Süchtige Eltern im Kreis Höxter: „Nur ein Drittel der Kinder bleibt gesund“

Kreis Höxter. In Deutschland leben etwa sechs Millionen Menschen, die als Kind in einer Familie mit süchtigen Eltern großgeworden sind. Circa drei Millionen Kinder betreffe das momentan, schreibt der Verein &bdquo;Nacoa“, der bundesweit als Interessenvertretung für Kinder aus suchtbelasteten Familien agiert, unter anderem unter Berufung auf einen Jahresbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung als Quelle, auf ihrer Homepage. Doch wie groß ist das Thema auch im Kreis Höxter und was ist zu tun, wenn man sieht, dass ein Kind unter der Abhängigkeit der Eltern leidet? &bdquo;Bloß nicht weggucken“, sagt Adelheid Miß-Litfin, Leiterin der Sucht- und Drogenberatung der Caritas im Kreis Höxter. Die meisten würden sich nicht trauen, Bekannte anzusprechen, wenn sie ein Problem erkennen. Das sei jedoch ganz entscheidend - für die Erwachsenen und nicht zuletzt für die Kinder. Am meisten erreiche man mit Empathie und der einfachen Botschaft: &bdquo;Du kannst etwas tun.“ 81 Menschen haben Miß-Litfin und ihre Kollegen von der Caritas im Kreis Höxter im Jahr 2022 beraten, die unter dem Stichwort &bdquo;Bezugsperson“ geführt werden. Also Menschen, die aus dem unmittelbaren sozialen Umfeld einer Person mit Suchtproblemen stammen und Hilfe bei Experten suchen. Wenn das Konsumverhalten nicht stimmt 414 Personen mit eigener Symptomatik kommen im Kreis Höxter dazu, die in 2022 von den Profis der Caritas beraten wurden. Wichtig: Nicht jede der beratenen Personen sei auch gleich krank oder sogar schwerwiegend krank. &bdquo;Wir sind genauso offen für Menschen, die merken, dass mit ihrem Konsumverhalten etwas nicht stimmt und etwas dagegen unternehmen wollen“, sagt Miß-Litfin. 365 der 414 Personen, die in 2022 die Beratung der Caritas in Anspruch genommen haben, erfüllten die Kriterien einer krankhaften Sucht. 64 Personen waren es zusätzlich in Warburg. Knapp die Hälfte der Suchtkranken im Kreis Höxter (195) hatten mit Alkoholproblemen zu kämpfen, 81 Personen, also etwa 20 Prozent, mit einer Cannabissucht. Zwölf Personen mit einer Glücksspielsucht und eine Handvoll Patienten, die mit Mediensüchten zu tun hatten, kommen hinzu. Übertriebener Medienkonsum sei laut Miß-Litfin in den letzten Jahren im Hinblick auf Suchterkrankungen immer mehr zu einem Problem geworden. &bdquo;Wir schätzen, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist“, so die Leiterin der Caritas-Suchtberatung. 136 Kinder mit suchtkranken Eltern 71 der Klienten mit Suchtproblemen, die in 2022 von den Mitarbeitern der Caritas beraten wurden, waren Eltern und hatten minderjährige Kinder. So kommen 136 Kinder im Kreisgebiet zusammen, die in Familien mit suchterkrankten Eltern leben. Wann aber sind die Kriterien einer krankhaften Sucht erfüllt? Wann ist die Grenze zwischen Genuss und Exzess überschritten? Mindestens drei Kriterien müssen laut der Expertin erfüllt sein: Konsumsteigerung, Toleranzentwicklung und Kontrollverlust beziehungsweise eine Entzugssymptomatik. Wer suchtkrank ist, müsse auf dem Weg zur Besserung allem voran sein Problem erst einmal selbst erkennen. Im Bezug auf Kinder werde es dann problematisch, wenn Eltern wegen ihrer Süchte beispielsweise über einen längeren Zeitraum deutlich reizbarer werden, alltägliche Verhaltensweisen ändern, die Bedürfnisse der Kinder nicht mehr im Blick haben oder nicht mehr in der Lage sind, eine Vorbildfunktion zu übernehmen. Folgen für die Kinder im Laufe ihres Lebens Ganz entscheidend sei auch, ob Eltern in Gegenwart der Kinder Alkohol, Cannabis oder andere Substanzen konsumieren. &bdquo;Ein Drittel der Kinder, die im Elternhaus mit Suchtproblemen konfrontiert werden, erkrankt im weiteren Leben psychisch“, sagt Miß-Litfin. Ein weiteres Drittel entwickele selbst eine Suchtproblematik. &bdquo;Nur ein Drittel der Kinder schafft es, gesund zu bleiben“, so die Diplom-Sozialpädagogin. Zahlen, die die Wichtigkeit früher Maßnahmen für das Wohl dieser Heranwachsenden verdeutlichen. Kinder, die Veränderungen an dem Verhalten ihrer Eltern bemerken, können sich auch selbst an die Zuständigen der Caritas wenden. &bdquo;Wir sprechen dann zuerst mit dem Kind und versuchen so schnell es geht den Kontakt zu den Eltern herzustellen, um ihnen Hilfsangebote zu unterbreiten“, sagt Miß-Litfin. Beratungen können anonym erfolgen Die Sorge, einen &bdquo;Stempel“ zu bekommen, wenn man sich seinen Problemen stellt, sei weit verbreitet, aber unbegründet. Unter www.caritas-hx.de gibt es alle Beratungs- und Hilfsangebote der Sucht- und Drogenberatung der Caritas Höxter auf einen Blick. &bdquo;Eine Beratung kann auch vollkommen anonym über unsere Homepage, per E-Mail oder als Online-Beratung im Vier-Augen-Gespräch ablaufen. Insgesamt sei die Zahl der Menschen, die sich im Kreis Höxter mit ihren Suchtproblemen bei der Caritas melden oder von Bezugspersonen in den letzten Jahren stark gestiegen. Im Rahmen der Beratung machen die Sozialarbeiter den Klienten keine Vorgaben, was sie zu tun oder zu lassen haben. Das Ziel bestimme die Person selbst. &bdquo;Es gibt auch viele Menschen, die kommen mit dem Motiv zu uns, eine bessere Mutter oder ein besserer Vater sein zu wollen. Andere wollen ihren Drogenkonsum pausieren, weil sie ihren Führerschein zurück wollen. Wir begleiten die Menschen und stehen ihnen auf ihrem Weg zur Seite.“

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