Konjunktur: Unternehmen im Kreis Höxter stehen vor großem Dilemma

Kreis Höxter. Jürgen Behlke zuckt etwas ratlos mit den Schultern bei der Frage, wann es wieder aufwärts geht mit der Wirtschaft im Kreis Höxter. &bdquo;Ich weiß es nicht. Ich bin zwar eigentlich Optimist, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt der Chef der Industrie- und Handelskammer für die Kreise Höxter und Paderborn. Die Aussichten seien trübe die Stimmung sehr negativ, ergänzt Gerrit Becker, Geschäftsführer des gleichnamigen Möbelzulieferers aus Brakel bei der Vorstellung der aktuellen Konjunkturumfrage der Wirtschaft im Kreis Höxter. Alle Indikatoren zeigen den Abwärtstrend. &bdquo;Die Unsicherheit ist groß“, sagt Behlke. Bei Unternehmern und bei den Bürgern. Und die Hoffnung, dass es für die Krisenherde dieser Welt schnell politische Lösungen gibt, sind gering. Hinzu komme der bange Blick auf die US-Präsidentschaftswahlen. So erwarten inzwischen mehr als 60 Prozent der Industriebetriebe im Kreis Höxter eine schlechtere Geschäftsentwicklung im kommenden Jahr, deutlich mehr als im Frühjahr. Die Auslastung der Maschinen geht deutlich zurück. Nur zwölf Prozent glauben, dass es besser wird. Die Folge: Mehr als 70 Prozent der Betriebe gehen davon aus, dass die Beschäftigtenzahl sinken wird. Und das trotz Fachkräftemangels. IHK hofft auf &bdquo;sozialverträglichen Stellenabbau“ Behlke geht davon aus, dass die Unternehmen den Abbau sozialverträglich vornehmen werden, heißt, frei werdende Stellen nicht nachbesetzen. Ansonsten würden die Firmen versuchen, ihre Mitarbeiter zu halten, und suchten nach wie vor dringend Auszubildende. Denn wenn es wieder besser wird, finden sie keine neuen Fachkräfte. Zumal bald die Babyboomer-Generation in den Ruhestand geht. &bdquo;Das ist gerade eine wirklich blöde Situation für die Unternehmen“, sagt Behlke, der eine Jahresarbeitslosenquote von über fünf Prozent für 2024 erwartet. Gerrit Becker lobt in diesem Zusammenhang dennoch die Möglichkeit, mit Kurzarbeitergeld gewisse Flauten überstehen zu können. Als größte Risiken sehen die Industriebetriebe die Inlandsnachfrage, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, Energiepreise und Arbeitskosten. Bei den Rahmenbedingungen ist es vor allem die enorme Bürokratie, die viel Arbeitszeit binde, Innovation verzögere und dadurch hohe Kosten verursache. &bdquo;Es gibt Vorschriften über Vorschriften, und manche Dinge sind wirklich unsinnig“, sagt Behlke und kritisiert die deutsche Mentalität, jeden Einzelfall regeln zu wollen. Er plädierte dafür, den Unternehmen mehr Eigenverantwortung zuzutrauen. Nicht ganz so finstere Aussichten: Handel und Dienstleistungen Beim Handel, der sowohl den Einzel- als auch den Großhandel umfasst, ist die Lage nicht ganz so düster wie bei der Industrie. 50 Prozent erwarten eine schlechtere Geschäftslage. Ein Wert, der ebenso angestiegen ist wie der Unternehmen, die eine bessere Zukunft erwarten. Am besten bewertet im Kreis Höxter der Dienstleistungssektor seine Aussichten. 26 Prozent der Betriebe erwarten eine schlechtere Geschäftsentwicklung, 22 Prozent hingegen eine bessere Entwicklung. Bauchgefühl und Psychologie beeinflussen Wirtschaft Behlke betont, dass bei der Umfrage die mehr als 100 Unternehmer vor allem nach Bauchgefühl ihre Lage einschätzen. Es gibt aber auch ganz harte Fakten. So ist der Gesamtumsatz des verarbeitenden Gewerbes im Kreis Höxter im ersten Halbjahr um drei Prozent auf 1,1 Milliarden Euro gesunken. &bdquo;Dieser Rückgang zeigt die schwierige wirtschaftliche Lage der gesamten Industrie in unserer Region.“ Also kein Lichtblick? &bdquo;Wirtschaft ist auch viel Psychologie. Wenn alle wieder das Gefühl haben, es geht wieder aufwärts, dann investieren sie auch wieder.“ Nur Glauben und Optimismus allein reichen aber nicht. Auch die Rahmenbedingungen müssen besser werden. Behlke beschreibt das die Konjunkturlinie aktuell als Badewanne. &bdquo;Wir sind am Boden. Nur weiß keiner, wie groß die Wanne ist und wann es wieder aufwärts geht.“

Meistgelesen