Freiberger aus? Dazu gehört ausreichend Lehrpersonal, aber auch Schulsozialarbeit und Unterstützungskräfte in den Klassen. &bdquo;So eine Klasse ist ja nicht immer homogen, es sind ja nicht alle Kinder gleich, es gibt unterschiedliche Bedarfe bei den Kindern“, weiß sie. &bdquo;Dass ich die Möglichkeit habe, Kinder, die in der Klasse vielleicht noch nicht so richtig gut mitlaufen, noch gezielt nebenher zu fördern“, erklärt Freiberger. Herausforderungen im Klassenraum: Warum eine Grundschule in Beverungen mehr Geld für Schulsozialarbeit fordert &bdquo;Und das kann man eben gut machen, wenn man einen Klassenraum hat, daran angeschlossen einen Gruppenraum mit Lerngruppen“. Dort könnten Unterstützungskräfte &bdquo;den Kindern noch mal ein bisschen was erklären – und das alles in einer ruhigen, aber lockeren Atmosphäre“.

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