Langes Leben geht zu Ende 

Höxter trauert um Künstler Hermann Fast

Mit 72 Jahren kam der Russlanddeutsche in die zweite Heimat an der Weser. Nun starb der Maler, Musiker und Chorleiter am vergangenen Samstag mit 100 Jahren.

Hermann Fast in seinem Atelier in Höxter. | © Privat

Simone Flörke
28.02.2024 | 28.02.2024, 12:12

Höxter. Es war ruhiger geworden um ihn in den vergangenen Jahren. Aber kein Wunder, schließlich hatte er die 100 Jahre erreicht. Und da darf auch ein Künstler mit Leidenschaft mal einen Schritt ein bisschen langsamer angehen lassen. Nun ist Hermann Fast, seit 30 Jahren in Höxter zu Hause, im Alter von einhundert und einem halben Jahr am vergangenen Samstag, 24. Februar, gestorben.

Sein Lebensmotto hatte er im vergangenen Juni anlässlich des Hundertsten betont: „Wer was schaffen will, muss fröhlich sein!“ 1995 war der Mann, der auch Musik machte und als Chorleiter agierte, in seine zweite Heimat im Weserbergland gekommen. Er habe sich in die Region verliebt, sagte Fast. Er stammte von weither: aus dem russischen Chabarowks am Fluss Amur nahe der chinesischen Grenze. Als gebürtiger Deutscher in Russland zu leben und zu überleben – für ihn nicht einfach. So verbrachte er mehr als eineinhalb Jahrzehnte als Zwangsarbeiter in einem Gulag im Ural.

Dort retteten ihm die Kunst und die Musik mehrfach der Leben, hatte der einstige Kunststudent erzählt, der nach dem Arbeitslager weiter studierte. Neben der Malerei unterrichtete er beispielsweise auch das Akkordeonspielen, leitete Chöre und Orchester, liebte das Zeichnen, die Malerei in Öl oder Aquarell und war bekannt für seine Arbeiten in Holz – Schnitzerei, Drechsel- oder hochwertige Intarsienarbeiten. In der ersten Heimat als Russlanddeutscher nicht anerkannt, fand er die zweite Heimat in Höxter: Im Alter von 72 Jahren ging Hermann Fast mit seiner Frau Galina nach Deutschland. Und startete durch: Mehr als 40 Ausstellungen im Weserbergland und in ganz Deutschland folgten.

„Sein Glas ist nie halb leer, sondern immer halb voll“

Mit 80 Jahren baute der Vater von fünf Kindern zwei Balalaikas und zwei Ukulelen. Das 2019 der Stadt übergebene Gemälde fürs Stadthaus – neun Meter groß und mit dem Motiv der Godelheimer Seen – war vergangenes Jahr nach Renovierungsarbeiten wieder entdeckt und bei der LGS in der Blumenhalle gezeigt worden. Dafür sollte anschließend ein Platz gesucht werden. Nicht einfach bei benötigten neun Metern für das „Strandleben an der Freizeitanlage Godelheim“. Kraft, es zu restaurieren, hatte Fast im vergangenen Jahr nicht mehr. Aber mit 98 Jahren stellte er seine Werke in der Galeria Höxter aus.

Er genoss den guten Kontakt zur Familie und zu seinen Freunden. Sohn Vitali, der jüngste, war auch in Höxter heimisch geworden. Gemeinsam waren sie auch am Godelheimer See unterwegs. Mit dem Fahrrad. Manchmal mehrfach in der Woche zum Zeichnen und Malen. Auch in Russland war man schließlich auf den Mann wieder aufmerksam geworden, der sich so vielfältig kreativ zeigen konnte: Der Kunstverein im russischen Chabarowsk hatte ihn schließlich zum Ehrenmitglied ernannt.

Von seinen bitteren Erfahrungen habe er sich nie verbittern lassen, sagten Freunde über den 100-Jährigen. „Sein Glas ist nie halb leer, sondern immer halb voll. Mindestens. Gern auch gefüllt mit einem guten Rotwein“, hatten sie zu Fasts 100. Geburtstag verraten. Und sprechen von einer „inspirierenden Freundschaft“. Und zitieren Hermann Fast: „Alles hat irgendwann einmal ein Ende.“ Nun auch sein langes Leben.