Kinderporno oder "Spaßbild": Tragischer Fall vor Höxteraner Schöffengericht

Kreis Höxter. Leon H. (Name geändert) hat richtig Pech gehabt. Im August 2021 steht die Polizei vor der Tür des 33-Jährigen. Ermittlungen in einer Erpressungssache führen die Beamten zu ihm. Von seiner IP-Adresse aus soll eine "Porno-Mail" verschickt worden sein. Eine ermittelnde Beamtin fasst den Inhalt einer solchen Mail vor dem Amtsgericht Höxter so zusammen: "Ich habe dich beim Onanieren aufgenommen, zahl mir Bitcoins." H.s Haus wird durchsucht. Später stellt sich heraus: Leon H. ist gehackt worden. Also selbst Opfer. Bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmt die Polizei auch elektronische Geräte. Auf dem Smartphone des 33-Jährigen findet die Polizei dann drei Bilder, die sie als kinderpornografischen Inhalte wertet. Ein Bild zeigt die Geschlechtsteile eines Mädchens, auf zwei weiteren sind offenbar recht bizarre kinderpornografische Szenen zu sehen. Erhalten hat Leon H. die Bilder über WhatsApp. Der Messengerdienst speichert verschickte Dateien automatisch in der App. Leon H. ist zweifacher Familienvater, verheiratet, hat ein Haus im Kreis Höxter gebaut, arbeitet als Maschinenführer. Jetzt muss er sich vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Höxter verantworten wegen Besitzes von Kinderpornografie. Als er sich zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft äußern will, steht Leon H. auf. Er ist das erste Mal in einem Gerichtssaal. Sein Rechtsanwalt bedeutet ihm, sich wieder hinzusetzen. Mindeststrafe: ein Jahr "Ich habe die Dateien zugesendet bekommen", gibt H. zu. Zunächst scheint es, als hätte Leon H. gar keine Kenntnis von den Dateien. "Oft öffnet man die ja auch gar nicht, weil man so viel Müll bekommt." Auf die Nachfrage von Richterin Christina Brüning, wieso er die Dateien nicht gelöscht habe, sagt H. jedoch: "Man hat ja auch alte Chatverläufe." Und dass ihm nicht bewusst gewesen sei, dass es sich um strafbare Inhalte handele. "Ich kenne auch solche Witzbildchen", schaltet sich der Staatsanwalt ein, "man sieht, was drauf ist. Haben Sie keine Veranlassung gesehen, das nicht haben zu wollen?" Hier springt dem Angeklagten der Verteidiger bei: "Der springende Punkt ist: Habe ich Spaß an diesen Fotos?" Das lässt der Staatsanwalt jedoch nicht gelten. Bei Kinderpornografie sei es ähnlich wie bei Drogendelikten. Der Konsum sei nicht gesondert strafbar.Es ist unstreitig. Die Bilder sind auf dem Handy. Gleichzeitig scheint niemand im Gericht den Eindruck zu haben, einen Pädophilen auf der Anklagebank sitzen zu haben. Der Staatsanwalt fordert ein Jahr und "keinen Tag mehr" sowie eine relativ geringe Geldstrafe. Der Verteidiger fordert ebenfalls ein Jahr - das ist die Mindeststrafe. Meint jedoch, damit sei Leon H. genug bedient. Sein letztes Wort geht in kullernden Tränen beinahe unter. "Ich habe Angst, meiner kleinen Tochter die Windeln zu wechseln und sage meiner Frau, mach du das lieber", schluchzt H. Wohl aus Furcht, verdächtigt zu werden. Dabei sei er "gar nicht in dieser Richtung angehaucht". Das sind keine Spaßbilder Das Schöffengericht verhängt schließlich das von beiden Parteien geforderte ein Jahr Bewährungsstrafe. "Da kommen wir nicht drum herum", sagt Richterin Brüning in der Urteilsbegründung. Die Bilder seien vielleicht als "Spaßbilder" gemeint gewesen, doch es sei Kinderpornografie. Der Gesetzgeber habe gerade erst den Strafrahmen angehoben, um "die Bevölkerung zu sensibilisieren". Demnach seien auch keine minderschweren Fälle vorgesehen - obgleich "man hier darüber hätte nachdenken können". Vielleicht, sagt Brüning, holt der Gesetzgeber das noch nach. Geld muss Leon H. nicht bezahlen, dafür bleibt sein Smartphone als Tatmittel eingezogen. Weil es für den Familienvater nicht glimpflicher ausgehen kann, verzichtet die Verteidigung auf Rechtsmittel. Das Urteil ist rechtskräftig.

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