Drogenprozess: Besorgter Vermieter setzt großen Polizeieinsatz in Höxter in Gang

Höxter/Paderborn. Als die Polizei der Weserstadt am 16. Januar 2023 in die Hennekenstraße ausrückte, vermuteten die Beamten einen &bdquo;Standardeinsatz“, wie sich einer von ihnen mehr als ein Jahr später vor der 8. Großen Strafkammer des Landgerichts Paderborn erinnert. Hatte sich doch der Vermieter von Guiseppe V. auf der Höxteraner Wache gemeldet, weil er sich Sorgen um den Gastronomen machte. Der 35-Jährige sei weder telefonisch noch persönlich zu erreichen, sein Briefkasten quelle über und er habe zuletzt einen &bdquo;emotional labilen Eindruck“ gemacht, zitiert der Polizist aus der Erinnerung. Und so rechneten die Einsatzkräfte mit einer hilflosen oder gar verstorbenen Person, als sie sich mithilfe des Vermieters Einlass in die Wohnung von Guiseppe V. verschafften. Die Behausung war aber menschenleer. Trotzdem machten die Beamten einen interessanten Fund: Gut 140 Kilo Marihuana waren, fest und geruchssicher verschweißt, in Umzugskartons gelagert. Deshalb muss sich der Gastronom, wie berichtet, seit März vor Gericht verantworten. Dass er die Wohnung – nach eigener Angabe nur einmalig – einem entfernten Bekannten als Drogenbunker zur Verfügung stellte, hat Guiseppe V. schon am zweiten Verhandlungstag zugegeben. Der Erlass seiner Spielschulden sei ihm dafür in Aussicht gestellt worden. Außerdem habe er die Wohnung seit der Rückkehr seiner Frau nach Italien ohnehin nicht mehr selbst genutzt. Im Kinderzimmer ein äußerst verdächtiges Päckchen Tatsächlich wurden im Flur, im Kinder- und Schlafzimmer zahlreiche Kartons verwahrt. In mehreren hätten sich neue Heißluftfritteusen befunden, erinnert sich ein Polizeibeamter, der in der Wohnung zusammen mit einem Kollegen nach Guiseppe V. geschaut hatte. Doch als im Kinderzimmer sein Blick auf einen geöffneten Karton fiel, war er alarmiert, lugte doch ein äußerst verdächtiges Päckchen hervor: Marihuana-Blüten waren in durchsichtige Kunststofffolie eingeschweißt worden. Dass gut 140 Kilo des Rauschmittels in der Wohnung gelagert wurden, stellte sich im Verlauf der rasch beantragten Durchsuchung heraus, die aber in der gepflegten und aufgeräumten Wohnung nichts weiter Belastendes zutage förderte. Auch in Guiseppe V.s Höxteraner Restaurant entdeckten die Fahnder nichts, was auf kriminelle Betätigungen hätte schließen lassen können, ebenso war in seiner Kasseler Wohnung und in seinem dortigen Gastronomie-Betrieb nichts Verdächtiges zu finden. Angesichts der doch gewaltigen Menge Marihuana wurde rasch das Bielefelder Polizeidezernat zur Bekämpfung organisierter Kriminalität eingeschaltet. 22 Durchsuchungen in Höxter, Kassel, Duisburg und Erfurt und sechs Monate währende verdeckte Ermittlungen blieben ergebnislos. Die Herkunft des in Höxter aufgetauchten Rauschmittels war nicht zu klären. Vier Männer aus dem Umfeld Guiseppe V.s gerieten kurzzeitig in den Fokus der Fahnder, die der Überzeugung waren, dass eine Bande am Werk gewesen sein musste. Verbindungen zum ’Ndrangheta-Clan? Doch kein einziger Verdacht bestätigte sich, wie der Leiter der Ermittlungskommission vor Gericht zugibt. Trotz aller Bemühungen blieb aber auch Guiseppe V. verschwunden, bis er sich im September selbst stellte. Wie sein Verteidiger Christopher Posch mit Oberstaatsanwalt Ralf Meyer verabredete, erschien der 35-Jährige im Amtsgericht Paderborn, um sich hier festnehmen zu lassen. Während all dieses aufgearbeitet wird, sitzen zwei ältere Herren im Zuschauerraum des Gerichtssaals 205. Dass einer von ihnen der Schwiegervater von Guiseppe V. ist, dem Verbindungen zu dem ’Ndrangheta-Clan nachgesagt werden, hat nicht nur der Leiter der Ermittlungskommission der Kammer mitgeteilt, sondern zuvor auch Christopher Posch. Der ältere Herr wolle gern mit seinem Schwiegersohn sprechen, erklärt der Verteidiger. Tatsächlich gestatten die Richter unter dem Vorsitz von Anne Zacharias, dass nach der Verhandlung einige Worte unter Aufsicht gewechselt werden dürfen – aber nur in deutscher Sprache und ohne jeden körperlichen Kontakt. Die Verhandlung wird am Montag, 29. April, fortgesetzt. Dann wird ein psychiatrischer Gutachter seine Einschätzung abgeben, ob Guiseppe V. in seiner Schuldfähigkeit eingeschränkt ist. Der 35-Jährige hatte in seinem Geständnis von seiner Leidenschaft für das Glücksspiel gesprochen. Möglicherweise werden an diesem Tag auch die Schlussvorträge gehalten und das Urteil gesprochen.

Meistgelesen