Höxteraner finanzierte seinen Marihuana-Konsum mit Drogenhandel

Höxter. Flankiert von zwei Justizmitarbeiterinnen betritt Markus G. (Name geändert) den Gerichtssaal des Amtsgerichts Höxter. Er schaut in den Zuschauerraum, lächelt und winkt seinen Angehörigen zu. &bdquo;Hoffentlich geht es glimpflich aus“, hatten die sich im Zuschauerraum zuvor noch zugeraunt. Vor dem Angeklagten haben sich seine Verteidiger aufgebaut. Sascha Haring aus Halle und der Bielefelder Detlev Binder. Beide Rechtsanwälte verteidigen weit über OWL hinaus. Binder dürfte den Höxteranern zum Beispiel als Anwalt von Wilfried W. im Fall des Horrorhauses in Erinnerung sein. Um Mord und Totschlag geht es bei Markus G. nicht. Trotzdem steht für ihn viel auf dem Spiel. Mit 16 Jahren hat Markus G. angefangen, gelegentlich zu kiffen. Doch anders als andere Jugendliche, die mit Drogen herumexperimentieren, bemerkt Markus G. nicht nur einen berauschenden oder beruhigenden Effekt, sondern auch einen medizinischen. Der heute 33-Jährige leidet wohl unter ADHS sowie unter einer Tourette-Störung – Erkrankungen, deren Symptome wie Unaufmerksamkeit, Impulsivität oder Ticks durch den Konsum scheinbar gelindert wurden. Aus dem gelegentlichen Joint werden im Laufe der Jahre drei Gramm Cannabis pro Tag. Verordnet vom Arzt, wie Detlev Binder erklärt: &bdquo;Da hat er letztlich funktioniert.“ "Exorbitant" höhere Preise in der Apotheke Denn Markus G. hat – mit Ausnahme kurzer Zeiträume nach Jobwechseln – immer gearbeitet. Bis zu seiner Verhaftung im Sommer des vergangenen Jahres als Produktionsmitarbeiter. Irgendwann hakt es jedoch bei der Kostenübernahme des medizinisch verschriebenen Cannabis. Mit seinem Gehalt war der Konsum von drei Gramm Marihuana nicht zu bezahlen. &bdquo;Wenn ich ein Gramm Marihuana einzeln auf der Straße kaufe, sind das 10 Euro“, rechnet Binder vor, &bdquo;In größeren Mengen 6, 7 Euro.“ In der Apotheke würden &bdquo;exorbitant“ höhere Preise aufgerufen. Bis zu 20 Euro pro Gramm seien möglich. Gemeinsam mit zwei Kumpels beginnt Markus G. dann, Marihuana und Amphetamine zu verkaufen. Mit dem Erlös finanzieren sich die Männer den eigenen Drogenkonsum. "In Geld sind wir schon in Richtung fünfstellig unterwegs" Der Höxteraner muss sich vor dem Amtsgericht Höxter deswegen wegen gemeinschaftlichen Handels mit Betäubungsmitteln sowie wegen Handels und Besitzes verantworten. Die Mengen, um die es geht, sind dabei gar nicht so klein. Im Juni 2021 wurden durch die Polizei beispielsweise knapp 70 Gramm Amphetamine beschlagnahmt, im April 2022 sogar fast 800 Gramm. Im Juni 2022 fanden die Beamten bei Markus G. rund 85 Gramm Marihuana. Eine ähnliche Menge beschlagnahmten sie, als G. wenig später festgenommen wurde. Dazu fanden sie noch Haschisch. &bdquo;Wenn man sich das alles mal in Geld vorstellt, sind wir schon in Richtung fünfstellig unterwegs“, sagt Richterin Christina Brüning, &bdquo;das ist nicht nur Kleinkram“. Außerdem lastet das Gericht dem 33-Jährigen seine Vergangenheit an. Sieben Einträge aus dem Zentralregister verliest die Richterin. Straftaten, begangen zwischen 2011 (Sachbeschädigung) und 2021 (Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge). Und Strafen von Geld- bis zu Bewährungsstrafen. Fünf von den sieben Einträgen hätten mit Drogen zu tun, stellte Brüning heraus. Anwalt: Geständnis habe besonders hohen Wert Es gibt aber auch Dinge, die für den Angeklagten sprechen. Markus G. hat einen Schulabschluss, eine Ausbildung, eine enge Bindung zu seiner Familie und eine Freundin. Er gesteht zudem vollumfänglich und macht so den anberaumten zweiten Verhandlungstag unnötig. Bei diesem Termin hätten die Kumpels als Hauptbelastungszeugen aussagen sollen. &bdquo;Die würden nicht freudig hier sitzen“, sagt Rechtsanwalt Detlev Binder, &bdquo;wir wären auf größere Probleme gestoßen“. Er ist sicher, die Befragungen wären sehr zäh und die Antworten mitunter sehr spärlich geworden. &bdquo;Ich kann mich nicht erinnern. Ich stand selbst unter Drogen. Das weiß ich nicht mehr“, zählt er auf. So habe das Geständnis seines Mandanten einen besonders hohen Wert. &bdquo;Auf Anraten seiner Anwälte lehnte er die Begutachtung ab“ Um zu beurteilen, ob der Angeklagte drogenabhängig ist, hat der forensische Psychiater Bernhard Bätz aus Hamm ein Gutachten erstellt. Unter erschwerten Bedingungen allerdings. &bdquo;Auf Anraten seiner Anwälte lehnte er die Begutachtung ab.“ Dementsprechend habe er auf Grundlage der Akten gearbeitet. In diesen hat der Experte zwar Hinweise auf die psychiatrischen Vorerkrankungen gefunden. Er gehe aber davon aus, dass diese zum Tatzeitpunkt zurückgebildet waren. &bdquo;Der Angeklagte wurde nicht als hyperaktiv oder impulsiv beschrieben.“ Eine Sucht ließe sich auf Aktengrundlage nicht feststellen, erklärt Bätz. Woraufhin aus den Reihen der Angehörigen ein halblautes &bdquo;Der hat doch keine Ahnung“ zu hören ist. Auch körperliche oder psychische Folgen, die auf einen schädlichen Gebrauch der Drogen hinwiesen, sieht Bätz nicht. &bdquo;Sicherlich“ handele es sich aber um einen &bdquo;problematischen Konsum“. Das Schöffengericht entscheidet sich für das Mittel Markus G. wird schließlich zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Das Schöffengericht entschied sich damit für das Mittel zwischen den von der Verteidigung geforderten zwei Jahren und sechs Monaten sowie den von der Staatsanwaltschaft beantragten zwei Jahren und zehn Monaten. So wie es aussieht, wird Markus G. aber aus der Untersuchungshaft erst einmal in eine Klinik verlegt, wo er eine Entgiftung mit Therapie absolvieren soll und will. Paragraf 35 des Betäubungsmittelgesetzes macht das möglich. Eine Strafe kann, wenn sie sich in einem bestimmten Rahmen bewegt, zugunsten einer Therapie zurückgestellt werden, wenn die Straftat aufgrund einer Drogenabhängigkeit begangen wurde.

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