Kitas im Kreis Höxter fehlt es an Geld und Personal – was das für Eltern bedeutet

Kreis Höxter. Ab Sommer droht erneut Ungemach in vielen Kitas, unter anderem was Betreuungszeiten und Angebote angeht: Es könnte zu Kürzungen kommen. Es fehlt das Geld, es fehlt am Personal, es fehlt an Perspektiven: Mit Trillerpfeifen und Plakaten haben Eltern, Kinder sowie Erzieherinnen und Erzieher am Kreishaus in Höxter auf die landesweite Unterfinanzierung der Kindertagesbetreuung jetzt aufmerksam gemacht. Unterstützt wurden sie von Landrat Michael Stickeln und Detlef Müller, Geschäftsführer der katholischen Kindertageseinrichtungen Hochstift, der mit anderen Trägervertretern zu der Aktion am Höxteraner Kreishaus eingeladen hatte. Was steckt hinter dieser Aktion? &bdquo;Wir wollen unsere Erzieherinnen und Erzieher behalten“ – diese und weitere Botschaften an die NRW-Landesregierung hatten die mehr als 100 großen und kleinen Teilnehmer auf Plakate geschrieben. &bdquo;Ich teile ihre Sorge. Wir erwarten beim Thema Kindertagesbetreuung dringende Nachbesserungen des Landes NRW“, so Stickeln. Er stehe mit den zehn Bürgermeistern im Kreis &bdquo;voll und ganz“ an der Seite der Eltern, Träger, Erzieher und der Kinder. &bdquo;Die Kindertagesbetreuung muss finanziell besser aufgestellt werden. Die NRW-Landesregierung muss hierfür dringend die notwendigen Voraussetzungen schaffen.“ Er werde sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Forderungen in Düsseldorf endlich Gehör fänden, erklärte der Landrat. Als Erinnerung an den Besuch sangen die Kinder ein Ständchen und verschenkten einen Apfelbaum, der für die Kitas im Kreis steht: So wie der Baum bräuchten die Kitas eine gute Pflege und regelmäßige Unterstützung. Warum die Aktion gerade jetzt? &bdquo;Weil Tag der Kinderbetreuung war und die Kitas, deren Finanzierung nicht auskömmlich ist, ein bisschen Bewegung in die Sache bringen und dafür öffentliche Aufmerksamkeit bekommen möchten“, antwortet Detlef Müller, Initiator des Protestes. &bdquo;Die Kitas sind wichtig – und sie haben ein Problem: die Unterfinanzierung.“ Deshalb sollten sich alle, die Einfluss hätten, starkmachen für Kitas. Bei aller Unterfinanzierung – was brauchen die Kitas konkret? Personal koste Geld – und damit 84 Prozent des Budgets, denn das Land gebe den Personalschlüssel für die Betreuungsgruppen vor und bezahlt werde nach Tarif. &bdquo;Hochverdient“, wie Müller betont. Allerdings sei der Tarif zuletzt stark gestiegen, das Budget komme seit gut zwei Jahren aufgrund einer gesetzlichen Änderung nicht mehr hinterher. Zuvor sei es vom Land um jährlich 1,5 Prozent angehoben worden. &bdquo;Das hat nie ausgereicht, das konnten wir aber über einige Jahre aushalten.“ Nun aber seien Tarifsteigerung (mehr als zehn Prozent) und Budgetbewilligung zeitlich nicht mehr deckungsgleich abgestimmt. Das heißt: Zum 1. März kam die Tarifsteigerung, zum Dezember 2024 beschließe das Land das Budget, das dann aber nicht rückwirkend zum 1. März, sondern erst zum August 2025 greife und ausgezahlt werde. Das sei auch schon 2023 so gewesen. Als &bdquo;Kernfehler im Gesetz“ bezeichnet Müller dieses unsynchronisierte Verfahren. Hinzu komme, dass auch tatsächliche Kostensteigerungen bei der Budgeterhöhung bedacht werden müssten. Sprich: Die Planungsgrundlage fehle, die Kitas seien grundsätzlich unterfinanziert. Lesen Sie auch: Die vermutlich letzte große Kita-Sanierung im Kreis Höxter Und wie sieht’s aus beim Personal? Der Fachkräftemangel sei im Kita-Bereich &bdquo;hausgemacht“, sagt Müller: &bdquo;Weil wir nicht mehr bedarfsgerecht ausbilden. Denn Azubis kosten Geld.“ Er möchte &bdquo;total gern eine große Ausbildungsinitiative starten“ und allen Einrichtungen einen Azubi geben. Aber: Das wären Kosten, die bei rund einer Million Euro lägen. Das Verrückte ist: Es gibt Interessenten, es gibt Bewerbungen. &bdquo;Die wir nicht nehmen, weil wir sie nicht finanzieren können.“ Der Kita-Geschäftsführer fordert eine andere Priorisierung, &bdquo;wofür Geld ausgegeben wird“, denn frühe Bildung nutze der Volkswirtschaft und müsse politischer Schwerpunkt sein. Aber was bedeutet das für die Kinder in den Kitas und ihre Eltern? Müssen Kinder von heute in Kitas Abstriche machen im Vergleich zu Kindern noch vor zehn Jahren? &bdquo;Ja“, sagt Müller, ohne zu zögern. &bdquo;Nicht alle und nicht überall.“ Aber Defizite in Millionenhöhe könne man nicht lange ausgleichen, man müsse die Reißleine ziehen, um für eine schwarze Null zu sparen. Das bedeute zum einen, Ausbildung zurückzufahren. Schon 2023 habe man zudem die Personaldecke ausgedünnt – &bdquo;wir lagen beim vorgeschriebenen Mindestmaß sonst immer darüber“. Auch im August 2024, davon geht er aus, werde noch einmal Personal reduziert werden müssen. Und dann mache sich jeder Ausfall beispielsweise durch Krankheit unmittelbar bemerkbar. Dann greife ein Stufenplan. Stufe eins: Angebot einschränken, auf einen Waldtag oder Ausflug verzichten, weil nicht genügend Erzieher mehr da sind. Stufe zwei: Einschränkung bei den Betreuungszeiten, auch mit Blick auf Aufsichtspflicht und Personalschutz (&bdquo;was können sie noch leisten?“). Dann könne beispielsweise nur noch eine Betreuung bis 15 Uhr angeboten oder Eltern angesprochen werden, im Einzelfall andere Betreuungsmöglichkeiten zu suchen – etwas, das die Familien zu spüren bekämen. Und schließlich Stufe drei: &bdquo;Das Ganze verbindlich umsetzen und einzelne Gruppen schließen. Zum Beispiel in der Grippezeit, wenn auch Betreuungspersonal erkrankt ist und fehlt.“ Müller ist überzeugt: &bdquo;Das alles wirkt sich auf die Kinder aus.“ Gerade Zweijährige bräuchten stabile, feste Bezugspersonen, nicht einen ständigen Wechsel der Gesichter. Wie motiviert er sich dennoch? &bdquo;Die Alternative wäre, still sein und sich damit abfinden.“ Und das ist nicht sein Ding, sagt Detlef Müller entschieden. Er ziehe viel Motivation aus den Kita-Besuchen – 160 Einrichtungen insgesamt, 80 davon besucht er jedes Jahr. Da seien es kleine Gesten, wenn Eltern für die Betreuerinnen kleine bunte Blümchen als Dank auf die Zufahrt malen oder das Personal mit großer Empathie agiere, die ihm immer wieder verdeutlichten: &bdquo;Wir machen vieles richtig.“ Und dann schiebt er mit dem Zusatz, dass ihm dieser Satz wirklich etwas bedeute, nach: &bdquo;Kinder sind unsere Zukunft.“ In der Katholischen Kirche genieße das Feld der Kitas große Anerkennung. Müller: &bdquo;Und ich sage immer: An welchem kirchlichen Ort treffen sich sonst noch jeden Tag freiwillig so viele junge Menschen.“

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