Kaserneneindringling in Höxter: Polizei rechnete "mit dem Schlimmsten"

Höxter. Es ist ein sehr großer Aufruhr, für den Hakim S. (Name geändert) am 7. Februar auf dem Gelände der Höxteraner General-Weber-Kaserne sorgt. Ab Mittag kommen Feldjäger, Polizeibeamte und der Kampfmittelräumdienst zum Einsatz, der Staatsschutz rückt an, bis in die Abendstunden sind Straßen in der Umgebung abgesperrt. &bdquo;Wir haben mit dem Schlimmsten gerechnet“, wird ein halbes Jahr später eine Polizeibeamtin vor dem Landgericht Paderborn sagen. Denn der 24-Jährige gehört nicht der Truppe an, sondern er steht auf dem Dach seines Autos und schreit – viel Unverständliches, aber unter anderem wohl auch Sätze, die als Drohung aufgefasst werden können. Was er da gerufen hat, weiß Hakim S. ein halbes Jahr später vor Gericht nicht mehr. Er kann sich nur noch daran erinnern, dass er Angst hatte, als er an diesem Tag mit seinem Opel unterwegs war. Schon länger fühlte er sich verfolgt – von Männern in einem schwarzen Mercedes. Wer sie waren und was sie von ihm wollten, kann er nicht erklären, beteuert aber, dass er vor ihnen in der Kaserne habe Schutz suchen wollen. &bdquo;Ich habe einfach diese Angst gehabt.“ Dass er einen 27-Jährigen, der mit einem Zivilfahrzeug der Bundeswehr auf dem Gelände unterwegs war, anhielt und mit den Worten &bdquo;Raus aus der Karre“ aus dem Wagen zerrte und zu Boden brachte, erklärt er damit, dass er befürchtet habe, der Soldat werde die Schranke wieder öffnen. Angst verspürte hingegen der Zeuge, der so attackiert wurde, nach eigenen Angaben nicht, obschon der unbewaffnete Hakim S. drohte, ihn zu töten. &bdquo;Ich habe zuerst gedacht, es sei eine Übung gewesen“, erzählt der Soldat den Richtern der 1. Großen Strafkammer. Völlig &bdquo;perplex“ sei er gewesen. &bdquo;Ich habe nicht gedacht, dass so etwas auf einem Kasernengelände passieren könnte.“ Eine Chance, die der Eindringling nutzte Tatsächlich eilten ihm Kameraden zu Hilfe. Sie überwältigten Hakim S., ließen ihn aber los, als ein Vorgesetzter die Befürchtung äußerte, der 24-Jährige könne nicht mehr atmen. Eine Chance, die dieser nutzte. Er lief davon, erklomm seinen eigenen Wagen, entkleidete seinen Oberkörper und rief wieder bedrohliche Sätze vom Dach des Fahrzeuges herunter. Für den mittlerweile eingetroffenen Sicherheitschef der Kaserne war das der Anlass, die Feldjäger sowie die Polizei zu verständigen und die umliegenden Gebäude räumen zu lassen. Als Hakim S. von seinem Auto kletterte und fortlief, gelang es der Polizistin und ihren Kollegen, ihn festzusetzen. &bdquo;Wir haben das sehr ernst genommen“, bilanziert die Beamtin vor Gericht. Und so kehrte erst in den Abendstunden wieder Normalität auf dem Gelände ein, nachdem feststand, dass der 24-Jährige weder ein Messer noch eine Schusswaffe bei sich gehabt hatte und nach einigen Stunden auch der Kampfmittelräumdienst Entwarnung gab. Wie es Hakim S. gelingen konnte, auf das Kasernen-Gelände zu kommen, ist zwar nicht die Kernfrage des Prozesses, interessiert aber alle Beteiligten brennend. Ein ziviler Angestellter des Privatunternehmens, das für den Wachdienst im Eingangsbereich der Kaserne verantwortlich ist, habe Hakim S. aufgrund einer großen Ähnlichkeit für einen Kameraden gehalten, wissen die Angehörigen der Höxteraner Bundeswehr. Auftrag: &bdquo;Unbefugten Zugang zu verweigern" &bdquo;Ich habe ihn fälschlicherweise als einen Soldaten der Kaserne erkannt“, gibt der 55-Jährige zu, der damals den Dienst an der Schranke versehen und diese geöffnet hatte. Es ist nicht zu übersehen, dass ihm sein Fehler äußerst peinlich ist. Sicherlich sei es die Aufgabe des Wachdienstes, &bdquo;Unbefugten Zugang zu verweigern“, erklärt er. Doch bis zu dem Vorfall sei es üblich gewesen, dass man Personen, die einem bekannt gewesen seien, ohne eine Überprüfung ihrer Papiere eingelassen habe. Dass der 24-Jährige mit seinem silbernen Opel Zaphira in einem zügigen Tempo vorfuhr und aufgeregt forderte, die Schranke zu öffnen, wunderte den 55-Jährigen damals nicht. Es komme oft vor, dass Soldaten, die sich etwa auf dem Heimweg befänden, in flotter Fahrt zur Kaserne zurückkehrten, weil sie etwas vergessen hätten, weiß der Wachmann. Für ihn hatte der Vorfall empfindliche Konsequenzen. Er wurde aus Höxter abgezogen, musste zwei Monate auf seinen Lohn verzichten und erneut einen sogenannten Wachtest ablegen. Mit welchen Folgen Hakim S. rechnen muss, werden die Richter entscheiden, wenn sie weitere Zeugen, aber vor allem den psychiatrischen Sachverständigen gehört haben. Denn der 24-Jährige musste wenige Tage nach seiner Festnahme aufgrund seiner psychischen Verfassung aus der Untersuchungshaft in die forensische Psychiatrie Eickelborn verlegt werden. Der Soldat, dem er so bedrohlich nahe kam am 7. Februar, hat sein Erlebnis gut verkraftet. Er beteuert mehrfach, dass ihm durch Hakim S. nichts Böses widerfahren sei. In seiner Heimat Dortmund, so der Soldat, habe er schon viel schlimmere Erlebnisse gehabt. Die Verhandlung wird am Donnerstag, 7. September, fortgesetzt.

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