Bringt das winterliche T-Shirt-Wetter die Bienen im Kreis Höxter durcheinander?

Kreis Höxter. Ja, ist denn heut' schon Frühling? Das T-Shirt-Wetter an Silvester hatte auf die Menschen kaum Auswirkungen. Sie haben sich vielleicht gewundert, vielleicht passte das eine oder andere Raclettepfännchen weniger in den Bauch. Im Tierreich allerdings können zu warme Temperaturen im Winter aber für Verwirrung sorgen, wie Frank Grawe, Leiter der Biologischen Station des Kreises Höxter in Borgentreich, weiß. Die eine oder andere Biene, aber auch mancher Schmetterling fühlte sich in den vergangenen Tagen veranlasst, die Winterruhe zu unterbrechen und bei mildem Wetter nach Nahrung zu suchen. Das ist erst mal nicht dramatisch. "An all diese Kapriolen ist die Natur angepasst", sagt Grawe. Und auch Ulrike Hensel von der gleichnamigen Imkerei in Brakel-Bellersen gibt Entwarnung: "Die Bienen sind da sehr flexibel." Das eurasische Exemplar komme immerhin überall zwischen Nordafrika und Finnland vor. Bienen halten Winterruhe, erklärt Hensel. Dazu bilden die Tierchen eine Wintertraube zwischen den Waben. Sie kuscheln sich gewissermaßen aneinander. Damit alle Bienen warm bleiben und an den Honig kommen, rotieren die Insekten. Wird es wärmer, unterbrechen die Bienen die Winterruhe und fliegen aus. Denn auch in der kalten Jahreszeit blühten einige Pflanzen. Etwa die Christrosen. "Die wurden gezielt angeflogen", hat Frank Grawe beobachtet. Zwischen Weihnachten und Neujahr taut es meist Er habe gelernt, sagt Grawe, dass das Weihnachtstauwetter am 24. Dezember beginne und am 29. ende. In diesem Zeitraum sei das Wetter häufig auffallend mild. "Das ist in sieben von zehn Jahren so." Die Tiere seien an den einen oder anderen wärmeren Wintertag gewöhnt. Insekten orientierten sich ohnehin nicht nur an den Temperaturen. Auch die Tageslänge spiele eine Rolle: "Die kriegen das schon mit, dass es noch nicht so weit ist." Bleibe es aber über einen längeren Zeitraum vergleichsweise warm oder sei das Wetter über den Winter zu häufig zu mild, könnten Tiere - nicht nur die Bienen - Probleme bekommen. Fledermäuse oder Igel fressen sich Winterspeck an, von dem sie während ihrer Winterruhe zehren. "Wenn die wach werden, frieren sie." Um sich aufzuwärmen, zitterten Fledermäuse etwa mit den Muskeln, was wiederum Energie und somit Fettreserven aufbrauche. Diese Polster könnten hinten raus, etwa bei einem späten Kälteeinbruch, dann fehlen. Und auch was Bienen angeht, ist sich Frank Grawe sicher: "Das verkürzt die Lebensspanne." Grawe räumt damit auch mit einem Irrtum auf: "Man denkt immer, Ungeziefer geht kaputt, wenn es im Winter sehr kalt ist." Das Gegenteil aber sei der Fall: Parasiten und Schädlinge hätten es bei feuchtem, warmen Wetter viel schwerer. Denn unter diesen Bedingungen könnten sich Schimmelpilze viel besser ausbreiten. Und an den Pilzen wiederum gingen Insekten "zugrunde". Zucker schützt die Plagegeister vor der Kälte "Bei Blattläusen zum Beispiel ist es so, dass die durch Pilze stark dezimiert werden können." Gegen Kälte hingegen seien unliebsame Tierchen geschützt. "Bei alten mit dem Holzwurm befallenen Möbeln sagt man auch, die müsste man in die Kälte stellen. Das ist Blödsinn. Die Leben ja sonst unter der Rinde von Bäumen", erklärt Grawe. Und an diese Bedingungen seien sie angepasst. "Sie haben ein natürliches Frostschutzmittel eingelagert." Zucker zum Beispiel. Auch wenn ihre Bienen mit vielen Widrigkeiten klarkommen, sorgen sich die Imker im Winter auch immer etwas um ihre Schützlinge, wie Ulrike Hensel gesteht. Sie habe immer mal wieder beobachtet, dass sich die Bienen von der Helligkeit gefallenen Schnees angezogen fühlten. Auch reagierten sie sensibel, wenn ihre Kisten erschüttert würden. Zum Beispiel von Waschbären. "Oder wenn eine Maus einzieht - das mögen sie auch gar nicht."

Meistgelesen