Hebammen-Kongress in Höxter: Wenn die Geburt zum Notfall wird

Kreis Höxter. Bei einer Geburt kann auch schnell mal eine Notfallsituation entstehen. In diesem Augenblick zählt jede Sekunde - gerade darum ist es wichtig, auf solche Komplikationen vorbereitet zu sein und Ruhe zu bewahren. Damit Hebammen sich auch praktisch auf solche Situationen vorbereiten können, organisierte die Brakeler Firma Spiegel Medical-Training unter der Regie von Notfallsanitäter und Praxisanleiter Jan-Niklas Spiegel (26) nun den ersten bundesweite Hebammen-Notfallkongress. Dieser startet heute im Hotel Niedersachsen in Höxter. Auf der Tagesordnung stehen diverse Fachvorträge sowie eine Auswahl an Hands-on-Workshops. 80 Hebammen aus ganz Deutschland haben sich für die zweitägige Veranstaltung angemeldet. Besonders gefragt sind die Workshops zu Geburtshilflichen Notfällen und zur Schulterdystokie von Anna-Kathrin von der Goltz, Oberärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe. Bei einer Schulterdystokie bleibt das Baby mit den Schultern im Geburtskanal stecken, dabei kann es zum Geburtsstillstand kommen. Hier sind vor allem praktische Techniken gefragt. In einem weiteren Workshop wird das "ABCDE-Schema" zur Prioritätenorientierten Patientenversorgung vorgestellt. Spiegel erklärt: "Dabei handelt es sich um ein weltweit verwendetes Untersuchungsschema. Die lebenswichtigen Funktionen werden in einer bestimmten Reihenfolge überprüft, damit der Zustand des Patienten möglichst schnell eingeschätzt werden kann". Im Workshop "Geburtshilfliche Notfälle" liege der Fokus auf dem Blutungsmanagement. "Der Blutverlust kann leicht unterschätzt werden. Vielleicht ist nur ein relativ kleiner Fleck auf der Saugunterlage zu sehen, darum wird mit eingefärbtem Wasser gezeigt, wie viel Flüssigkeit diese Unterlage aufnehmen kann". Ebenso soll die Kommunikation in Stresssituationen oder das Einbeziehen von Ersthelfern trainiert werden. Hilfe bei Traumatische Erlebnissen Das Thema Psychosoziale Belastungssituationen wurde speziell vom Kreisverband der freiberuflichen Hebammen angestoßen, berichtet Spiegel. "Situationen wie die Reanimation eines Neugeborenen können sehr traumatisch für Hebammen sein, doch für die Freiberuflichen gibt es kein festes Hilfsnetzwerk. Das ist wirklich erschreckend. Es gibt eine Studie aus Skandinavien, die zeigt, dass wenn so ein Trauma nicht aufgearbeitet werden kann, freiberufliche Hebammen ihren Beruf auch häufig aufgeben." Es sei wichtig, hier Hilfestellung zu geben und auf mögliche Ansprechpartner aufmerksam zu machen. "Bei einem Notfall wird von der Hebamme alles abverlangt", betont Jan-Niklas Spiegel. Gerade wenn es sich um eine Hausgeburt handele, laste viel Verantwortung auf ihr, da das Gebursthilfe-Team kleiner sei und es in ländlichen Gegenden längern dauern könne bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. "Im schlimmsten Fall die Hebamme vielleicht sogar alleine, hat im Notfall nicht direkt Unterstützung." Regelmäßige Wiederholungen der Übungen könne Sicherheit bieten. Realitätsnahe Übungen am Geburtssimulator "Wir bieten seit drei Jahren Fortbildungen speziell für Hebammen an. Die Corona-Pandamie war ein tiefer Einschnitt. Von jetzt auf gleich mussten die Konzepte geändert werden", sagt Jan-Niklas Spiegel. Vieles ließe sich zwar auch online vermitteln, aber das wichtigste sei nun mal das Praxistraining. Durch die Pandemie seien da auch Defizite entstanden, die nun aufgeholt werden müssen. Der Kongress sei nun ein Vorstoß dahin, wieder eine Präsenzveranstaltung zu schaffen. Er solle Hebammen die Möglichkeit geben, sich umfassend im Bereich Notfallmanagement fortzubilden und untereinander auszutauschen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen aus ganz Deutschland, "vom Bodensee bis zur Ostsee"; fünf davon kommen aus dem Kreis Höxter. "Wenn die Premiere gut läuft, wollen wir die Veranstaltung in zwei Jahren wiederholen", so Spiegel. Ein Großteil des Teams bestehe aus eigenen Mitarbeitern, viele davon sind Notfallsanitäter, aber auch externe Referentinnen, wie beispielsweise eine Gynäkologin sind dabei. "Unser Motto ist voneinander und miteinander lernen. Es geht nicht nur darum, dass ein Dozent einen Vortrag hält, es ist auch wichtig, dass die Hebammen miteinbezogen werden. Sie haben schließlich auch lange Jahre Erfahrung." Neben Fachvorträgen werden auch Workshops mit praktischen Übungen angeboten. Hierbei soll unter anderem mit einem Geburtssimulator und Simulationsphantome, sprich Baby-Übungspuppen, gearbeitet werden. So können Wiederbelebungsmaßnahmen oder bestimmte Handgriffe möglichst realitätsnah geübt werden.

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