Prozess: Höxteraner soll jugendpornografische Videos verbreitet haben

Höxter. Gestörte Kommunikation: Immer wieder legt der Angeklagte Rolf K. (Name geändert), die Finger hinter sein rechtes Ohr und bittet Richterin und Zeugen darum, lauter zu sprechen und Aussagen zu wiederholen. Die Masken sind schuld. Das bessert sich nicht, als im Gerichtsgebäude Bauarbeiten, vom Geräuschpegel her mindestens Abbrucharbeiten, beginnen. Irgendwann geht Richterin Christina Brüning mal rüber und bittet um Ruhe, die wiederum hält zumindest eine Weile. Rolf K., 61, ledig, Arbeitslosengeld-II-Empfänger, soll im vergangenen Jahr pornografische Aufnahmen von einem Kind und mehreren Jugendlichen ausgetauscht beziehungsweise verbreitet haben. So lautet der Vorwurf. Zum Verfahren vor dem Amtsgericht Höxter erscheint K. ohne Anwalt, sondern verteidigt sich selbst und das hartnäckig. Wie die Polizei überhaupt auf den gebürtigen Lipper kam, ist eigentlich fast lehrbuchhaft. Die Beamten in Neuss nahmen einen Verdächtigen fest, auf dessen internetfähigen Geräten fanden sich dann Verbindungen in ein Höxteraner Dorf und konkret zu Rolf K. Und zwar sollen sie via Mail ein Foto ausgetauscht haben, das ein acht- bis zehnjähriges Mädchen zeigt, das nackt posiert. Die klassische Ermittlungsarbeit der Beamten, die den Sumpf der Kinder- und Jugendpornographie austrocknen wollen. Denn die Täter sind untereinander vernetzt - nicht unbedingt alle miteinander, aber wenn ein Täter ergriffen wird, führen Spuren von ihm zu anderen. Und die wiederum zu wieder anderen. Sieben Videos zeigen Jugendliche Daraufhin wurde K.s Wohnung durchsucht, einen Laptop, ein Handy, diverse USB-Sticks und Zettelchen mit Zugangsdaten konfisziert. Bis auf den Laptop hat Rolf K. bis zur Verhandlung alles wieder zurückerhalten. Der Laptop blieb unter Verschluss, weil über den ein IT-Ermittlungsunterstützer der Polizei Höxter Links zu sieben Videos auf einer Plattform entdeckt haben will, die jeweils einzelne Jungen zwischen 14 und 18 Jahren zeigen. "Hier in einer sehr deutlichen Pose. Und hier in einer sehr deutlichen Pose", sagt Richterin Brüning und tippt mit dem Finger auf Screenshots, die sie dem Angeklagten vorlegt. Und als Rolf K. etwas nuschelt: "Da brauchen wir nicht drüber diskutieren, ob die 18 sind." Aber hat K. die Videos hochgeladen? Unstrittig ist, dass der Höxteraner das Nutzerprofil einst mit einer seiner Mailadressen angelegt hat. Laut K. eine "Wegwerfadresse". Von denen er wohl mehrere hat. Alleine zwölf Postfächer managt K. über einen Mail-Client. Die Zugangsdaten zu dem fraglichen Profil will K. verloren haben. Außerdem habe den Account jahrelang nicht mehr genutzt. "Jeder, der Benutzername und Passwort hat, kann sich anmelden", sagt Rolf K. und betont: "Nicht nur in der Theorie, sondern in der Praxis." Ein mildes Urteil? Wichtigster Punkt in der Verteidigungsstrategie von Rolf K.: Die Videos sind auf seinem PC nicht gefunden worden. Das bestätigt - auf wiederholte Nachfrage K.s - dann auch der Experte. Aber beweist das K.s Unschuld? Richterin Christina Brüning meint, nein. Dass die Dateien nicht auf dem Laptop gefunden worden seien, werte sie weder be- noch entlastend. Denn die Polizei konnte nur Daten von rund einer Woche rekonstruieren, wie der Experte aussagt. Und weil Rolf K. beharrlich und regelmäßig löschte, war die Datenmenge dann auch nicht sonderlich groß. Diese Akribie, die sich vielleicht auch darin zeigte, dass Rolf K. Zugangsdaten auf Zetteln festhielt, und trotz Arbeitslosigkeit für einen Verschlüsselungsdienst bezahlte, diese Akribie jedenfalls ist es, die Christina Brüning davon überzeugt, dass Rolf K. seine Zugangsdaten nicht einfach verloren hat. Den Vorwurf das Mädchenfoto betreffend, stellt das Amtsgericht Höxter auf Antrag der Staatsanwaltschaft ein, da ein zweifelsfreier Beweis bisher fehlt. Denn das Verfahren in Neuss ist wohl noch nicht geführt worden. Wegen der sieben Videos von Jugendlichen, die er hochgeladen und somit verbreitet haben soll, verurteilte das Gericht in zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 15 Euro. "Eine Strafe, die vielleicht sehr mild vorkommt", sagt Brüning. Doch da in den Videos nur Jugendliche und jeweils nur eine Person zu sehen sei, seien sie anders zu bewerten als Material, das Erwachsene zeige, die an Kindern oder Jugendlichen "manipulieren". Solches Material sei "wesentlich strafschärfender".

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