Apotheker im Kreis Höxter sind Impfpass-Fälschern auf der Spur

Kreis Höxter. In der Corona-Pandemie ist die Impfung zum Türöffner geworden. Ob jemand eine, zwei oder drei Spritzen gegen das tückische Virus bekommen hat, entscheidet darüber, ob er in ein Restaurant darf, auf den Weihnachtsmarkt, an seinen Arbeitsplatz oder in den Einzelhandel. Entsprechend wittern Impfpass-Fälscher ein lukratives Geschäft. Doch wie groß ist das Problem mit unechten Impfnachweisen im Kreis Höxter? Das sagt die Polizei Laut Polizei sind es vor allem Apotheker, die die gefälschten Dokumente zur Anzeige bringen, erklärt Behördensprecherin Ramona Ellebrecht auf Rückfrage. Schließlich können sich Geimpfte bei den Pharmazeuten nach Vorlage des Impfheftes einen QR-Code holen, den sie mit ihrem Smartphone einscannen. Fortan können sie dann den Impfnachweis in digitaler Form zum Beispiel mit der Cov-Pass-App vorzeigen. Strafbar ist laut Ellebrecht sowohl die Fälschung als auch der Gebrauch des unechten Impfpasses. Mit Blick auf die Zahlen scheint das Fälschungsproblem im Kreis Höxter zunächst jedoch nicht allzu groß. Die Zahl der Anzeigen liege noch knapp im einstelligen Bereich, also unter zehn, so Ellebrecht. Doch bilden die Zahlen wirklich das Problem ab? Oder gibt es vielleicht eine große Dunkelziffer nicht gemeldeter, nicht erkannter Fälle? Immerhin müssen sich Apotheker an ihre Schweigepflicht halten. Dürfen sie Fälschungen also überhaupt zur Anzeige bringen, selbst, wenn sie ihnen auffallen würden? Wenn nicht, könnte das die niedrigen Zahlen erklären. Die Sache mit der Schweigepflicht Auf gefälschte Impfausweise angesprochen muss Apotheker-Sprecher Björn Schmidt erst einmal kräftig durchatmen. &bdquo;Ein schwieriges Thema", sagt der Nieheimer. Und immer eine Abwägung im Einzelfall. Zwischen der Schweigepflicht einerseits und einer Straftat, die im Ernstfall anderen Menschen großen gesundheitlichen Schaden zufügen kann, andererseits. Auch Schmidt und sein Team hatten schon einige gefälschte Impfausweise in den Händen. Angezeigt aber haben sie bisher niemanden. Denn die Betroffenen hätten weder das gefälschte Dokument noch den gewünschten QR-Code wieder abgeholt. Wohl aus Angst, dass sie ertappt worden sind und die Polizei vor der Tür steht. Versuche nur von Menschen, die nicht in Höxter wohnen Wie der Apotheker berichtet, hätten es in Nieheim ausschließlich Menschen versucht, die nicht im Kreis Höxter zuhause sind und auch angaben, weiter entfernt geimpft worden zu sein. Das mache hellhörig, sagt Schmidt. Wieso solle jemand einen weiten Weg auf sich nehmen, nur um hier sein Zertifikat zu bekommen? In Pharmazeutenkreisen werden inzwischen zudem viele weitere Fälschungsversuche berichtet, sodass die Apotheker inzwischen sehr gut wissen, wo sie genauer hinschauen müssen. &bdquo;Viele sind aber sehr gut gemacht, sodass sie kaum auffallen", sagt Schmidt. Schöpft der Apotheker Verdacht, kann er unter anderem die Chargennummern prüfen oder beim Arzt beziehungsweise der Impfstelle anrufen. Wartezeit hilft den Apothekern Aktuell werden die notwendigen digitalen Zertifikate so gut wie nie &bdquo;just-in-time" ausgestellt, weil die entsprechenden Server tagsüber derart überlastet sind, dass die Kunden am nächsten Tag noch einmal wiederkommen müssen. &bdquo;Genug Zeit für eine genauere Prüfung, die inzwischen viele Fälscher abschreckt", sagt Apotheker Björn Schmidt. Die Zahl der Versuche habe in jüngster Zeit deshalb deutlich abgenommen. Auch, weil es seit Ende November einen klaren Rechtsrahmen mit empfindlichen Strafen für Fälschungsversuche gibt. &bdquo;Wir dürfen offiziell nicht anzeigen", sagt Philippe Potente, Inhaber der City-Apotheke in Bad Driburg. Zu schwer wiegen der Datenschutz und die Schweigepflicht. Doch wie Schmidt sagt auch Potente, dass sich keine generellen Aussagen treffen lassen und dass immer im einzelnen Fall entschieden werden müsse. Zur Absicherung würden dann auch Gespräche mit der Polizei geführt. Ein anderer Apotheker aus dem Kreis Höxter zieht einen Vergleich zu gefälschten Rezepten. &bdquo;Die würde man ja auch zur Anzeige bringe", sagt er. Mit dem Berufsgeheimnis habe das nichts zu tun. Natürlich gebe es die Schweigepflicht. Die zentrale Frage sei jedoch: Was wiegt mehr? Der Schutz der Daten des Gegenüber, Berufsethos und Schweigepflicht oder der Verdacht auf eine Straftat. Bloßes Bauchgefühl reicht nicht &bdquo;Rein rechtlich gibt es da kein schwarz und weiß", erklärt auch Sebastian Sokolowski, Sprecher der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Apotheker hätten eine Schweigepflicht. &bdquo;Aber in jedem Einzelfall muss man sich die Frage stellen: Habe ich gute Argumente, diese Pflicht zu brechen." Ein bloßes Bauchgefühl reiche nicht aus. &bdquo;Man muss einen handfesten, begründbaren Verdacht haben." Wichtig sei: Bei Verdacht sollen die Apotheker erstmal kein digitales Zertifikat ausstellen. Letztlich müsse jeder Apotheker aber für sich selbst entscheiden, ob er Anzeige erstattet. Der Nieheimer Apotheker Björn Schmidt findet das richtig. Denn manchmal sei es sicher wesentlich sinnvoller, ein ernstes Gespräch zu führen als die Polizei zu alarmieren. &bdquo;Wir kennen ja die allermeisten unserer Kunden recht gut", sagt Schmidt. Er kann aber auch jeden Kollegen gut verstehen, der die Beamten einschaltet. Schließlich handelt es sich um eine schwere Straftat. Und die Schweigepflicht darf gebrochen werden, wenn Leib und Leben anderer in Gefahr ist. Auch daran erinnert Schmidt. Laut Sokolowski ein wichtiger Punkt in der gesamten Debatte: Das Impfheft sei nie dazu gedacht gewesen, ein handfestes rechtliches Dokument zu sein; eines, das den Zutritt zu gewissen Einrichtungen ermöglicht. &bdquo;Es sollte eigentlich nur eine Gedächtnisstütze sein." Ein Beispiel: Ein Kind hat sich verletzt. Da bringe das Impfheft dann die Erleichterung: Gegen Tetanus ist es noch ausreichend geschützt. Wie groß ist nun das Problem im Kreis Höxter? Sicher lässt sich das nicht beantworten. Es deutet sich jedoch an, dass im ländlichen Raum die Fälscherei weniger von Bedeutung ist. Zumindest mit Blick auf die Apotheken. Philippe Potente geht im Kreis Höxter nicht von einem großen Problem aus. 99 Prozent der Impfungen seien in bekanntem Umkreis geschehen. Ein anderer Apotheker im Kreis berichtet, dass ihm bisher keine Fälschungen untergekommen seien – zumindest habe er keine identifizieren können. Die gute Impfquote im Kreis Höxter sei vielleicht ein Grund dafür. Aber auch, dass die Apotheker ihre Kunden kennen. In Ballungsgebieten sei das anders. Eine Kollegin aus Dortmund habe mit 10 bis 20 Verdachtsfällen am Tag zu tun, berichtet der Mann. &bdquo;Vielleicht ist im Kreis Höxter die Welt noch ein bisschen in Ordnung."

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