Bierhaus-Streit: Umwelt-Karikaturen an der Fassade sorgen für Diskussion

Höxter. Vier Leute stehen da, schauen, machen Handyfotos: Vor dem Gebäude an der Westerbachstraße bilden sich derzeit kleine Menschentrauben wie vor der Mona Lisa im Louvre. Das als Bierhaus bekannte Gebäude mit der Nummer 28 sorgte in den letzten Wochen ohnehin für Gesprächsstoff in der Stadt, nun hat die Künstlerin Renate Judith dem Haus noch mehr Aufmerksamkeit beschert: Seit einer Woche zieren Karikaturen die Front des Bierhauses. Und die haben es in sich, immerhin geht es um Themen, die die Kreisstadt in diesen Tagen sehr bewegen. Renate Judith malt seit vielen Jahren, zuletzt hat sie die Kunst als Möglichkeit der Gesellschaftskritik entdeckt, setzt verstärkt auf Umweltthemen. Das hat die Gehrdenerin auch in die Whats-App-Gruppe &bdquo;Grün statt grau“ gebracht, die sich kritisch mit den Umweltfolgen der Landesgartenschau befasst. Und in dieser Gruppe habe, so Judith, der Höxteraner Georg Ummen die Anfrage gestellt, ob jemand aus der Gruppe die Fassade des Bierhauses mit Kunstwerken gestalten könne, die sich kritisch mit der Stadtentwicklung befassen. Wie berichtet, will Ummen eine Menge Geld in die Hand nehmen, um die Brandruine Bierhaus zu retten. Der Verwaltung wirft er indes vor, ihm bei dem Ansinnen Steine in den Weg zu legen. Judith jedenfalls sagt, dass sie sich im Gruppenchat angeboten habe, Karikaturen für die Fassade zu malen. Es sei ein Treffen mit Ummen gefolgt, sie habe Vorschläge gemacht, Ummen sei angetan von den Ideen gewesen, in der vergangenen Woche dann schwang die 61-Jährige den Pinsel direkt vor dem Gebäude. &bdquo;Da haben mich schon viele Leute angesprochen, mittlerweile ist die Resonanz noch größer“, sagt die Gehrdenerin. Auf OSB-Platten gemalt Sechs Motive hat Judith jeweils auf OSB-Platten gemalt, die an der Fassade befestigt sind. Dabei werden die Acryl-Malereien von links nach rechts immer lokaler: Anfangs ist die Erde und ihre Krankheit – die Menschen – selbst noch Thema bei einem Gespräch des roten Planeten, Mars, mit dem Blauen Planeten, Erde: &bdquo;Du siehst aber schlecht aus!“ – &bdquo;Ich habe Menschen!“.Mit jedem Bild bewegt sich die Künstlerin einen Schritt mehr auf Höxter zu, um alles schließlich in einer grundsätzlichen Kritik an den Gartenschauplänen gipfeln zu lassen: &bdquo;Höxter bereitet sich auf die LGS vor“ steht da als Überschrift. Auf dem Bild sind Männer in blauen Anzügen zu sehen, die ein Werbeschild hochhalten – &bdquo;Heute große Betonschau“ steht darauf. Dann wird die Perspektive wieder globaler, indem Judith auch Probleme der Massentierhaltung und das Problem der Müllentsorgung in den Blick nimmt.Völlig verfehlte Planungen Besonders am Herzen liege ihr aber die Gartenschau und die in ihren Augen völlig verfehlten Planungen: &bdquo;Ich habe gesehen, dass so viele Bäume gefällt worden sind. Und Neuanpflanzungen sind keine in Sicht.“ Ohnehin könne sie sich nicht vorstellen, dass genug Platz dafür sei. Sie sieht die LGS als eine &bdquo;Betonschau, alles wird überplant und das Grün vergisst man dabei“. Ein paar Staudenbeete können in ihren Augen die Bäume jedenfalls nicht ersetzen. Tatsächlich war es bereits 2019 zu Kritik an Baumfällungen im Rahmen der LGS gekommen. Für Parkplätze für die Schau sollten Bäume gefällt werden, die sich damals noch im Besitz der Kirchengemeinde St. Nikolai befand. Dagegen hatte es sogar eine Unterschriftenaktion gegeben. Ihre Karikaturen jedenfalls stoßen jetzt, so hofft Judith, eine neue Debatte an. &bdquo;Ich bekomme sehr viele Nachrichten via Whats-App aber auch viele Mails, viele Leute finden die Bilder an der Hausfassade sehr passend“, kommentiert sie die Reaktionen auf ihre Aktion.

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