Weltliteratur mit Klaus Maria Brandauer und Matthias Brandt in Höxter

Höxter. Das Buch war zu Ende und auf der Uhr war noch eine Viertelstunde Zeit übrig. &bdquo;Hoppla, da muss ich im Eifer des Gefechts, das eine oder andere musikalische Intermezzo ausgelassen haben", wandte sich Schauspielikone Klaus Maria Brandauer (77) entschuldigend in Richtung seiner musikalischen Bühnenpartnerin, der aus Augsburg stammenden Berliner Cellistin Maria Magdalena Wiesmaier. Schlimm war das nicht, denn die beiden sind ein eingespieltes Team. Die Cellistin begleitet Brandauer regelmäßig bei seinen Leseauftritten im Wiener Burgtheater, der künstlerischen Heimat Brandauers, wo er in zwei Jahren seinen 50-jähriges Bühnenjubiläum als Schauspieler und Regisseur feiern kann. Am Sonntag war die Lesung mit Klaus Maria Brandauer der Abschluss des zweiten Via-Nova-Wochenendes auf Schloss Corvey. Gleich zwei ausverkaufte Lesungen fanden vormittags und nachmittags im Kaisersaal statt. Das Wochenende stand diesmal unter dem Leitmotiv der Wildnis und Festivalleiterin Brigitte Labs-Ehlert hatte für Klaus Maria Brandauer die 1942 veröffentlichte Kurzgeschichte &bdquo;Der Bär" des amerikanischen Autors William Faulkner ausgewählt, die Brandauer mit großer Intensität vortrug und vom Publikum mit begeistertem Applaus gefeiert wurde. Mucksmäuschenstill war es während der Lesung und die Zuschauer hingen an Brandauers Lippen, der manchmal in sein Skript hineinzukriechen schien und sich dann plötzlich aufrichtete, wenn in der Erzählung der Bär aus dem Dickicht trat. Begegnung mit der ursprünglichen Stärke und Wildheit der Natur Aus der Sicht eines 14-jährigen Jungen erzählt William Faulkner in der Geschichte die Hatz auf einen großen, Old Ben genannten Bären. Wie in Melvilles &bdquo;Moby Dick" oder in Hemingways &bdquo;Der alte Mann und das Meer" geht es um die Begegnung mit der ursprünglichen Stärke und Wildheit der Natur. So mächtig und unbesiegbar die Natur auch am Anfang zu sein scheint, am Ende wird sie dennoch durch den Menschen zerstört. Insgesamt fünf verschiedene Lesekonzerte fanden von Freitag bis Sonntag auf Schloss Corvey statt, darunter auch eine Urwald-Exkursion in das Hutewald-Projekt im Naturpark Solling-Vogler. Ganz der Natur verschrieben hat sich auch die niederländische Singer-Songwriterin Nyska Lavermann (40) die am Samstag in Corvey erstmals live Musik aus dem demnächst erscheinenden Album &bdquo;Plant" vorgestellt hat. In den Niederlanden ist die auf Friesisch und Englisch singende Songwriterin in der Independentszene eine bekannte Größe, die sich anschickt, nun auch das große Nachbarland zu erobern. Sie war an diesem Wochenende die große Neuentdeckung des Kunstfests, die vom Publikum frenetisch gefeiert wurde. Die Musik von Nyska Lavermann könnte man als friesischen Fado bezeichnen. Zarte, melancholische Lieder, die aber statt auf der Gitarre auf dem Klavier begleitet wurden. Stimme und Musik malen emotionale Bilder Den Auftakt zum zweiten Via-Nova-Festival-Wochenende im Kaisersaal in Corvey hatte der deutsche Schauspieler, Sprecher und Buchautor Matthias Brandt (unter anderem Hanns von Meuffels im Münchner "Polizeiruf 110") gemacht. Gemeinsam mit Percussionist Simone Rubino nahm er die Zuhörer bei der Lesung aus Czeslaw Milosz Werk "Das Tal der Issa" mit in eine zauberhafte, mythische Landschaft Litauens. Der Literaturnobelpreisträger Milosz entwirft mit seinen Worten Bilder von Wildheit und Wald, von Einsamkeit und Verlassenheit: Aus der Perspektive des jungen Thomas erzählt er in seinem autobiografisch geprägten Buch von der Kindheit am dunklen Fluss zwischen Litauen und Polen. Und Matthias Brandt verstand es meisterhaft, diesen Erzählungen mit Stimme und wenigen Gesten gut eine fesselnde Stunde lang Leben einzuhauchen. Gemeinsam mit den immer wieder einsetzenden Percussionspassagen des italienischen Musikers Rubino malten sie Bilder in den Köpfen der Zuhörer, brillant unterstützt durch die mit den unterschiedlichen Schlaginstrumenten erzeugten Emotionen. Sogar zwei Wasserbassins inklusive Schneebesen und Becher kamen dabei zum Einsatz und brachten Rubino Szenenapplaus für diese ungewöhnliche Klang-Performance.

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