Dieses Impfzentrum impft Schwangere - trotz fehlender Stiko-Empfehlung

Kreis Höxter/Calden. Eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) gibt es nicht, trotzdem werden in einigen wenigen Impfzentren in Deutschland Schwangere geimpft. Eines davon ist das Impfzentrum des Landkreises Kassel in Calden. Federführend: Hans Urbanczyk, Facharzt für Gynäkologie, und eigentlich im Ruhestand. Warum er an alle Schwangeren appelliert, sich gegen den Coronavirus impfen zu lassen, erklärt er im Gespräch mit nw.de. Generell und grundsätzlich spräche nichts dagegen, Schwangere zu impfen – das geschehe ja zum Beispiel auch bei der Influenza, sagt Urbanczyk. Er ist sich sicher, dass es auch bei einer Covid-Impfung mit dem mRNA-Vakzin von Biontech/Pfizer keine Risiken für die werdende Mutter und ihr Kind gibt und stützt sich dabei auf internationale Studien und Daten. Denn dort, in den USA zum Beispiel, im europäischen Ausland oder in Israel, werden auch Schwangere per Impfe immunisiert. &bdquo;Alle kommen da zu dem Schluss, dass es keine Risiken gibt", sagt Urbanczyk. &bdquo;Es wird auch weder in der Plazenta noch in der Muttermilch mRNA gefunden." "Wir impfen nicht aus einem Gefühl heraus" Statt einer Gefahr per Nadel, sieht der Gynäkologe das Virus selbst als Risiko für Schwangere und ungeborene Kinder. &bdquo;Wir impfen nicht aus einem Gefühl heraus", betont Urbanczyk. Stattdessen zeigten die Daten, dass sich das Risiko, dass an Covid-19 erkrankte werdende Mütter im Krankenhaus behandelt werden müssten, mit der Delta-Variante deutlich erhöht. Von 20 (Alpha-Variante) auf 40 Prozent. Gleichzeitig steige bei Erkrankten die Gefahr einer Früh- oder Fehlgeburt um 80 Prozent, wie Urbanczyk berichtet. Und: 50 Prozent der Babys, die sich infizieren, müssten auf der Intensivstation der Neonatologie behandelt werden. &bdquo;Wir haben die Gefahr des Virus’ für Schwangere sehr früh gesehen und gesagt: da müssen wir was tun." Seit Ende Mai impft Hans Urbanczyk im Impfzentrum in Calden deshalb Frauen ab der 13. Schwangerschaftswoche mit dem Biontech-Impfstoff. Unter anderem, sagt er, habe er auch seine Schwiegertochter, schwanger mit Urbanczyks drittem Enkelkind, geimpft. Außerdem führt er zahlreiche Beratungsgespräche. "Die einzige Chance, die wir haben, ist durchzuimpfen" Zunächst dürfen nur Frauen aus dem Landkreis Kassel eine Spritze erhalten, später wird der Umkreis erweitert. Gleichzeitig begleitet der Mediziner die Impfungen wissenschaftlich. Beispielsweise hält er per Fragebogen fest, welche Impfbeschwerden die geimpften Frauen aufweisen. Ergebnis: deutlich weniger als Nicht-Schwangere. Von rund 120 Frauen, die er geimpft habe, habe eine einzige von einer leicht erhöhten Temperatur berichtet. Lediglich über schmerzende Impfarme hätten viele Frauen geklagt. Der Kassler Gynäkologe appelliert an Schwangere, über eine Impfung nachzudenken. &bdquo;Den Frauen muss klar sein, dass sie ein großes Risiko eingehen mit der Schwangerschaft und Covid." Jeder, der nicht geimpft sei, werde sich bis zum kommenden Frühjahr infizieren, prognostiziert der Mediziner. Gleichzeitig reduziere jede vollständige Impfung die Gefahr von Neuinfektionen. Urbanczyk beruft sich dabei auf epidemiologische Prognosen. &bdquo;Die einzige Chance, die wir haben, ist durchzuimpfen." Die Politik befeuere aktuell, dass Jugendliche zwischen zwölf und 15 Jahren ein Vakzin verabreicht bekäme – der Blick auf die deutlich kleinere Bevölkerungsgruppe der Schwangeren fehle. Urbanczyk ist sich aber sicher, dass früher oder später auch die Impfempfehlung für Schwangere von der Stiko kommen wird.

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