So hat die Pandemie das Leben der Menschen im Kreis Höxter verändert

Kreis Höxter. Und plötzlich war alles zu: Schüler wurden in den Distanzunterricht geschickt, Einzelhandel und Gastronomie durften keine Kunden mehr empfangen und die Senioren in Pflegeheimen waren von der Außenwelt quasi abgeschnitten. Der 22. März 2020 war ein einschneidendes Erlebnis für Deutschland, denn an diesem Tag ging es zum ersten Mal in einen Lockdown. Beschlossen wurde er am 16. März, kurz darauf kam das gesellschaftliche Leben zum Stillstand. Wie sie diesen ersten Lockdown erlebt haben und was sich seitdem alles verändert hat, darüber berichten Menschen aus verschiedenen Bereichen im Kreis Höxter. Schulen &bdquo;Zunächst konnte man das gar nicht so richtig glauben, man wusste nicht, was einen erwartet“, blickt der stellvertretende Schulleiter des Berufskollegs Brakel, Peter Heinemann, auf die Ankündigung des ersten Lockdowns zurück. Trotzdem habe die Umstellung gut geklappt, denn die Schüler hätten sich sehr schnell darauf eingestellt und das Berufskolleg sei technisch gut ausgestattet.Nach zwei Jahren Pandemie sei man gelassener geworden. &bdquo;Wir haben aber gemerkt, wie unverzichtbar eigentlich der soziale Kontakt ist, der ist in dieser Zeit sehr auf der Strecke geblieben“, so Peter Heinemann. &bdquo;Gerade bei Schülern, die schon vor der Pandemie Motivations- und Lernschwierigkeiten hatten, gibt es jetzt viel Aufholbedarf“.Besonders frustriert habe ihn das Hin und Her der Regelungen und dass alle Schulen über einen Kamm geschoren wurden. &bdquo;Ein Berufskolleg tickt anders als eine Grundschule oder eine Realschule. Unsere Schüler sind schon erwachsener, da wurde aber nicht differenziert und wir konnten so die Möglichkeiten gar nicht richtig ausnutzen.“ Trotz allem sieht er auch positive Seiten: &bdquo;Das hat noch mal richtig Drive auf die Digitalisierung gegeben. Die gesammelten Erfahrungen lassen wir weiter einfließen, aber wir haben auf jeden Fall gemerkt, dass der Präsenzunterricht nicht so richtig ersetzbar ist.“ Die geplanten Lockerungen sieht er kritisch. &bdquo;Ich persönlich bin zurzeit noch dagegen. Gerne in anderen Bereichen, aber noch nicht an Schulen. Die Masken- und Testpflicht finde ich weiterhin wichtig, um sich abzusichern.“ Mit Blick auf die aktuelle Ansteckungsrate befürchtet er, dass sich in nächster Zeit dann viele Schüler und Lehrer infizieren könnten.“Auch wenn es sich damals bereits angekündigt hatte”, sagt Heike Edeler, Schulleiterin des König-Wilhelm-Gymnasiums (KWG) in Höxter, “war eine Schließung aller Schulen kaum vorstellbar.” Gleichwohl sei es innerhalb weniger Tage und unter sehr großem Einsatz des Kollegiums gelungen, eine erste digitale Austauschplattform auf die Beine zu stellen.Allerdings habe der Lockdown gezeigt, dass der Präsenzunterricht mit anderen Menschen nicht dauerhaft ersetzbar sei. “Lernen funktioniert auch über Beziehungen. Unterricht und Schule bedeuten viel mehr als nur reine Wissensvermittlung. Der persönliche Austausch kann nicht dauerhaft durch digitale Medien ersetzt werden.”Während des Lockdowns war die technische Umstellung auf das Homeschooling herausfordernd. “In dieser Zeit musste sich sehr schnell vieles ändern und oft mussten neue Abläufe entwickelt werden.”Nach der Meldung, dass der Lockdown kommt, habe er “sofort überlegt, wie wir weitermachen können”, sagt Nicolay Loges, Schulleiter der Grundschule Marienmünster. Er habe sich dann ins Wohnzimmer gesetzt und ein Video gedreht. In diesem erklärte Loges seinen Schülern die Situation.Es habe sich angefühlt “wie ein Ausnahmezustand.” Loges habe einen Schalter im Kopf umgelegt. Der Fokus lag dann auf der Frage: Was brauchen die Kinder? “Man hat einfach nur noch funktioniert und hat nächtelang durchgearbeitet.”Doch das Kollegium hätte “super” mitgezogen, habe sich innerhalb kurzer Zeit digital weitergebildet. Und auch Eltern und Kinder hätten gut mitgemacht.Einzelhandel &bdquo;Das Kaufverhalten der Menschen hat sich während dieser zwei Jahre deutlich geändert. Die Leute sind zurückhaltender geworden“, sagt Dietmar Larusch, Betreiber und Inhaber des Haushalts- und Spielwarengeschäfts Larusch in Höxter. Auch werde im Geschäft viel auf Abstände geachtet, Drängelei auf den Gängen gehöre der Vergangenheit an. Beim Kaufverhalten allerdings kann er einen Trend zur Zurückhaltung erkennen, der bis jetzt anhält: &bdquo;Heute kaufen die Menschen sehr gezielt, die Verweildauer im Laden ist geringer.“ Spontane Einkäufe, Bummeln und Flanieren, seien seltener geworden. &bdquo;Wenn die Zahlen runter gehen, sind die Leute oft fröhlicher gestimmt – aber die Coronaregeln ziehen die Leute auch runter.“Die Unbeschwertheit und Freude beim Einkaufen sei bei den meisten Menschen verschwunden. Im Gespräch mit den Menschen hat Larusch aber die Beobachtung gemacht, dass es den meisten mittlerweile reicht. &bdquo;Das zieht einen auch selbst runter“, räumt der Einzelhändler ein.Gastronomie Zum Teil, sagt Strullenkrug-Wirt Christian Potthast, sind die Leute auch jetzt noch &bdquo;sehr zurückhaltend und haben Angst, sich anzustecken.“ Deshalb akzeptieren sie die 3-G-Regeln auch, &bdquo;die haben schon alle Dokumente bereit“. Das sei im Sommer des vergangenen Jahres anders gewesen, &bdquo;eine Zeit lang gab es regelrechte Diskussionsrunden“.Generell beobachtet Potthast aber, dass sich seine Gäste freuen, &bdquo;dass sie vor die Tür gehen können“ und das die Zeit der Lockdowns vorbei sei. Die staatlichen Hilfen für die Gastronomie seien bei ihm problemlos angekommen, &bdquo;reibungslos“, wie er der Regierung bescheinigt. Allerdings wünscht er sich mit Blick auf den bevorstehenden Frühling schon eine Sache – nämlich, dass auf die Einlasskontrollen für die 3-G-Regeln verzichtet werden kann.&bdquo;Das wäre eine Erleichterung für uns.“ Jetzt müsse er immer einen Extra-Mitarbeiter nur für diese Aufgabe abstellen. Nun sei man &bdquo;guter Dinge“, dass die Krise zumindest für die Gastronomie ausgestanden ist. &bdquo;Man hat sich durch diese zwei Jahre irgendwie durchgemuddelt, jetzt reicht es“, sagt Potthast.Seniorenzentrum Die Erfahrungen aus der ersten Welle &bdquo;haben uns in der zweiten und dritten, als alle Altenheime sehr stark betroffen waren, beschützt“, blickt Thomas Berens, Geschäftsführer des Seniorenzentrums St. Johannes in Warburg, zurück. In den ersten Tagen sei er froh gewesen, gut 200 Schutzmasken unterm Schreibtisch zu haben. &bdquo;Ich hab gedacht, ich könne damit die Welt retten“.Bereits am 13. März hatte er zu Beginn der Pandemie vor zwei Jahren für die Alten- und Pflegeeinrichtung an der Landfurt ein Besuchsverbot ausgesprochen. &bdquo;Wir wussten nicht, was da lokal auf uns zukam“, sagt Berens. &bdquo;Als eine der ersten Seniorenheime im Land überollte uns Ende März das Virus“, die Häuser wurden unter Quarantäne gestellt. Wie mit dem heftigen Ausbruch umgehen? Das habe damals niemand gewusst, auch die Behörden nicht.Die Sorge unter Bewohnern, Angehörigen und Mitarbeitern wuchs. Und auch das Stigma, die Seuche im Haus zu haben. &bdquo;Die Medien klopften gewaltig an.“ Nicht vergessen könne er den Karfreitag, sagt Berens. Auf dem Parkplatz versammelten sich Mitarbeiter und Bewohner, Abstriche für den PCR-Test wurden unter höchsten Infektionsschutzvorkehrungen genommen. Ein Bild wie von einem anderen Planeten.Mittlerweile habe man gelernt, professionell und routiniert mit dem Virus umzugehen. Und mit Zuversicht, die im Alltag helfe. &bdquo;Alle Bewohner sind geboostert, Infektionen verlaufen unter milden Symptomen“, dankt Berens dem Engagement von Mitarbeitern und Hausärzten. Wer möchte, dem werde eine vierte Impfung angeboten.Vermisst werde allerdings die Begegnung mit Freunden, Bekannten oder ehemaligen Nachbarn im Foyer als Treffpunkt. &bdquo;Das offene Haus“, das im Moment nicht anders gelebt werden könne, sagt Berens. Viele scheuten aus Vorsicht den Gang auf die Zimmer, um niemanden zu gefährden. &bdquo;Besuche haben sich merklich reduziert.“ Veranstaltungsbranche Von einem auf den anderen Moment konnte die gesamte Branche nicht mehr arbeiten. Keine Partys, keine Konzerte, keine Auftritte. Anfangs hatte Stefan Friedrich die plötzliche Auszeit genossen. Je länger sie dauerte, um so größer wurde die Unsicherheit. Was lohnt es sich überhaupt zu organisieren, wenn doch stets die Absage droht? Stefan Friedrich hat sich schließlich eine andere Arbeit gesucht, um nicht zuhause rumzusitzen. Und damit lernen, sehr früh aufzustehen. Dabei hat er immer versucht, sich seinen Optimismus zu bewahren. Er bekennt, dass ihm das zunehmend schwerer fällt. Im vergangenen Jahr hat er mit finanzieller Förderung eine Sommerfestivalreihe in Nieheim organisiert.Manche Veranstaltung lief spitze, andere weniger. &bdquo;Vor allem bei Älteren ist eine große Unsicherheit zu spüren“, sagt er. Bis heute. Die jüngeren hingegen wollen feiern. 300 Karten hat er bereits für eine Party im April verkauft. Das motiviert. Er ist sich sicher: &bdquo;Wir haben das Feiern nicht verlernt. Auch und gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, mal für 24 Stunden abzuschalten.“

Meistgelesen